4.2 Wohnen, Umziehen und Residenzpflicht

Wie im Kapitel 1.2 beschrieben gibt es in Niedersachsen zwei Ankunftszentren[1] in Bad Fallingbostel und in Bramsche. Nach Ihrem Asylgesuch wird Ihnen gesagt, zu welchem dieser Ankunftszentrum Sie kommen und sich dort unverzüglich melden sollen.[2]

Wenn für Sie ein anderes Bundesland zuständig ist, werden Sie nach der Datenerfassung und Registrierung an dieses Bundesland weitergeleitet.[3]

In dem Ankunftszentrum wird entschieden, welche Außenstelle des BAMF[4] für die Bearbeitung Ihres Asylverfahrens zuständig ist. Sie werden dann zu der entsprechenden Erstaufnahmeeinrichtungen der Nds. Landesaufnahmebehörde geschickt, die sich in Braunschweig, Friedland, Oldenburg und Osnabrück befinden.[5] Wenn Sie im Ankunftszentrum in Bramsche sind, ist es möglich, dass sie dort bleiben, da Bramsche gleichzeitig eine Erstaufnahmeeinrichtung ist und sich dort auch eine Außenstelle des BAMF befindet.[6]

Dauer des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung

Durch das sog. Migrationspaket wurde die Zeit, in der Sie längstens in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen, erheblich ausgeweitet:

a) Asylsuchende ohne minderjährige Kinder

Wenn Sie keine minderjährigen Kinder haben, die mit Ihnen in der Erstaufnahmeeinrichtung leben, können Sie für maximal 18 Monate verpflichtet werden, dort zu wohnen.[7] Die Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, gilt auch für Asylfolgeantragsteller, die zwischenzeitlich ausgereist waren.[8]

Wenn Sie bestimmte Mitwirkungspflichten[9] nicht erfüllen, können Sie zeitlich unbegrenzt verpflichtet sein, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Das gilt aber nur dann, wenn Sie

  • die Mitwirkungspflichten verletzt haben, ohne eine Entschuldigung hierfür zu haben oder
  • die Mitwirkungshandlung, die Sie unverschuldet nicht vorgenommen hatten, nicht
    unverzüglich nachgeholt haben.[10]

Im Einzelnen sind das vor allem[11] die folgenden Mitwirkungspflichten

  • Sie müssen Ihren Pass oder Passersatz dem BAMF bzw. der Ausländerbehörde[12] übergeben
  • Sie müssen alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die für Ihr Asylverfahren wichtig sind, dem BAMF bzw. der Ausländerbehörde[13] übergeben. Das sind vor allem[14]
    – Unterlagen, die für die Feststellung Ihrer Identität und Staatsangehörigkeit wichtig sein können
    – von anderen Staaten erteilte Visa, Aufenthaltstitel und sonstige Grenzübertrittspapiere
    – Unterlagen zum Reiseweg wie Flugscheine und Fahrausweise
    – Unterlagen, auf die Sie Ihren Asylantrag stützen
  • Sie müssen auf Verlangen alle Datenträger, die für die Feststellung Ihrer Identität und Staatsangehörigkeit wichtig sein können, dem BAMF bzw. der Ausländerbehörde[15] übergeben
  • Sie müssen die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen (Abnahme von Fingerabdrücken, Fotos)[16]

Bei den folgenden Mitwirkungshandlungen führt nur der wiederholte Verstoß dazu, dass Sie verpflichtet werden können, unbefristet in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen:[17]

  • Sie müssen beim BAMF und bei der Ausländerbehörde[18] die erforderlichen Angaben zur Aufklärung des Sachverhalts mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich machen.
  • Sie müssen sich bei bestimmten Behörden, Aufnahmeeinrichtungen oder anderen Einrichtungen[19]  melden oder dort persönlich hinkommen, wenn das von Ihnen verlangt wird.[20]

Sonderregelung für Asylsuchender aus den sog. sicheren Herkunftsstaaten[21]

Sie sind verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen.[22]

b) Familien mit minderjährigen Kindern

Wenn Sie minderjährige Kinder haben, die mit Ihnen in der Erstaufnahmeeinrichtung leben, können Sie für maximal 6 Monate verpflichtet werden, dort zu wohnen.[23] Das gilt auch für Asylsuchende aus den sog. sicheren Herkunftsstaaten[24] und unabhängig davon, ob die o.g. Mitwirkungspflichten erfüllt wurden.

Die Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, gilt auch für Asylfolgeantragsteller, die zwischenzeitlich ausgereist waren.[25]

Für alle Asylsuchenden gilt: Sie können die Erstaufnahmeeinrichtung früher verlassen, wenn bestimmte Umstände vorliegen.

Die Wohnpflicht kann beendet werden:[26]

  • aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge
  • aus sonstigen Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Gewährleistungen der Unterbringung oder Verteilung
  • aus anderen zwingenden Gründen, z.B. bei Personen, die dort Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung wurden[27] oder bei Menschen mit bestimmten Behinderungen[28]

Die Wohnpflicht endet auch, wenn

  • Sie verpflichtet sind, an einem anderen Ort /Unterkunft zu wohnen, [29]h. wenn Sie einer Kommune zugewiesen werden[30]
  • Ihnen internationaler oder anderweitiger Schutz zuerkannt wurde[31]
  • Sie wegen Ihrer Heirat oder Begründung einer Lebenspartnerschaft einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis haben[32]
  • das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des BAMF angeordnet hat, wenn der Asylantrag nicht als unzulässig[33] abgelehnt wurde.[34] Daher müsste nach unserer Auffassung die Wohnpflicht nach fristgemäßer Klageeinreichung erst recht enden, wenn der Asylantrag durch das BAMF als einfach unbegründet abgelehnt wird und die Klage daher eine abschiebende Wirkung hat (vgl. Kapitel 4.6).

Zuweisung

Von diesen Aufnahmeeinrichtungen werden Sie dann auf Städte oder Landkreise verteilt, die eine Unterkunft für die zugewiesenen Flüchtlinge bereitstellen müssen. Nach § 3 Abs. 1 des Nds. Aufnahmegesetzes ist aber auch eine Unterbringung in vom Land betriebenen Einrichtungen möglich.

Vor der Verteilung können Sie einen Zuweisungswunsch äußern. Ein Anspruch, in einer bestimmten Kommune untergebracht zu werden, besteht nur, wenn dort bereits der Ehegatte oder Lebenspartner lebt oder wenn minderjährige Kinder zu ihren Eltern (oder umgekehrt) gelangen sollen.[35] Die Familienzusammenführung zwischen Ehepaaren oder Lebenspartnern sowie zwischen Eltern und minderjährigen Kindern muss also in jedem Fall ermöglicht werden.

Darüber hinaus können auch so genannte “Härtefälle” berücksichtigt werden, zum Beispiel, wenn ein älterer, kranker oder Flüchtling den Wunsch hat, in die Kommune zugewiesen zu werden, in der seine erwachsenen Kinder leben. Gleiches gilt, wenn eine Behinderung vorliegt. Auch andere Wünsche können geäußert werden, werden aber nur sehr selten erfüllt. Die Chancen, in eine große Stadt (zum Beispiel Hannover) zu gelangen, sind eher gering, weil deren Quote oft erfüllt ist. Das heißt, wenn eine Stadt oder ein Landkreis bereits seine Anzahl von Flüchtlingen aufgenommen hat, werden keine weiteren Flüchtlinge dorthin geschickt.

  • Wenn Sie einen konkreten Zuweisungswunsch haben, wenden Sie sich an das Büro des Sozialdienstes in der Erstaufnahmeeinrichtung und geben Sie dabei möglichst gute Gründe an (z.B. enge Verwandte, die Pflege alter oder kranker Angehöriger, das Vorhandensein der Religionsgemeinde an einem bestimmten Wohnort). Die Mitarbeiter/innen geben Ihren Wunsch an die Verwaltung der Landesaufnahmebehörde (LAB) Braunschweig weiter.[36] Diese entscheidet auf der Grundlage der rechtlichen Voraussetzungen, des Gewichts der Gründe und des Verteilungssystems.
  • Über Ihre Zuweisung erhalten Sie einen schriftlichen Bescheid. Dagegen können Sie vor dem Verwaltungsgericht klagen. Die Erfolgsaussichten sind jedoch gering. Eine Klage verhindert auch nicht, dass Sie sich erst einmal dort hinbegeben und dort wohnen müssen, wo Sie zugewiesen sind.[37]

Umziehen

Wenn Sie bereits eine Zuweisung in eine bestimmte Kommune haben und Sie zur Sicherung Ihres Lebensunterhalts vom Sozialamt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, sind Sie verpflichtet, an diesem Ort zu wohnen. In Ihre Aufenthaltsgestattung wird eine entsprechende Wohnsitzauflage eingetragen.[38]

Wenn Sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben, etwa weil Sie arbeiten, darf keine Wohnsitzauflage eingetragen werden.[39]

Haben Sie schon eine Wohnsitzauflage und benötigen jetzt keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr, können Sie bei der bislang für Sie zuständigen Ausländerbehörde die Aufhebung der Wohnsitzauflage beantragen. Die Ausländerbehörde schickt den Antrag zur Entscheidung an die Landesaufnahmebehörde in Braunschweig. Ist ein Umzug innerhalb Niedersachsens geplant, muss die Ausländerbehörde am Zuzugsort der Aufhebung behördenintern beteiligt werden; bei einem Umzug in ein anderes Bundesland die zuständige Landesbehörde. Nach der Entscheidung der LAB hebt dann die  bislang für Sie zuständige Ausländerbehörde die Wohnsitzauflage auf.[40]

Wenn Sie später wieder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz brauchen, müssen Sie grundsätzlich wieder an dem Ort wohnen, dem Sie zunächst zugewiesen wurden.[41]

Besteht eine Wohnsitzauflage, ist der Umzug in eine andere Stadt ansonsten nur unter sehr engen Voraussetzungen gesetzlich zulässig. Hierfür müssen Sie einen schriftlichen “Umverteilungsantrag” stellen. Diesen können Sie an die für Sie zuständige Ausländerbehörde richten.

Ein Recht darauf besteht – wie bei der Erstzuweisung – nur bei einer Familienzusammenführung zum/zur Ehepartner/in oder Kindern unter 18 Jahren. Wenn Sie eine mindestens zweijährige Ausbildung nur aufnehmen können, wenn Sie umziehen, soll nach einem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums eine Umverteilung ermöglicht werden.[42]

Ansonsten sind die Chancen auf “Umverteilung” gering: Härtefälle sollen beachtet und auch andere Wünsche können berücksichtigt werden.[43] Wenn die Quote für eine bestimmte Stadt noch nicht voll ist, können Sie mit einem Umverteilungsantrag Glück haben.

  • Geben Sie beim Umverteilungsantrag möglichst konkrete und nachprüfbare Gründe an (zum Beispiel das Vorhandensein eines auf Ihre Krankheit spezialisierten Arztes oder eines bestimmten Angebots, das Sie wegen Ihrer Behinderung benötigen, die Pflege kranker Familienangehöriger, das Vorhandensein einer Religionsgemeinde am Zielort, Linderung von Isolation und psychischer Erkrankung durch einen Umzug zu Angehörigen …). Krankheiten und Behandlungs-/Linderungsmöglichkeiten durch den Umzug müssen Sie durch ein fachärztliches Attest nachweisen.
  • Gegen die Ablehnung eines Umverteilungsantrags können Sie vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Wohnen

Nach der Zuweisung in eine Kommune sollen Asylsuchende nach den gesetzlichen Regelungen[44] in der Regel in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden. Die Verpflichtung, in einer bestimmten Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, kann durch die Ausländerbehörde als Auflage zu der Aufenthaltsgestattung nur verfügt werden, wenn Sie vom Sozialamt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beanspruchen können.[45] Die Auflage lautet zum Beispiel: “Der Inhaber ist verpflichtet, in der Gemeinschaftsunterkunft … zu wohnen”.

Einzelne Städte[46] haben Konzepte zur Unterbringung von Asylsuchenden entwickelt.

Wenn Sie in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind, haben Sie zwar im Regelfall keinen Anspruch darauf, eine eigene Wohnung zu beziehen, Sie können aber dennoch – wenn gute Gründe vorliegen – die Zuweisung einer Wohnung beantragen.[47]

Die einzelnen Voraussetzungen für einen vorzeitigen Auszug sind sehr kompliziert, zumal es sich um Ermessensentscheidungen der Behörden handelt. Ist in Ihrer Aufenthaltsgestattung die Auflage eingetragen, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, müssen Sie bei der Ausländerbehörde die Streichung der Auflage beantragen. Beim Sozialamt müssen Sie einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Privatwohnung stellen. Wenn Sie ausziehen wollen, sollten Sie zuvor immer die Hilfe eines Anwalts oder einer Beratungsstelle suchen.

  • Das Leben im Wohnheim kann sehr belastend sein. Wenn Sie oder Ihre Kinder unter der Situation im Wohnheim sehr leiden oder krank werden (z.B. Allergien entwickeln) oder wenn die Wohnsituation wegen einer Behinderung sehr belastend ist, können Sie versuchen, mit medizinischen Attesten nachzuweisen, dass Sie eine eigene Wohnung brauchen.
  • Wenn ein Antrag auf Streichung der Auflage oder auf Kostenübernahme abgelehnt wird, können Sie vor Gericht dagegen klagen. Die Erfolgsaussicht ist allerdings gering, weil es sich um behördliche Ermessensentscheidungen handelt und das Gericht nur prüft, ob die Behörde ihr Ermessen ausgeübt und die Grenzen der Ermessensausübung beachtet hat.

Residenzpflicht

Die Residenzpflicht besteht immer dann, wenn Sie noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen; also für Asylsuchende, die nicht mit ihren minderjährigen Kindern zusammenwohnen, im Regelfall jetzt maximal 18 Monate.[48] Wenn Sie als Asylsuchende*r nicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben müssen, gilt die Residenzpflicht im Regelfall nur in den ersten drei Monaten Ihres Aufenthalts.[49]

Solange Sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen, ist der Aufenthalt räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem Ihre Erstaufnahmeeinrichtung liegt.[50] Wenn Sie diesen Bereich verlassen wollen, brauchen Sie eine Genehmigung. Diese müssen Sie bei BAMF beantragen.[51]

  • Diese Genehmigung können Sie nur erhalten, wenn das Verlassen des Aufenthaltsbereiches aus zwingenden Gründen erforderlich ist.[52] Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine bestimmte ärztliche Behandlung erforderlich ist, die im Bereich des gestatteten Aufenthalts nicht möglich ist.[53]
  • Für Termine bei Behörden und Gerichten, zu denen Sie persönlich kommen müssen, brauchen Sie keine Genehmigung. Sie müssen diese Termine aber vorher beim Bundesamt und der Erstaufnahmeeinrichtung anzeigen.[54]
  • Für Termine beim Rechtsanwaltsbüro, beim Vormund, bei UNHCR oder anderen Flüchtlingshilfsorganisationen sollen die Behörden die Erlaubnis erteilen.[55] Ein solcher Antrag darf also in der Regel nicht abgelehnt werden.

Wenn Sie während der ersten drei Monate einer Kommune zugewiesen werden, wird Ihre Aufenthaltsgestattung oder Ihr Ankunftsnachweis auf deren Bezirk räumlich beschränkt.[56]

Wenn Sie nicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben müssen[57] und Sie sich auch schon seit drei Monaten erlaubt,[58] mit einer Duldung oder einer Aufenthaltsgestattung/Ankunftsnachweis in Deutschland aufgehalten kann eine räumliche Beschränkung nur noch verhängt werden,[59]

  • bei der Verurteilung wegen einer Straftat, die nicht nur von Ausländer/innen begangen werden kann[60]
  • beim Vorliegen von Tatsachen, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorliegt
  • beim Bevorstehen konkreter aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Dies kann m.E. bei Asylsuchenden mit einer Aufenthaltsgestattung, die sich damit in einem laufenden Asylverfahren befinden und überhaupt nicht verpflichtet sind, auszureisen, nie der Fall sein und
  • wenn von Ausländer/innen eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter ausgeht.

Sollte eine räumliche Beschränkung existieren, brauchen Sie eine Genehmigung, wenn Sie diesen Bereich verlassen wollen. Diese müssen Sie bei der Ausländerbehörde beantragen.[61]

  • Für Termine bei Behörden und Gerichten, zu denen Sie persönlich kommen müssen, brauchen Sie keine Genehmigung.[62]
  • Für Termine beim Rechtsanwaltsbüro, beim Vormund, bei UNHCR oder anderen Flüchtlingshilfsorganisationen sollen die Behörden die Erlaubnis erteilen.[63] Ein solcher Antrag darf also in der Regel nicht abgelehnt werden.
  • Die Ausländerbehörde erteilt in der Regel die Erlaubnis, sich in einem anderen Landkreis in einem anderen Bundesland aufzuhalten, wenn Sie dort arbeiten, zu Schule gehen, eine Ausbildung machen oder studieren.[64] Das wird dann in die Aufenthaltsgestattung eingetragen.
  • Ob die Behörde es Ihnen erlaubt, den Bereich für andere Aktivitäten zu verlassen, liegt in den meisten Fällen in ihrem Ermessen.[65] Ein Rechtsanspruch auf eine Genehmigung durch die Ausländerbehörde besteht, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde.[66] Erfahrungsgemäß ist es kein Problem, eine Erlaubnis zu bekommen für Familienangelegenheiten (Krankenbesuch, Hochzeit, Sterbefall etc.) oder wichtige Arztbesuche.
  • Wenn Sie etwa für die Teilnahme an politischen oder religiösen Veranstaltungen keine Reiseerlaubnis erhalten, können Sie dagegen mit Hilfe eines Rechtsanwalts oder einer Beratungsstelle Rechtsmittel einlegen.

Für die Ausstellung einer Erlaubnis zum Verlassen des Landes bzw. des Landkreises darf die Ausländerbehörde keine Gebühr verlangen.[67]

Wenn Sie Ihren Aufenthaltsbezirk ohne Erlaubnis zum ersten Mal verlassen und dabei von der Polizei überprüft werden, droht Ihnen ein „Bußgeld”.[68] Wenn Sie mehrmals dabei erwischt werden, machen Sie sich strafbar und es droht eine Geld oder Gefängnisstrafe.[69] Noch wichtiger ist: Unter Umständen führt eine höhere Geld- oder Gefängnisstrafe dazu, dass Sie Ihre späteren Chancen auf ein humanitäres Aufenthaltsrecht verspielen. Nehmen Sie deshalb eine Strafe wegen Residenzpflichtverletzung nicht auf die leichte Schulter.

  • Zu einem Bußgeldbescheid kann man schriftlich Stellung nehmen. Vielleicht war das Bußgeld gar nicht gerechtfertigt, weil Sie einen Gerichtstermin hatten. Oder es handelte sich um einen medizinischen Notfall. Schreiben Sie Ihre Gründe auf und fügen Sie Belege (Terminbestätigung, ärztliche Bescheinigung) bei. Unter Umständen wird dann auf das Bußgeld verzichtet und das Verfahren eingestellt. Auch wenn es zum Gerichtsverfahren gegen Sie kommt, müssen Sie aufpassen: Wenn der Richter oder die Richterin mehrere kleine Strafen zu einer insgesamt niedrigeren Gesamtstrafe zusammenzieht, ist das eigentlich als Abmilderung gedacht. Eine hohe Gesamtstrafe kann sich aber letztendlich schädlicher auf ein künftiges Aufenthaltsrecht auswirken als mehrere kleinere! Lassen Sie sich im Ernstfall noch einmal beraten und gehen Sie, wenn nötig, mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin gegen eine Strafe wegen Residenzpflichtverletzung vor! Das geht in manchen Fällen auch im Nachhinein, also wenn das Bußgeldverfahren schon abgeschlossen ist. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kann Ihnen spezialisierte Rechtsanwälte nennen, die sich mit dem rechtlichen Vorgehen gegen die Bestrafung von Residenzpflichtverletzungen gut auskennen.

 

[1] Rechtlich gesehen sind Ankunftszentren auch Außenstellen des BAMF (§ 5 AsylG), vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

– Drucksache 18/9120 –, BT-Drs. Drucksache 18/9269 vom 25.07.2016, Antwort auf Frage 1.

[2] §§ 19 Abs. 1; 20 Abs. 1 AsylG.

[3] BAMF, Leitfaden zum Aufbau eines Ankunftszentrums, Stand: 09.06.2016, S. 5, www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/leitfade-aufbau-ankunftszentrum.pdf?__blob=publicationFile.

[4] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),Katja Keul, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9120 –, BT-Drs. Drucksache 18/9269 vom 25.07.2016, Antwort auf Frage 4.

[5] Nds. Innenministerium Pressemitteilung vom 16.11.2016.

[6] https://www.bamf.de/SharedDocs/Struktur/Organisationseinheiten/DE/Standorte/bramsche-az-einheit.html?nn=281840.

[7] § 47 Abs. 1 S. 1 AsylG.

[8] § 71 Abs. 2 S. 2 AsylG.

[9] § 15 Abs. 2 Nr. 1 und 3 sowie 4 bis 7 AsylG.

[10] § 47 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AsylG.

[11] Nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG besteht auch die Verpflichtung zur Mitwirkung zur Beschaffung an Identitätspapieren. Während des Asylverfahrens ist aber diese Mitwirkung regelmäßig nicht zumutbar (Bay VGH Urt. V. 10.12.2001 – 24 B 01.2059; vgl. § 60b Abs. 2 S. 2 AufenthG; Koch in Hofmann Ausländerrecht, 2.Auflage 2016, Rn. 17 und 20f).

[12] Nach§ 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylG muss der Pass oder Passersatz den mit der Ausführung des Asylgesetzes betrauten Behörden vorgelegt, ausgehändigt und überlassen werden.

[13] Nach§ 15 Abs. 2 Nr. 5 AsylG müssen die Unterlagen den mit der Ausführung des Asylgesetzes betrauten Behörden vorgelegt, ausgehändigt und überlassen werden.

[14] § 15 Abs. 3 AsylG.

[15] Nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG müssen die Datenträger den mit der Ausführung des Asylgesetzes betrauten Behörden vorgelegt, ausgehändigt und überlassen werden.

[16] Vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylG. Nach § 16 Abs. 1 S. 2 AsylG dürfen nur Fotos und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden; wenn Sie jünger als 14 Jahre sind, dürfen nur Fotos gemacht werden.

[17] § 47 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AsylG.

[18] Nach§ 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylG müssen Sie die Angaben bei mit der Ausführung des Asylgesetzes betrauten Behörden machen.

[19] Etwa Gemeinschaftsunterkünfte.

[20] § 15 Abs. 2 Nr. 3 AsylG.

[21] Vgl. Anlage 2 zu § 29a AsylG: Westbalkanstaaten, Ghana und Senegal.

[22] § 47 Abs. 1a AsylG.

[23] § 47 Abs. 1 S. 1 AsylG.

[24] Vgl. Anlage 2 zu § 29a AsylG.

[25] § 71 Abs. 2 S. 2 AsylG.

[26] § 49 Abs. 2 AsylG.

[27] vgl. Art. 18 Abs. 4 EU-Aufnahmerichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten zur Verhinderung geeignete Maßnahmen treffen, siehe Bender/Bethke in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 49 AsylG, Rn. 5.

[28] Handicap International, „Das Migrationspaket und seine Folgen für Menschen mit Behinderung“, S. 5 Beitrag vom 04.11.2019 https://handicap-international.de/sn_uploads/de/document/Folgen_des_Migrationspaketes_fur_Menschen_mit_Behinderung.pdf.

[29] § 48 Nr. 1 AsylG.

[30] Es besteht keine Rechtspflicht der Länder, Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen, vgl., Gesetzesbegründung zur Einführung des § 47 Abs. 1b AsylG, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/061/1806185.pdf.

[31] § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AsylG.

[32] § 48 Nr. 2 AsylG.

[33] nach § 29 Abs. 1 und 2 AsylG.

[34] § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AsylG.

[35] § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG.

[36] http://www.lab.niedersachsen.de/standorte/standort_braunschweig/der-standort-braunschweig-86603.html.

[37] § 1 Abs. 4 S. 3 Nds. Aufnahmegesetz.

[38] § 60 Abs. 1 S. 1 AsylG.

[39] § 60 Abs. 1 S. 1 AsylG.

[40] Erlass des Nds. MI vom 26.02.2020, siehe https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html.

[41] Erlass des Nds. MI vom 26.02.2020, siehe https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html.

[42] Erlass des Nds. MI vom 26.02.2020, S. 3, siehe https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html.

[43] § 51 AsylG.

[44] § 53 Abs. 1 AsylG.

[45] § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AsylG.

[46] Etwa Osnabrück, siehe http://www.osnabrueck.de/rat/integration/konzept-zur-integration-und-unterbringung-von-fluechtlingen.html.

[47] § 53 Abs. 1 S. 2 AsylG.

[48] § 59a Abs. 1 S. 2 AsylG.

[49] § 59a Abs. 1 AsylG.

[50] § 56 Abs. 1 AsylG.

[51] § 57 Abs. 1 AsylG.

[52] § 57 Abs. 1 AsylG; die Gründe, aus denen nach einer Zuweisung eine Erlaubnis zum Verlassen des Aufenthaltsbereichs erteilt werden kann (§ 58 Abs. 1 AsylG), sind damit nicht unmittelbar anwendbar.

[53] Stahmann in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 57 AsylG, Rn. 6.

[54] § 57 Abs. 3 AsylG.

[55] § 57 Abs. 2 AsylG.

[56] § 56 Abs. 2 AsylG.

[57] § 59a Abs. 1 S. 2 AsylG.

[58] D.h. mit einem Aufenthaltstitel, also mit einer Aufenthaltserlaubnis, einer Niederlassungserlaubnis oder mit einem Visum etc., vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG.

[59] § 59b Abs. 1 AsylG.

[60] Eine Straftat, die nur von Ausländer/innen begangen werden können, ist z.B. die unerlaubte Einreise nach Deutschland (§ 95 Abs. 1 Nr. 3; 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AufenthG).

[61] § 58 Abs. 1 S. 1 AsylG.

[62] § 58 Abs. 3 AsylG.

[63] §§ 58 Abs. 2 AsylG.

[64] § 58 Abs. 1 S. 3 AsylG.

[65] § 58 Abs. 1 S. 1 AsylG

[66] § 58 Abs. 1 S. 2 AsylG.

[67] OVG Magdeburg, Urteil vom 26.10.2011 – Az. 2 L 44/10.

[68] § 86 AsylG.

[69] § 85 Nr. 2 AsylG.

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