21. Status von Flüchtlingen mit einer Fiktionsbescheinigung

Eine so genannte Fiktionsbescheinigung wird Personen ausgestellt, die sich in Deutschland aufhalten und die Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis beantragt haben, wenn die Ausländerbehörde nicht gleich entscheiden kann oder will.[1] Hierbei wird zwischen Staatsbürgern, die ohne Visum einreisen dürfen (sog. Positivstaater), und Personen, die für die Einreise ein Visum benötigen (sog. Negativstaater),[2] unterschieden.

Bei visumsfrei einreisenden Positivstaater, die rechtzeitig einen Aufenthaltstitel beantragt haben, gilt der Aufenthalt als erlaubt (sog. „Erlaubnisfiktion“).[3] Falls der Antrag verspätet gestellt wird, gilt der Aufenthalt als geduldet (sog. „Duldungsfiktion“).[4] Der Antrag ist verspätet gestellt, wenn sich die Betreffenden nicht mehr rechtmäßig in Deutschland aufhalten.[5] Das ist der Fall, wenn die 90 Tage  innerhalb von 180 Tagen, in denen sich Positivstaater ohne Visum bzw. ohne anderen Aufenthaltstitel hier aufhalten dürfen, abgelaufen sind.[6]

Bei Negativstaatern, die eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, kann keine Fiktionswirkung eintreten, wenn sie bislang keinen Aufenthaltstitel hatten.
Negativstaater müssen auch ihren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder Erteilung einer Niederlassungserlaubnis rechtzeitig vor Ablauf des bestehenden Aufenthaltstitels stellen. Kann die Ausländerbehörde nicht sofort entscheiden, erhält man eine Fiktionsbescheinigung.[7] Damit wird das Fortbestehen des bisherigen Aufenthaltstitels fingiert. Das bedeutet, dass Sie alle Rechte und Pflichten des alten Aufenthaltstitels behalten und die Zeit der Fiktionsbescheinigung auch bei der Aufenthaltsverfestigung oder einer Einbürgerung angerechnet wird.

Wenn Sie es allerdings versäumt haben, einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder eines anderen Aufenthaltstitels rechtzeitig vor Ablauf der Frist zu stellen, kann es passieren, dass Sie bis zur Neuentscheidung über Ihren Antrag nur eine Duldung erhalten. Die Ausländerbehörde hat aber das Ermessen, trotz der verspäteten Antragstellung die Fortwirkungsfiktion auszusprechen, um eine unbilligen Härte zu vermeiden.[8] Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass Sie der Ausländerbehörde eine nachvollziehbare Begründung liefern, warum Sie den Antrag erst verspätet stellen. Holen Sie sich am besten Unterstützung in einer Beratungsstelle.

  • Stellen Sie immer rechtzeitig vor Ablauf Ihrer Aufenthaltserlaubnis oder Ihres Visums einen Verlängerungsantrag. Lassen Sie sich nicht bei der Ausländerbehörde abwimmeln. Lassen Sie sich den Eingang Ihres Antrags schriftlich bestätigen.

Rechtlich gilt eine Fiktionsbescheinigung so viel wie der Aufenthaltstitel, den Sie vorher besessen haben. Das bedeutet auch, dass Sie damit aus Deutschland aus- und auch nach Deutschland wieder einreisen dürfen, z.B. um Urlaub zu machen.

Achtung! Dennoch kann die Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung ein Alarmzeichen sein: Die Behörden nutzen dieses Instrument auch, wenn sie zum Beispiel nach dem Widerruf des Flüchtlingsstatus eine Ablehnung des Antrags auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis in Erwägung ziehen.

 

[1] § 81 AufenthG.

[2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/visa-und-aufenthalt/staatenliste-zur-visumpflicht/207820.

[3] § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG.

[4] § 81 Abs. 3 S. 2 AufenthG.

[5] AVwV AufenthG 81.3.2.

[6] Art. 20 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen.

[7] § 81 Abs. 4 und 5 AufenthG.

[8] § 81 Abs. 4 S. 3 AufenthG.

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