Gretchenfrage Gutscheine: „Nun sag, wie hälst du’s mit dem AsylbLG?“

Mitte Dezember hatte die Stadt Göttingen angekündigt, keine Gutscheine mehr an Flüchtlinge ausgeben zu wollen, sondern ab 2013 die Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) endlich in Form von Bargeld zu erbringen. Kaum hatte das neue Jahr begonnen, kam auch schon der Rückzug: Am 3. Januar hieß es in einer Erklärung, man wolle die Gutscheinpraxis nun doch beibehalten, das Niedersächsische Innenministerium habe den „Oberbürgermeister förmlich gerügt“.

Damit schwenkte die Stadt Göttingen kurz vor knapp zurück auf ihre altbekannte Haltung, wonach es nach derzeitiger Gesetzeslage „keinerlei Handlungsspielraum [gäbe], Bargeld auszuzahlen“ (Vgl. den vom Rat der Stadt Göttingen so beschlossenen Antrag vom 13.07.2012). Dies soll angeblich direkt aus §3 Abs. 2 AsylbLG folgen, wonach „anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen Leistungen in Form von Wertgutscheinen (…) oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden“ können, soweit dies „nach den Umständen erforderlich ist“. Es ist offenkundig, dass §3 AsylbLG die Möglichkeit der Bargeldausgabe eröffnet und eben gerade nicht verbietet. Trotzdem verschanzen sich die Verantwortlichen in Göttingen seit Jahr und Tag hinter dem juristischen Luftschloss, wonach die Gutscheinausgabe die in Göttingen einzig rechtskonforme Art der  Leistungsgewährung nach dem §3 AsylbLG darstelle.

In Wahrheit handelte es sich aber bei der Entscheidung „Bargeld oder Gutscheine“ bis dato weniger um eine rechtliche denn um eine politische Fragestellung, genauer: um eine migrationspolitische. Nicht umsonst ist für die Sicherung des Existenzminimums von Flüchtlingen auch nicht das Sozialministerium sondern das Innenministerium zuständig. Der Innenminister selbst ist sich dessen durchaus bewusst und verteidigt die Wertgutscheine dann auch mit einem migrationspolitischen Klassiker: „Unbare Leistungen haben eine deutlich verminderte Anreizwirkung.“ (siehe hier)

Gutscheingruppe Göttingen, Januar 2013 | http://gutscheingruppe.cpunk.de/


Nachtrag Kai Weber: SPD und Grüne haben zugesagt, im Fall eines Wahlsiegs bei der Landtagswahl den Kommunen die Gewährung von Leistungen auch in Form von Bargeld freizustellen. Eine Aufhebung des Gutscheinzwangs sollte insofern bald zu erwarten sein.

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