Thomas Fischer (Bundesrichter): Unser Sexmob

Nachfolgend verlinken wir eine Kolumne von Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof, zu den Übergriffen gegen Frauen am Silvesterabend in der ZEIT vom 12.01.2016. Titel: Unser Sexmob. Fischer weist eindrücklich darauf hin, dass am 31.12.2015 genauso viele Straftaten wie an jedem anderen 31.12. passiert sind, und plädiert dafür, die Relationen zu wahren.

In einem Punkt folgen wir Thomas Richter nicht: Wir sehen Defizite im Bereich des Sexualstrafrechts und sehr wohl die Notwendigkeit einer Präzisierung des Strafrechts, auch wenn wir dem Argument von Fischer rein rechtsphilosophisch folgen können, der Gesellschaft durch Regelungswut nicht die Freiheit rauben zu wollen.

Die Gerichte legen bei sexuellen Übergriffen bislang die Hürden für die Anerkennung des „Ausnutzens einer schutzlosen Lage“ sehr hoch: Der Tatbestand muss erfüllt sein, das Opfer muss sich angemessen zu wehren versucht haben usw. Hier setzt die Kampagne  „Nein heißt Nein!“ an. Es sollte doch reichen, dass Frau nicht will. Fischers Verweis auf die Tatsache, dass immer noch der Tatbestand der Nötigung greifen würde, wenn eine Tat nicht als „Sexualdelikt“ strafbar sein sollte, ist zwar juristisch nachvollziehbar, wird aber der gesellschaftlichen Bedeutung der Frage nicht gerecht. Wenn wir eine Kultur des Respekts gegenüber Frauen erreichen wollen, dann ist es auch erforderlich, unerwünschtes Begrabschen konkret als Straftatbestand zu bestimmen. Zur Überwindung des täglichen Sexismus ist neben politischen Statements eben auch eine klare juristische Sprache nötig.

Anna-Maria Muhi

 

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