Flüchtlingsrat und Landesarmutskonferenz appellieren an Landesregierung: Keine Zustimmung zu neuerlichen Asylrechtsverschärfungen!

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Mit großer Sorge verfolgen der Flüchtlingsrat und die Landesarmutskonferenz, dass mit immer neuen Verschärfungen der Rechtslage die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Deutschland verschlechtert werden. Auch der Entwurf des BMI vom 19. November dient nicht, wie euphemistisch behauptet, einer „Beschleunigung von Asylverfahren“, sondern bewirkt einen zusätzlichen Ausschluss der Flüchtlinge von gesellschaftlicher Teilhabe. Die Chancen auf einen Neuanfang sinken und eine Partizipation wird erschwert, wenn den Geflüchteten immer neue Hürden und Hindernisse in den Weg gelegt werden.
Arme Gruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nachhaltige Armutsbekämpfung muss Grenzen überwinden.
Zu den neuerlichen Vorschlägen der Bundesregierung für die mittlerweile vierte Änderung des Asyl(verfahrens)rechts in diesem Jahr nehmen die Verbände wie folgt Stellung:

  1. Aussetzung“ des Familiennachzugs rührt an den Grundfesten der Verfassung

Die geplante Aussetzung des Rechts auf Familienzusammenführung für Flüchtlinge mit sog. subsidiärem Schutz stellt eine zentrale Schutznorm unserer Verfassung in Frage: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“, heißt in Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes. Wenn ein Familienleben wegen akuter Gefahren für Leib und Leben im Heimatland nicht möglich ist, stellt die Verweigerung des Familiennachzugs einen Verstoß gegen die deutsche Verfassung dar. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine Familientrennung durch die lange Dauer des Asylverfahrens ohnehin oftmals über Jahre erfolgt.
Auch aus politischen Gründen erscheint diese Maßnahme mehr als zweifelhaft: Ein zweijähriges Moratorium beim Familiennachzug bürdet den durch Flucht und Trennung ohnehin schwer belasteten Familien zusätzliche Hürden auf und zwingt v.a. Frauen und Kinder auf den gefahrvollen Fluchtweg.

  1. Kranke Flüchtlinge sollen durch Abschiebungsärzte begutachtet werden

Die Bundesregierung stört sich daran, dass ein Teil der Flüchtlinge zur Begründung ihres Verbleibs in Deutschland gesundheitliche Gründe geltend macht. Im Gesetzesentwurf wird daher dekretiert: „Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen.“ Erkrankungen sollen nur berücksichtigt werden, wenn der Ausländerbehörde fachärztliche Diagnosen „unverzüglich“ vorgelegt werden. Daraufhin angeordneten ärztlichen Untersuchungen hat der Betroffene Folge zu leisten.
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat es Versuche gegeben, eine unabhängige ärztliche Begutachtung durch behördlich bestellte Abschiebungsärzte zu unterlaufen (siehe
Gefällige Gutachter – Das Beispiel des Dr. V.). Gerade traumatisierte Flüchtlinge müssen geschützt und dürfen nicht gezwungen werden, sich gegenüber amtlich bestellten Abschiebungsärzten zu offenbaren.

  1. Abschiebung wegen Residenzpflichverstoßes?

Die Bundesregierung will nicht nur überwunden geglaubte Schikanen und Reglementierungen aus den 90er Jahren (Residenzpflicht, Leistungskürzungen, Sachlager, Arbeitsverbote etc.) wieder aus der Mottenkiste packen, sondern plant darüber hinaus auch, Verstöße gegen behördliche Auflagen empfindlich zu sanktionieren: Schon ein Verstoß gegen die Residenzpflicht soll dazu führen, dass der Asylantrag als zurückgenommen „gilt“. Schafft der/die Betroffene es nicht, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen – weil er/sie z.B. keine Beratung erhält – droht im schlimmsten Falle die Abschiebung in den Verfolgerstaat. Diese Verknüpfung eines Verstoßes gegen ordnungspolitische Auflagen mit empfindlichen asylrechtlichen Konsequenzen ist unverhältnismäßig und rechtsstaatlich unhaltbar.

Weitere Informationen:

für den Flüchtlingsrat Niedersachsen
Kai Weber
E-Mail: kw@nds-fluerat.org
Tel.: 05121 – 10 26 83

für die Landesarmutskonferenz
Klaus-Dieter Gleitze
E-Mail: gleitzek@gmx.de
Tel.: 0511-2102067

Presserklärung: Keine Zustimmung zu neuerlichen Asylrechtsverschärfungen

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