Hausdurchsuchung bei Flüchtlingsfamilie wegen Ordnungswidrigkeit
Flüchtlingsrat vermutet: Behörden wollen Familie wegen aktiver Proteste abstrafen
Wegen des Vorwurfs, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, hat der Landkreis Gifhorn eine Hausdurchsuchung bei einer Flüchtlingsfamilie veranlasst. Frühmorgens gegen sechs Uhr standen am 31. August Polizisten der Staatsschutzabteilung zusammen mit Beamten des Landkreise mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür. Der Vorwurf: Die Familie hätte eine Ordnungswidrigkeit nach dem Aufenthaltsgesetz begangen, da sie keine vollständigen oder korrekten Angaben über ihre Identität machen und auch keine Unterlagen, die zur Identitätsklärung dienlich sein könnten, vorlegen würde.
Rechtsanwalt Peter Fahlbusch aus Hannover hat gegen den Durchsuchungsbeschluss Beschwerde beim Amtsgericht Gifhorn eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Er hält aufgrund der bislang vorliegenden Informationen diesen schweren Eingriff in die Privatsphäre jedenfalls für unverhältnismäßig. Bedenken bestehen auch daran, wie die Durchsuchung durchgeführt wurde: Der betroffenen Familie wurde verboten, einen Anwalt anzurufen. Nur einer Person der vierköpfigen Familie wurde erlaubt, während der Durchsuchung zugegen zu sein. Räume, die nicht zur Wohnung der Familie gehören, wurden durchsucht. Außerdem durften die Familienmitglieder während der Durchsuchung nur in Begleitung eines Beamten oder einer Beamtin auf die Toilette.
„Eine solche Hausdurchsuchung ist natürlich ein großer Schreck und v.a. ein enormer Eingriff in die Privatsphäre. Wenn man, wie diese Flüchtlingsfamilie, ohnehin schon psychisch stark belastet ist, verschärft das die Situation erheblich. Das war sicher von den Behörden auch beabsichtigt“, vermutet Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Die Familie ist schon länger aktiv für die Rechte der Flüchtlinge im Landkreis Gifhorn und hat bei den Protesten gegen das Wohnheim Meinersen öfter in der Öffentlichkeit gestanden.
„Diese Hausdurchsuchung ist noch einmal eine Steigerung der Repression gegen die Familie und reiht sich ein in frühere Maßnahmen der Polizei und der Ausländerbehörde“, stellt Sigmar Walbrecht fest. So sind die Eltern der Familie die Woche vor der Hausdurchsuchung als Zeugen zur Polizei vorgeladen worden, um dann auch als Beschuldigte vernommen zu werden, wo ihnen dann deutlich gemacht wurde, dass sie wegen ihrer Proteste von der Staatsschutzabteilung beobachtet werden.
„Ich denke, die Behörden wollen die Familie dafür abstrafen, dass sie sich lautstark für ihre Rechte stark gemacht hat, und mit solchen Maßnahmen zermürben. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Hausdurchsuchung wenige Tage vor der Kundgebung in Gifhorn am 3. September stattfand. Umso wichtiger ist es, dass die Familie volle Unterstützung erfährt“, betont Sigmar Walbrecht.
gez.
Sigmar Walbrecht
Pressemitteilung als pdf-Datei: PM Hausdurchsuchung Gifhorn 15-09-11
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...