Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift zur Anwendung von §25a des Aufenthaltsgesetzes

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Nur eine Woche nach dem Inkrafttreten der Bleiberechtsregelung für gut integrierte geduldete ausländische Jugendliche am 01.07.2011 hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport die Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des § 25a des Aufenthaltsgesetzes veröffentlicht.

Im Folgenden sollen selektiv Punkte in der VV kurz angerissen werden, die kritisch zu bewerten sind bzw. nach weiteren Klärungen verlangen. Hierbei werden grundsätzliche Kritikpunkte an dem Gesetz nicht berücksichtigt.

Problematik: erfolgreicher Schulbesuch bzw. anerkannter Schul- oder Berufschulabschluss.

Gemäß §25a AufenthG haben junge Geduldete nachzuweisen, dass sie „sechs Jahre erfolgreich im Bundesgebiet eine Schule besucht oder in Deutschland einen anerkannten Schul- oder Berufsschulabschluss erworben haben…“

  • Als schulische oder berufliche Bildungsabschlüsse werden Abschlüsse an allgemeinbildenden Schulen, berufsbildenden Schulen, Berufsfachschulen und an sonstigen öffentlichen oder staatlich anerkannten Schulen anerkannt. Auch Abschlüsse an den Förderschulen, wie z.B. an den Förderschulen mit dem Schwerpunkt Sehen, Hören und Sprache sind wirksam, so die VV (Pkt. 2.3).Ein erfolgreicher Schulbesuch liegt aber nur dann vor, wenn ein Hauptschulabschluss erreicht werden wird. Dieser Abschluss kann auch an einer Förderschule erworben werden (Pkt. 2.4). Danach dürfte aber ein Abschluss an einer Förderschule, der nicht dem Hauptschulabschluss entspricht, nicht für den Erhalt einer AE ausreichen.

Zur Feststellung des erfolgreichen Schulbesuchs sollen laut Verwaltungsvorschrift, die Regelmäßigkeit des Schulbesuches sowie das Arbeits- und Sozialverhalten berücksichtigt werden. (Pkt. 2.4). Diese Anforderungen sind in verschiedener Hinsicht problematisch:

  • Das Heranziehen von Arbeits – und Sozialverhalten bedeutet eine immense Ausweitung des Interpretationsspielraums für die Behörden.
  • Um die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs nachweisen zu können, fordert die Verwaltungsvorschrift die Vorlage sämtlicher Zeugnisse von Beginn der Schulzeit an. „Regelmäßiger Schulbesuch liegt dann vor, wenn allenfalls an einzelnen Tagen der Unterricht unentschuldigt versäumt wurde“. Bedeutet das unentschuldigte Fehlen vor z.B. vier Schuljahren den Ausschluss von der Bleiberechtsregelung? Werden alte Zeugnisse lediglich für das Dokumentieren von Fehlzeiten genutzt, wie ausgeführt, oder auch um Leistungen und Verhalten in der Vergangenheit zu überprüfen? In diesem Kontext ist auch zu fragen, ob ein Sitzenbleiben in der Vergangenheit ebenfalls zum Ausschluss führt, obwohl aktuelle Prognosen mindestens einen Hauptschulabschluss erwarten lassen.

Für die Prognose eines erfolgreichen Abschlusses wären unseren Erachtens nicht die Vorlage sämtlicher alter Zeugnisse notwendig, sondern lediglich aktuelle Nachweise der Leistungen.

Besonders problematisch ist die Einholung einer Beurteilung bei der Schule. Der Hildesheimer Fall eines jungen Syrers im Vorfeld einer Bleiberechtsregelung, dem unter anderem auf Grund der negativen Einschätzung des Arbeits- und Sozialverhaltens (trotz Prognose, den Hauptschulabschluss zu erhalten) in einer Bewertung durch das Lehrpersonal eine negative Integrationsprognose erhielt und daraufhin abgeschoben wurde, macht die Problematik deutlich. LehrerInnen und SchulleiterInnen werden hierbei in die schwierige Lage gebracht, bei der Entscheidung über die Zukunft des Schülers eine wichtige Rolle einnehmen zu müssen. Rechtlich verstößt die Übermittlung der persönlichen Daten des Schülers gegen die Befugnisnorm des §31 Abs1 Satz1 des niedersächsische Schulgesetzes (NSchG). In diesem wird darauf hingewiesen, dass die Schule Daten von Schülerinnen und Schülern nur für folgende Zwecke weiterleiten darf:

  • Erfüllung des Bildungsauftrages,
  • Erfüllung der Fürsorgeaufgaben,
  • zur Erziehung oder Förderung oder Förderung der SchülerInnen
  • zur Erforschung und Entwicklung der Schulqualität.

Keine der aufgeführten Ziele werden an dieser Stelle berührt – damit fehlt der Schule die Befugnis, den Behörden die in einer Beurteilung enthaltenen Daten zu übermitteln. Eine Mitteilungsbefugnis der Schule würde sich aber ergeben, wenn der Schüler/In bzw. die Personensorgeberechtigten einer Datenübermittlung zustimmt.

Praxistipp: Es erscheint uns sinnvoll, offensiv mit den Bewertungen durch die Schule umzugehen. Die Betroffenen bzw. Beratungsstellen und Unterstützer sollten sich selbst an die Schule wenden, um eine Bewertung anzufordern. Dabei ist darauf zu achten, dass Probleme, die sich aus den Zeugnissen ergeben, geklärt werden. Warum hatte der Schüler oder die Schülerin z.B. vor einigen Jahren viele Fehlstunden? Haben psychische Probleme, die etwa aufgrund der unsicheren Duldungssituation entstanden sind, zum Sitzenbleiben beigetragen? Positive Entwicklungen z.B. beim Arbeits- und Sozialverhalten sollen besonders aufgezeigt werden.

Problematik: Straffälligkeit als Hindernis für eine dauerhafte vollständige Integration (Pkt. 2.6)

Als besonders kritikwürdig ist zu bewerten, dass auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden, deren Verfahren nach §§45 ff. JGG, § 153 StPO – absehen von der Verfolgung wegen geringer Schuld und fehlendem öffentlichen Interesse an der Verfolgung – eingestellt worden sind oder deren Strafverfolgung wegen §19 StGB – Schuldunfähigkeit des Kindes, welches bei Begehung der Tat noch nicht 14 Jahre alt ist – ausblieb, eine positive Integrationsprognose in aller Regel (Ausnahmen sind danach möglich) nicht zu erwarten sein soll.

In ihrem Sinngehalt beziehen sich §§45 ff. JGG auf Fälle von Jugendkriminalität als Ausdruck eines entwicklungstypischen und episodenhaften Verhaltens, das in der weiteren sozialen Persönlichkeitsentwicklung abgelegt wird. Bei Verfehlungen Jugendlicher und Heranwachsender kann deshalb häufig von einer jugendstrafrechtlichen Reaktion durch Urteil abgesehen werden, wenn die erzieherische Einwirkung im Rahmen einer Verfahrenseinstellung gemäß §§ ff45 sichergestellt ist. Das Gelingen der Integration wird beim Vorliegen von jugendtypischen Fällen von Kriminalität nicht ausgeschlossen. Ein Ausschluss von der Bleiberechtsregelung, wie in der VV vorgesehen, ist nicht gerechtfertigt!

gez. Frauke Paschen und Hans-Georg Hofmeister

vorläufigé Verwaltungsvorschrift 25a AufenthG

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5 Gedanken zu „Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift zur Anwendung von §25a des Aufenthaltsgesetzes“

  1. Ich heißse Denisa Berisha ich bin am 25.9.1995 in Kosovo geb und bin roma. Ich gehe jetzt in der 9 klasse der Kardinal von Galen Schule Meppen. Davor war ich in der Geschwister Scholl Schule Geeste Dalum. Der grund warum ich jetzt in dieser schule bin ist: Wir hatten eine Abschiebung bekommen. Wir hatten Angst das die Polizei uns von zu hause nach unsere Heimat zurück schicken würde deshalb sind wir dan nach Belgien geflüchtet.Nach 6 monaten sind wir wieder nach Deutschland gekommen.Wir müsten uns neu in neuen Schulen anmelden. In den neuen schulen haben wir uns gut Integriert und gehen regelmäßig zur schule. Wäre villeicht eine möglichkeit den §25a des Aufenthaltsgesetzes zu bekommen? Wenn sie mir helfen könnten dan nehmen sie bitte mit mir kontakt an!!! Ich würde mich sehr freuen wen sie mir helfen könnten mit freundlichen grüßen Denisa Berisha.

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  2. Hallo an alle,

    also es ist nicht zwingend nötig in Deutschland geboren zu sein. Wichtig ist, dass man einen ununterbrochenen Aufenthalt von 6 Jahren in Deutschland nachweisen muss. Außerdem muss man bei der Antragsstellung zwischen 15 und 21 Jahre alt sein. Da ihr Sohn 1999 geboren ist, muss er leider noch ein bisschen warten. Wichtig ist, dass man sich in der Schule bemüht und mindestens einen Hauptschulabschluss erreicht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Frauke Paschen

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