Sozialgericht Mannheim: AsylbLG rechtswidrig! – Bund bleibt weiter untätig

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Das Sozialgericht Mannheim hat gestern einem Eilantrag statt gegeben, welcher dem Antragsteller zusätzlich zu den bereits gewährten Leistungen nach dem AsylbLG 61,28 € monatlich mit der Begründung gewährt, es spreche „nahezu alles dafür, dass der Antragsteller durch die derzeit gewährten Leistungen in seinem Grundrecht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz verletzt wird“ (siehe hier) .

Die dazu verfasste Pressemitteilung des Rechtsanwalts Münch, der die Entscheidung erstritten hat, lautet auszugsweise wie folgt:

„Im Wege einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Mannheim die Stadt Heidelberg verpflichtet, einem Asylbewerber über den im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegten Satz weitere € 65,51 monatlich als Darlehen zu gewähren. Der Asylbewerber hatte um einstweiligen Rechtsschutz mit der Begründung gebeten, dass der 1993 in Höhe von DM 360 festgelegte und seitdem nicht erhöhte Leistungssatz sein Existenzminimum nicht gewährleistet. Dem folgt das Sozialgericht mit seinem Beschluss vom 10.8.2011 – S 9 AY 2678/11 ER – weitgehend. Es führt aus, dass „nahezu alles dafür spricht, dass der Antragsteller durch die derzeit gewährten Leistungen in seinem Grundrecht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz verletzt wird.“ Die Wirkung des einstweiligen Anordnung ist bis zum 31.3.2012 befristet. Bis dahin wird das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich über die Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes entschieden haben …“

Das Gericht hat den Hartz IV Regelsatz zugrundegelegt, den Anteil für in der Gemeinschaftsunterkunft bereitgestellten Hausrat und Energie rausgerechnet und im Hinblick auf die vorläufige Regelung im Eilverfahren dem Kläger vorerst die Hälfte der verbleibenden Differenz AsylbLG – Hartz IV zugesprochen. Die Stadt Heidelberg wurde verpflichtet, dem Asylbewerber über den im AsylbLG festgelegten Satz hinaus weitere € 65,51 monatlich als Darlehen zu gewähren. Ein Verfahren für eine Familie mit Kindern ist noch anhängig.

Obwohl seit Inkrafttreten des AsylbLG im November 1993 die Preise um 32 % gestiegen sind, wurden die Beträge entgegen § 3 Abs. 3 AsylbLG nie an die Preisentwicklung angepasst, vgl. www.destatis.de > Preise > Verbraucherpreise > Tabellen > Monatswerte. Der Verbraucherpreisindex betrug im November 1993 83.8 und im Juni 2011 110,6. Das ergibt eine Steigerung um 31,98 %.

Die Bundesregierung verschleppt dennoch weiterhin die längst überfällige Anpassung der Leistungssätze, obwohl sie mittlerweile auch selbst die Sätze als verfassungswidrig ansieht, siehe hier und hier. Zu überlegen sind auch anderswo bei Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG Widersprüche gegen die Leistungshöhe und Eilanträge beim Sozialgericht.

Mehr Infos:

  • Stellungnahmen von Verbänden und Kirchen und Vorlagebeschlüsse des LSG NRW zum verfassungwidrigen AsylbLG:
  • Georg Classen, Flüchtlingsrat Berlin, Das AsylbLG und das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum
  • Kritik der Flüchtlingsräte an der Untätigkeit der Bundesregierung, siehe hier .

Vgl zum Nichtstun bei der verfassungswidrigen Höhe der AsylbLG-Leistungen Bericht und Kommentar in der TAZ von gestern.

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1 Gedanke zu „Sozialgericht Mannheim: AsylbLG rechtswidrig! – Bund bleibt weiter untätig“

  1. Äußerst interessant ! Das Gleiche habe ich schon in ähnlicher Form 2008 kurz nach der ( menschenschenrechtswidrigen) Abschiebung meiner nigerianischen Ehefrau gesagt ! Liebe Leser dieses Kommentars, Ihr solltet Euch langsam ( oder besser schneller !) von der Illusion eins „demokratischen “ Deutschlands verabschieden, wenn es um „unnütze“, das heißt, für die Wirtschaft nicht gebrauchte Ausländer geht ! Die Sprüche von Ackermann und seiner Marionette Angela Merkel, sind weniger als Schall und Rauch! Menschenrechte in diesem sogenannten Deutschland stehen allenfalls auf dem Papier. Diese sogenannte “ Christliche “ und “ Demokratische“ Bundeskanzlerin ( man sollte es NIEMALS vergessen,daß sie früher in der FDJ “ Parteisekretärin für Agitation und Propaganda “ war ) ist dafür verantwortlich, daß … Wolfgang Schäuble, derzeitiger Bundesfinanzminister, … durch das von ihm durchgepeitschte Ehegattennachzugs VERHINDERUNGSGESETZ für das Unwohl von mittlerweile mehr als 10.000 deutschen binationalen Ehepaaren verantwortlich ist !Ein solcher Typ hat seinen Amtseid auch noch frecherweise “ im Namen Gottes“ abgelegt ! …
    Ich bin`s einfach leid, allein gegen diesen Rassismus-Staat ankämpfen zu müssen. Leute, wehrt Euch !!
    Ich befürchte allerdings, daß die deutsche Trägheit und Interesselosigkeit überwiegt.

    Ich grüße ganz herzlich Kai Weber und Wolfgang Brand, und ich hoffe inständig, daß Ihr in Eurem Kampf für die Flüchtlinge nicht müde werdet !

    Es grüsst Euch und alle Kämpfer für die Menschenrechte ganz, ganz herzlich

    Klaus-Dieter Boden

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