Ein Bündnis aus über 200 international tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden, darunter auch dem Flüchtlingsrat Niedersachsen, fordert die Europäische Union in einer gemeinsamen Erklärung zur Kehrtwende bei der Neuregelung von Abschiebungen auf. Der vorliegende Vorschlag für eine „Rückführungsverordnung“ sieht traumatisierende und rechtsverletzende Maßnahmen für Schutzsuchende vor, deren einziges Ziel es ist, Abschiebequoten zu erhöhen. Nachfolgend dokumentieren wir die Erklärung in deutscher Übersetzung:
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Am 11. März 2025 legte die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag für eine Rückführungsverordnung vor, die die derzeitige Rückführungsrichtlinie ersetzen soll. Hinter dem euphemistischen Namen verbirgt sich ein Vorschlag, der auf Zwangsmaßnahmen sowie traumatisierende und rechtsverletzende Maßnahmen abzielt, deren Prämisse die Erhöhung der Abschiebungsquoten ist. Anstatt sich auf Schutz, Unterkunft, Gesundheitsversorgung und Bildung zu konzentrieren, geht es in der Verordnung um Strafmaßnahmen, Haftanstalten, Abschiebung und Zwangsvollstreckung.
Die „Abschiebungsverordnung“, wie sie treffender genannt werden sollte, ist Teil einer umfassenderen Veränderung der EU-Migrationspolitik, die die Migration von Menschen als Bedrohung darstellt, um Ausnahmen von den Grundrechtsgarantien zu rechtfertigen. Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten haben zunehmend Kriminalisierung, Überwachung und Diskriminierung zu den Standardinstrumenten der Migrationssteuerung gemacht – anstatt auf Schutz, Sicherheit, Maßnahmen zur sozialen Inklusion, dem Ausbau sicherer und regulärer Wege und auf Rechten basierenden Aufenthaltsgenehmigungen zu setzen.
Unsere Organisationen sind sich einig: Diese Verordnung muss abgelehnt werden. Sie ist geprägt von Inhaftierung, Abschiebung, Externalisierung und Bestrafung – insbesondere von Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden – und wird dazu führen, dass noch mehr Menschen in eine rechtliche Grauzone und gefährliche Situationen gedrängt werden. Wir fordern die Europäische Kommission auf, den Vorschlag zurückzuziehen, und fordern das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union nachdrücklich auf, ihn in seiner jetzigen Form abzulehnen.
Die Verordnung muss aus folgenden Gründen abgelehnt werden:
1. ABSCHIEBUNGEN IN LÄNDER OHNE VORHERIGE VERBINDUNGEN UND ABSCHIEBUNGSZENTREN AUSSERHALB DER EU (Art. 4, 17)
Dieser Vorschlag würde es – zusammen mit den vorgeschlagenen Änderungen der Asylverfahrensverordnung – erstmals ermöglichen, eine Person gegen ihren Willen in ein Nicht-EU-Land abzuschieben, zu dem sie keine persönlichen Verbindungen hat, das sie nur kurz durchreist hat oder in dem sie noch nie gewesen ist.
Jemanden gegen seinen Willen in ein Land zu schicken, zu dem er oder sie keine Verbindung hat, kann in keiner Weise als vernünftig, gerecht oder nachhaltig angesehen werden. Solche Maßnahmen würden Familien und “Communities” in ganz Europa auseinanderreißen und das Gefüge der Solidarität untergraben, auf das die Menschen angewiesen sind, um in Würde leben zu können. Die Ausweitung der Möglichkeiten für eine „Rückkehr” wirft ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Grundrechte – insbesondere des Risikos, dass Menschen in Drittländern stranden -, der Sicherheit und Würde der Abschiebung, der Nachhaltigkeit der Integration und Wiedereingliederung sowie der Zugang zu Unterstützung, Rechten und Dienstleistungen auf. Solche Maßnahmen gelten mit wenigen Ausnahmen auch für Familien und Kinder.
Die vorgeschlagene Verordnung ermöglicht auch die Einrichtung sogenannter „Rückführungszentren“ (Englisch: “return hubs”), bei denen es sich höchstwahrscheinlich um gefängnisähnliche Haftanstalten außerhalb des EU-Gebiets handeln wird, in denen Personen untergebracht werden, die auf ihre Abschiebung warten. Dies ist eine eklatante Abkehr von Völkerrecht und Menschenrechtsstandards. Dies dürfte zu einer Reihe von Rechtsverletzungen führen, darunter automatische willkürliche Inhaftierung, direktes und indirektes refoulement
(völkerrechtswidrige Abschiebungen in Rückkehrzentren oder durch Weiterabschiebungen) und Verweigerung des Zugangs zu rechtlichen und verfahrensrechtlichen Garantien. Gleichzeitig würden sie diskriminierende Praktiken verstärken und erhebliche Herausforderungen bei der Überwachung der Menschenrechtslage und der Feststellung der rechtlichen Verantwortung und Zuständigkeit mit sich bringen. Die derzeitigen Bestimmungen der Verordnung sind darüber hinaus alarmierend vage und legen keine verbindlichen Standards fest, was diese Bedenken noch verstärkt. In Anlehnung an frühere Versuche, Asylverfahren auszulagern oder zu externalisieren, wie beispielsweise in Australien, Großbritannien oder Italien, dürften solche Vorschläge mit exorbitanten Kosten verbunden sein, erhebliche diplomatische und Reputationsrisiken mit sich bringen und die Unterschiede und Divergenzen zwischen den Asyl- und Migrationspolitiken der EU-Länder vergrößern. Sie würden Ressourcen in strafende Formen der Migrationssteuerung umleiten, statt in Politikansaätze, die Schutz, Fürsorge und Sicherheit in den Vordergrund stellen.
2. NEUE VERPFLICHTUNGEN DER STAATEN ZUR „FESTSTELLUNG” UND ÜBERWACHUNG (Art. 6)
Der Vorschlag verpflichtet die Staaten, Maßnahmen zur Feststellung von Personen zu ergreifen, die sich illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Über 80 Organisationen warnten, dass ähnliche Bestimmungen in der Screening-Verordnung von 2024 zu vermehrtem Racial Profiling und diskriminierender Behandlung führen würden. Solche Bestimmungen ebnen den Weg für die Ausweitung rassistischer Polizeipraktiken und Razzien gegen eingewanderte Menschen, die in rassistisch diskriminierten und migrantischen Communities Angst schüren. Darüber hinaus bergen Aufspürungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Einwanderungsbestimmungen ernsthafte Risiken für die Menschenrechte, darunter das Recht auf Gesundheit, Arbeitsrechte und Menschenwürde, da die Angst vor den Behörden Menschen ohne Papiere davon abhält, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, Missbrauch zu melden oder Schutz zu suchen. Solche Maßnahmen könnten ethische Konflikte für Fachkräfte hervorrufen und das Vertrauen in öffentliche Dienste untergraben. Schließlich besteht die Gefahr, dass sie durch die unsichere Weitergabe sensibler personenbezogener Daten, einschließlich Gesundheitsdaten, das Recht auf Privatsphäre gefährden, gegen EU-Datenschutzstandards verstoßen und die Freiheiten der Gesellschaft insgesamt untergraben.
3. MEHR MENSCHEN WERDEN IN ILLEGALITÄT UND RECHTLICHE UNSICHERHEIT GEDRÄNGT (Art. 7, 14)
Der Vorschlag verpflichtet die Staaten, neben jeder Entscheidung über die Beendigung eines regulären Aufenthalts auch eine Abschiebungsanordnung zu erlassen, ohne zuvor andere Statusoptionen auf nationaler Ebene zu prüfen (wie beispielsweise Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen, zum Wohl des Kindes, aus medizinischen oder familiären Gründen sowie während Verfahren zur Feststellung der Staatenlosigkeit oder in anderen Fällen, in denen eine Ausweisung nicht möglich ist). In Verbindung mit ähnlichen Bestimmungen im Migrations- und Asylpakt, die negative Asyl- und Abschiebungssentscheidungen miteinander verknüpfen, würde dies den Zugang zu nationalen Aufenthaltsgenehmigungen weiter erschweren. Alarmierenderweise sieht er sogar vor, dass Abschiebungsanordnungen mit mehreren potenziellen Rückkehrländern ausgestellt werden, wenn kein Staat für die Rückkehr identifiziert werden kann.
Der Vorschlag schwächt auch den Schutz für diejenigen, die nicht abgeschoben werden können, oft ohne eigenes Verschulden Zwar sieht er eine Vertagung der „Abschiebung” in Fällen vor, in denen die Gefahr von refoulement besteht, aber er hebt die derzeitige Verpflichtung auf, andere individuelle Umstände zu ermitteln und zu bewerten, und ignoriert dabei, dass in vielen Fällen eine „Rückkehr” nicht angemessen oder sogar unmöglich ist, beispielsweise wenn eine Person staatenlos ist oder aus anderen menschenrechtlichen Gründen.
Dies unterstreicht die Inkonsistenz eines Vorschlags, der mit dem fehlerhaften Ziel der „Erhöhung der Rückführungsquoten” entwickelt wurde, aber gleichzeitig die Zahl der Personen, gegen die eine
Abschiebungsanordnung erlassen wird, künstlich in die Höhe treibt. Infolgedessen werden mehr und mehr Menschen in die Illegalität und in rechtliche Grauzonen gedrängt, ihnen werden Grundrechte wie Gesundheitsversorgung verweigert und sie sind Armut, Obdachlosigkeit, Ausbeutung oder längerer Inhaftierung ausgesetzt. Diese Politik schadet nicht nur Einzelpersonen: Sie destabilisiert und schafft weitere Angst und Unsicherheit, insbesondere für Migranten und Migrantinnen und rassistisch diskriminierte Menschen sowie für die Communities, denen sie angehören.
4. STARKER AUSBAU DER INHAFTIERUNG (Art. 29-35)
Der Vorschlag fördert die systematische Anwendung von Haft. Er verlängert die maximale Haftdauer erheblich, von 18 auf 24 Monate. Diese Verlängerung ist unverhältnismäßig und ineffektiv und würde die Verletzung der Grundrechte, der Würde und der Gesundheit der Inhaftierten nur noch verschlimmern. Außerdem erweitert er die Haftgründe und beinhaltet Kriterien, die faktisch die meisten Menschen betreffen, die irregulär nach Europa eingereist sind oder keine Papiere haben, was gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit verstößt. So würden beispielsweise fehlende Dokumente oder Obdachlosigkeit als Gründe für eine Inhaftierung ausreichen. Der Vorschlag erlaubt die Inhaftierung von Kindern, obwohl internationale Menschenrechtsverträge und -standards darauf hinweisen, dass dies immer eine Verletzung der Kinderrechte darstellt und niemals im besten Interesse des Kindes liegt, und obwohl sich die Regierungen weltweit verpflichtet haben, diese Praxis zu beenden. Andere schutzbedürftige Gruppen sowie Personen, die nicht abgeschoben werden können, würden ebenfalls inhaftiert werden können. Der Vorschlag scheint die unbefristete Inhaftierung von Personen zuzulassen, die aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung als „Sicherheitsrisiko“ eingestuft werden. Er erlaubt es den Mitgliedstaaten auch, von grundlegenden Garantien im Zusammenhang mit der Inhaftierung abzuweichen, wenn die Systeme einer vage definierten „unvorhergesehenen schweren Belastung“ ausgesetzt sind. Die Ausweitung der Inhaftierungskapazitäten macht es für private Auftragnehmende lukrativ, Haftanstalten zu betreiben, was das Wachstum einer Haftindustrie auf Kosten der Rechte und Würde der Menschen fördert.
Die von der Kommission vorgeschlagenen „Alternativen zur Inhaftierung” oder nicht freiheitsentziehenden Maßnahmen würden ihren Zweck als echte Alternativen nicht erfüllen und müssten vor der Anwendung der Inhaftierung nicht in Betracht gezogen werden. Vielmehr könnten sie nun zusätzlich zur Inhaftierung und nach Überschreitung der Fristen angewendet werden. Zusammengenommen führen diese Entwicklungen zu einer erheblichen Ausweitung der Abschiebungshaft, die damit nicht mehr als letztes Mittel oder für einen möglichst kurzen Zeitraum angewendet würde, was in klarem Widerspruch zu den Anforderungen des Völkerrechts steht.
5. STRAF- UND ZWANGSMASSNAHMEN (Art. 10, 12, 13, 16, 22, 29)
Der Vorschlag sieht umfangreiche, unverhältnismäßige und unrealistische Kooperationspflichten für Personen vor, gegen die eine Abschiebungsanordnung erlassen wurde, wie beispielsweise die Vorlage von Ausweispapieren, über die sie möglicherweise nicht verfügen, die Durchsuchung ihrer Person und ihrer Habseligkeiten oder die Zusammenarbeit mit Drittländern zur Beschaffung von Reisedokumenten. Hinzu kommen strafende und schwere Sanktionen bei “Nichtbefolgung“, darunter Geldstrafen, Einreiseverbote, Beschränkungen der freiwilligen Ausreise sowie die Verweigerung von Sozialleistungen, Beihilfen oder Arbeitsgenehmigungen. Da es keine wirksamen Möglichkeiten gibt, den Vorwurf der “Nichtbefolgung” anzufechten oder sicherzustellen, dass Menschen nicht für Umstände bestraft werden, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen – wie Staatenlosigkeit, digitale oder Bildungsbarrieren, Alter, Gesundheit oder Traumata –, besteht die Gefahr, dass diese Maßnahmen willkürlich angewendet werden und Menschen in prekären sozioökonomischen Situationen unverhältnismäßig bestraft werden.
Der Vorschlag sieht eine weitere Verlagerung von der „freiwilligen Ausreise“ hin zur „Abschiebung“ vor, wodurch die Abschiebung zum Regelfall wird. Auch wenn die Freiwilligkeit unter solchen Umständen fragwürdig bleibt, schränkt der Vorschlag die Möglichkeiten und
Handlungsfreiheit der Betroffenen weiter ein. Dies geschieht durch die Einführung weit gefasster Gründe, bei denen eine Abschiebung obligatorisch wäre, und durch die Aufhebung der derzeitigen Mindestfrist von sieben Tagen für die freiwillige Ausreise oder die Befolgung einer Abschiebungsanordnung.
Spezifische Ausnahmeregelungen sind für Personen vorgesehen, die „eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellen“ – Gründe, die vage definiert sind und missbräuchlich angewendet werden können. Alle Menschen, die als ein Sicherheitsrisiko eingestuft wurden oder strafrechtlich verurteilt werden, sollten im Rahmen eines Strafverfahrens mit den erforderlichen Garantien für ein faires Verfahren behandelt werden.
6. AUSHÖLUNG DES RECHTS AUF EFFEKTIVEN RECHTSSCHUTZ (Art. 28)
In Fortführung der Aushöhlung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz im Rahmen des Paktes hebt der Vorschlag die automatisch aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Vollstreckung einer Abschiebungsanordnung auf. Die aufschiebende Wirkung muss zusammen mit dem Rechtsbehelf beantragt oder von Amts wegen gewährt werden. Dies schafft zusätzliche Komplexität für Personen, denen die Abschiebung droht, sowie für die Justizbehörden und beseitigt eine wesentliche Garantie für das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Da es keine verbindliche Mindestfrist für Rechtsbehelfe gibt (der Vorschlag sieht lediglich vor, dass die Frist 14 Tage nicht überschreiten darf), könnten die Mitgliedstaaten es den Betroffenen in der Praxis unmöglich machen, gegen Abschiebungssbescheide wirksam vorzugehen, was der ständigen Rechtsprechung der europäischen Gerichte widerspricht.
7. AUSGEWEITETE DIGITALE ÜBERWACHUNG UND VERSTÖSSE GEGEN DEN DATENSCHUTZ (Art. 6-9, 23, 38-41)
Der Vorschlag sieht eine Ausweitung der digitalen Überwachung von Personen in Abschiebungsverfahren vor, was von Experten und Expertinnen für digitale Rechte und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten kritisiert wird. Dazu gehört die umfassende Erhebung und Weitergabe personenbezogener Daten, einschließlich sensibler Gesundheits- und Strafregisterdaten, zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern, in denen möglicherweise kein angemessener Datenschutz gewährleistet ist. Außerdem ermöglicht er den Einsatz von intrusiven Überwachungstechnologien in Haftanstalten und die Verwendung digitaler „Alternativen zur Inhaftierung“ wie GPS-Ortung und Überwachung von Mobiltelefonen, die zwar angeblich als Alternative zur Inhaftierung gelten, aber dennoch sehr eingriffsintensiv sind und einer de facto Inhaftierung gleichkommen können. Solche Technologien schaffen auch profitable neue Märkte für Überwachungsunternehmen.
Die Schaffung einer „Europäischen Rückführungsanordnung“, die im Schengener Informationssystem (SIS) gespeichert wird, vermischt Migrationsmanagement und Polizeiarbeit noch weiter, da ein Datenaustausch mit Strafverfolgungsbehörden vorgesehen ist. Es gibt dokumentierte Fälle von Datenmissbrauch und Nichteinhaltung der gesetzlichen Standards zum Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten durch Behörden im Rahmen des SIS, was die Wahrscheinlichkeit von Datenverstößen und -missbrauch erhöht.
8. FEHLENDE FOLGENABSCHÄTZUNG UND KONSULTATIONEN
Wie andere aktuelle Gesetzesvorschläge im Bereich Migration wurde auch dieser Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission ohne ein “Human Rights Impact Assessment” (deutsch: Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung) oder formelle Konsultationen, einschließlich der Sozialpartner, in einem Bereich vorgelegt, in dem eine evidenzbasierte Politikgestaltung besonders wichtig ist. Dies steht im Widerspruch zur Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung und den eigenen Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung, wenn ein Gesetzesvorschlag erhebliche soziale Auswirkungen hat und mehrere politische Optionen zur Auswahl stehen. Eine vorherige Prüfung der Auswirkungen auf die Grundrechte ist unerlässlich, um die
Einhaltung der Charta der Grundrechte, des Grundsatzes des “non-refoulement” , des Verbots von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, der persönlichen Freiheit, der Rechte des Kindes, des Rechts auf wirksame Rechtsbehelfe, des Privat- und Familienlebens, des Rechts auf Privatsphäre und Datenschutz sowie des Grundsatzes der Anti-diskriminierung zu gewährleisten.
9. ÜBERBLICK ÜBER ALTERNATIVEN ZUR STRAFRECHTLICHEN MIGRATIONSKONTROLLE
Der Vorschlag basiert auf der falschen Annahme, dass die Abschiebung die einzige Option für Personen sein sollte, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist oder widerrufen wurde. Um die Zahl der Menschen zu verringern, die in einer irregulären Situation gefangen sind, sollten die EU-Staaten den Zugang zu bestehenden menschenrechtsbasierten Aufenthaltsgenehmigungen aufrechterhalten und die Möglichkeiten für eine breite Palette von Aufenthaltsgenehmigungen erweitern, die es Menschen ermöglichen, ihr Leben aufzubauen, einer regulären Arbeit nachzugehen, zu studieren und uneingeschränkt an allen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten der Gesellschaften, in denen sie leben, teilzunehmen.
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Wir fordern die EU auf, aufzuhören, rassistischen und fremdenfeindlichen Stimmungen sowie Konzerninteressen nachzugeben und die restriktive und diskriminierende Wende in ihrer Migrationspolitik rückgängig zu machen. Stattdessen sollen Ressourcen in Politikansätze gelenkt werden, die auf Sicherheit, Schutz und Inklusion beruhen, Communities stärken, die Menschenwürde wahren und sicherstellen, dass alle Menschen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – in Sicherheit leben können.
Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten sollten Abschiebungsmaßnahmen ablehnen, die auf Sanktionen und Zwang beruhen, die Menschenrechtsstandards senken und Diskriminierungen verstärken. Angesichts der oben dargelegten Bedenken fordern wir die Europäische Kommission auf, diesen Vorschlag zurückzuziehen, und fordern das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union nachdrücklich auf, diesen Vorschlag abzulehnen.
Es gilt die englische Originalfassung des Statements.
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