Absage an eine menschliche Migrationspolitik – Ali K. in den Irak abgeschoben

Diese Woche Montag wurde Ali K. gemeinsam mit vielen weiteren irakischen Staatsangehörigen mit einem Charter-Flug in den Irak abgeschoben. Damit zerstört die Ausländerbehörde Verden bewusst und irreparabel die über zehn Jahre aufgebaute Perspektive eines jungen Menschen. Die Ausländerbehörde stellt den Vollzug der Abschiebung als alternativlos dar, obwohl eine aufenthaltsrechtliche Lösung auf der Hand lag. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. verurteilt die Abschiebung als menschliche Bankrotterklärung und klare Absage an eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik, die Bleibeperspektiven statt behördliche Härte zum Ziel hat.

Die Ausländerbehörde Verden hatte obsessiv die Abschiebung von Ali K. verfolgt, obwohl fast alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund von nachhaltiger Integration vorlagen. Der 30-Jährige lebte seit rund zehn Jahren in Deutschland und bestritt seinen Lebensunterhalt seit acht Jahren eigenständig durch Erwerbstätigkeit. Er hat nachweislich hinreichende mündliche Deutschkenntnisse und hatte den Test „Leben in Deutschland“ erfolgreich absolviert. Einzig die Verlängerung seines irakischen Nationalpasses stand noch aus. Die Ausländerbehörde jedoch erschwerte genau diese über Monate bewusst und verhinderte so, dass Ali K. eine Aufenthaltserlaubnis erhielt.

Simon Wittekindt, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:

Bei gutem Willen hätte der Landkreis mit dem Betroffenen zusammen eine Lösung herbeiführen und ein Bleiberecht erteilen können. Es ist geradezu lächerlich, wenn der Landkreis behauptet, er sei zu einer Abschiebung gezwungen, wenn wie in diesem Fall die Möglichkeiten für eine Lösung offenkundig auf der Hand lagen. Es fehlten nicht die rechtlichen Möglichkeiten, es fehlte der entsprechende Wille!“

Die Äußerungen der Ausländerbehörde Verden sind geprägt von unsachlichen und irreführenden Aussagen. So wurde etwa suggeriert, eine Abschiebung von Ali K. sei ab 2019 daran gescheitert, dass er keinen Pass vorgelegt hätte. Das ist schlicht falsch: Nach dem Irak-Krieg waren Abschiebungen in den Irak gemäß Erlass vom 29.03.2007 ausgeschlossen. Mit Erlass vom 23.09.2020 wurde dann geregelt, dass nur Straftäter*innen und Gefährder*innen in den Irak abgeschoben werden sollten. Erst mit Erlass vom 10.04.2024 sind Abschiebungen in den Irak wieder grundsätzlich möglich. Mit oder ohne den irakischen Pass hätte eine Abschiebung vorher also gar nicht stattfinden können.

Wir müssen festhalten, dass sich die niedersächsische Abschiebepolitik endgültig an der vielfach verkündeten migrationspolitischen Härte orientiert. Das Signal, das von solchen Abschiebungen ausgeht, ist ein fatales. Es verbreitet Verunsicherung und Angst davor, auch nach Jahren in Deutschland noch jederzeit aus dem Leben gerissen zu werden. Es ist wichtig wie nie, dieser Politik eine starke, menschenrechtsorientierte Stimme entgegnen zu setzen“ – so Wittekindt weiter.

Angehörige berichten, dass die Abschiebung von Ali. K. mit völlig ungerechtfertigtem Zwang durchgeführt wurde. So sei Herr K. u.a. an Händen und Füßen sowie mit einem Gürtel um den Bauch gefesselt worden. Die beteiligten Polizeibeamt*innen seien teilweise vermummt gewesen, sodass nur die Augen zu sehen waren. Er habe die Abschiebung als absolut demütigend und entwürdigend empfunden.

Gegen die Abschiebung von Ali K. hatte es breiten Protest von Freund*innen, Kolleg*innen, Angehörigen und Unterstützer*innen und eine Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis Langenhagen am Flughafen Hannover gegeben. Weitere Informationen zu der Abschiebung finden Sie in unserer Pressemitteilung vom 20.08.2025.

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