Auf die Naturkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet folgt derzeit eine menschengemachte Katastrophe: Lebensrettende Hilfe bleibt insbesondere in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten Nordsyriens weitgehend aus.
PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, Druck auf die Türkei auszuüben, die Grenzübergänge zu den Gebieten zu öffnen und verletzte Menschen sowie Betroffene mit familiären Verbindungen in Deutschland unbürokratisch aufzunehmen.
Alleingelassen
Auf die Naturkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet folgt derzeit eine menschengemachte Katastrophe: Während die Weltgemeinschaft Hilfe anbietet und Rettungsmaßnahmen auf türkischer Seite laufen, werden die vom Erdbeben betroffenen Menschen in Nordsyrien alleingelassen. Hier leben die meisten Binnenflüchtlinge, die vor Assads Regime geflohen sind. Bis jetzt gibt es in diesen Gebieten keine koordinierten Rettungseinsätze. Dabei macht die bereits vor dem Erdbeben fehlende Infrastruktur die humanitäre Situation noch dramatischer. Menschen graben mit den bloßen Händen nach ihren Familienangehörigen. Tausende von Menschen, Kinder und Familien, haben ihr Zuhause erneut verloren und sind derzeit bei bitterer Kälte obdachlos. Es fehlt an medizinischer Versorgung für die Schwerverletzten und an notwendigen Geräten zur Bergung von noch lebenden Menschen.
Grenzübergänge öffnen! Unbürokratische Aufnahme von Schutzsuchende ermöglichen
Erst gestern konnte ein erster UN-Hilfskonvoi den Grenzübergang Bab El-Hawa Richtung Syrien passieren. PRO ASYL liegen Berichte vor, dass das syrische Regime die humanitäre Hilfe in den oppositionellen Gebieten verweigert. Humanitäre Hilfe darf nicht instrumentalisiert werden, nicht von Assad, aber auch nicht von Erdogan. Für die Binnenflüchtlinge im syrischen Erdbebengebiet müssen Fluchtkorridore eröffnet werden.
Laut aktuellen Informationen vom Auswärtigen Amt können zwar Erdbebenopfer für die nächsten Monate bei Angehörigen in Deutschland unterkommen. Um das dafür notwendige Besuchsvisum zu beantragen, brauchen sie aber Zugang zu den deutschen Botschaften in den Nachbarländern.
Bei Visavergabe signalisierte heute Vertreter des Bundesinnenministeriums die Bereitschaft, die Prozesse zu beschleunigen. Die Visastellen würden die schwierige Lage berücksichtigen. Man wolle den Menschen zügig unter anderem mit kürzeren Besuchsvisa, aber auch länger gültigen Aufenthaltsgenehmigungen helfen.
Alle Kampfhandlungen müssen sofort gestoppt werden!
Sowohl die türkische Nachrichten Agentur Anadolu, als auch unabhängige Medien berichten, dass nach den Erdbeben am Montag, türkische Angriffe auf Ziele nördlich von Aleppo fortgesetzt wurden. Den Berichten zufolge wurde die Region außerdem von Angriffen des syrischen Machthabers Assad zusätzlich erschüttert. Die Gebiete wurden von dem Erdbeben schwer getroffen, auch hier haben viele Binnenvertriebene Zuflucht gefunden. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass die humanitäre Katastrophe durch militärische Angriffe verschärft wird.
Wir fordern die deutsche Bundesregierung daher dringend auf:
- Die humanitäre Hilfe nicht an die Zustimmung des Regimes in Syrien zu knüpfen.
- Politischen Druck auf die Türkei auszuüben, den Grenzübergang Bab El-Hawa offen zu halten und weitere Grenzübergänge einerseits für die humanitäre Hilfe nach Syrien, aber auch für Menschen, die sich in Sicherheit bringen wollen, zu öffnen.
- Die Fortsetzung der Kampfhandlungen durch den syrischen Machthaber Assad und den türkischen Präsidenten Erdogan aufs schärfste zu verurteilen und sich für ein Ende dieser einzusetzen.
- Sich auf internationaler Ebene für einen koordinierten Einsatz in Nordsyrien einzusetzen.
- Verletzte Menschen und besonders vulnerable Personengruppen mit familiären Verbindungen nach Deutschland unbürokratisch aufzunehmen.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...