Bundesregierung: AsylbLG-Leistungen sind verfassungswidrig!

Der Wortlaut der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zum AsylbLG verdeutlicht, dass auch die Bundesregierung inzwischen von der Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes überzeugt ist, siehe hier. Gleichwohl verweigert die Bundesregierung eine sofortige Neuberechnung der Leistungen für Flüchtlinge und spielt auf Zeit.

Eine detaillierte Auswertung der Antwort der Bundesregierung von Thomas Hohlfeld, Mitarbeiter der Linksfraktion im Bundestag, findet sich hier. Nachfolgend ein informativer Artikel zum Thema aus der Süddeutschen Zeitung vom 17.10.2010:

SZ vom 17.10.2010: Neuberechnung der Hilfe für Flüchtlinge

Von R. Preuß

Die Linke nennt es einen „Verfassungsbruch“ – nun sieht sich die Bundesregierung gezwungen, die Leistungen für 80.000 Flüchtlinge neu zu berechnen.

Die Sozialleistungen für Asylbewerber und weitere Flüchtlinge verstoßen nach Einschätzung der Bundesregierung gegen das Grundgesetz und müssen neu berechnet werden. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Darin heißt es, dass die Höhe der üblichen Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz „auf der Grundlage von Kostenschätzungen“ bestimmt worden sei. Diese Art der Festsetzung entspreche „nicht den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts“ zur Ermittlung der Hartz-IV-Sätze vom Februar dieses Jahres.

Letzte Woche demonstrierten Asylbewerber in Augsburg für bessere Lebensverhältnisse – jetzt räumt die Bundesregierung nach einer Anfrage der Linken ein, dass die Sozialleistungen für Flüchtlinge neu berechnet werden müssen. (© dpa)

Damals hatten die Verfassungsrichter das Verfahren zur Ermittlung der Sätze als verfassungswidrig verworfen, weil diese ebenfalls geschätzt worden waren. Stattdessen hatten die Richter verlangt, die Sätze mit Hilfe einer transparenten und nachvollziehbaren Methode festzulegen. Diese Maßstäbe sind nach Einschätzung des Bundesregierung auch auf die Leistungen für Asylbewerber anzuwenden. Das heißt, der Bedarf der Flüchtlinge muss so wie im Fall der Hartz-IV-Bezieher neu ermittelt werden. Vergangenes Jahr erhielten gut 121.000 Ausländer Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Taschengeld von 40,90 Euro monatlich

Ein Drittel von ihnen erhielt Geld in Höhe der Sozialhilfe. Zwei Drittel, 80.000 Menschen, bekamen die sogenannte Grundleistung, die um etwa 33 Prozent unter dem Hartz-IV-Satz bei 225 Euro im Monat liegt. In der Regel handelt es sich um Asylbewerber oder abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden können. Viele Empfänger bekommen eine Unterkunft sowie Essenspakete und müssen mit einem Taschengeld von 40,90 Euro monatlich auskommen. Die Sätze sind seit Einführung des Gesetzes 1993 nicht erhöht worden. Ziel war es, die Kosten für die damals hohe Zahl an Asylbewerbern einzudämmen.

Seitdem hatten verschiedene Bundesregierungen die im Vergleich zu Hartz IV deutlich niedrigeren Leistungen stets damit begründet, dass sich die Flüchtlinge in der Regel nur vorübergehend im Land aufhalten und deshalb keine Bedürfnisse für eine bessere soziale Integration anerkannt würden. Im Laufe der Jahre haben die verschiedenen Regierungskoalitionen den Begriff „vorübergehend“ immer weiter gedehnt. Nachdem Flüchtlinge anfangs nur ein Jahr lang unter das Gesetz fielen, gilt es mittlerweile vier Jahre lang, in einigen Fällen sogar länger.

„Seit 1993 andauernder Verfassungsbruch“

Im Schnitt wird die Unterstützung der Bundesregierung zufolge nun gut drei Jahre lang ausgezahlt. In ihrer Antwort räumt die Bundesregierung ein, dass bei der Verlängerung der Geltungsdauer der „Gedanke der Kosteneinsparung“ in „den Vordergrund trat“. Zugleich vermied sie eine konkrete Aussage dazu, welchen Bedarf eines Flüchtlings sie anerkennt. Die Leistungen für Flüchtlinge würden nun überprüft, eine Neuregelung sei jedoch erst für die Zeit nach einer Hartz-IV-Reform geplant.

Die Initiatorin der Anfrage, die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, forderte dagegen, den „seit 1993 andauernden Verfassungsbruch“ sofort zu beenden. Das Asylbewerberleistungsgesetz müsse abgeschafft werden. „Schutzsuchende sollen arbeiten dürfen und bei Bedarf Unterstützung erhalten wie alle anderen auch“, sagte sie der SZ.

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