Bremer Erlass: Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen

Niedersächsisches Innenministerium: Gesetzliche Bleiberechtsregelung kommt
Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert sofortigen Abschiebungsstopp

Der bereits angekündigte Bremer Erlass zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG an geduldete Flüchtlinge aus humanitären Gründen ist nun veröffentlicht worden. Dem Erlass zufolge soll eine Aufenthaltserlaubnis immer dann erteilt werden können, wenn „die Beendigung des Aufenthalts für den Ausländer unzumutbar ist, weil die soziale und wirtschaftliche Integration des Ausländers zu einer starkten Verwurzelung im Bundesgebiet geführt hat“. Voraussetzung ist weiterhin, dass Beziehungen zum Herkunftsland nicht bestehen bzw. wenig ausgeprägt sind. Der Erlass bezieht sich insbesondere, aber nicht nur auf hier geborene bzw. aufgewachsene Kinder und Jugendliche, die mindestens vier Jahre eine deutsche Schule besucht haben. Den Ausländerbehörden wird aufgegeben, eine Abwägung zwischen den Integrationsleistungen einerseits und den Gründen andererseits vorzunehmen, die für eine Beendigung des Aufenthalts sprächen, wobei insbesondere auf Straftaten abgestellt wird.

Ausdrücklich nimmt der Erlass Bezug auf die zu beachtenden Erteilungsvoraussetzungen des §5 AufenthG sowie auf Ziffer 25.5.0 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz.

Von den in § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Voraussetzungen (Sicherung des Lebensunterhalts, Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit, Nichtvorliegen eines Ausweisungsgrundes, Erfüllung der Passpflicht, Einreise mit Visum) kann freilich gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 unter anderem im Rahmen einer Aufenthaltsgewährung nach § 25 Abs. 5 auch abgesehen werden. Ziffer 25.5.0 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz sieht als wesentliche Einschränkung vor, dass Personen keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten können, deren Asylantrag gem. § 30 Abs. 3 AsylVerfG als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde (§10 Abs. 3 AufenthG).

Unter dem Strich ist der Erlass erfreulich, weil er nur wenige formale Ausschlussgründe benennt und insbesondere auf den in früheren Bleiberechtsregelungen sowie in der ausgelaufenen gesetzlichen Altfallregelung festgeschriebenen Ausschluss bei „Nichtmitwirkung“ oder „Täuschung“ verzichtet, solange diese Handlungen nicht zu einer strafrechtliche Verurteilung führten. Problematisch erscheint das den Ausländerbehörden eingeräumte, weite Ermessen hinsichtlich der Bewertung von Integrationsleistungen sowie der Ausschluss bei bestehenden Bindungen ins Herkunftsland.

Auf Nachfrage erklärte das niedersächsische Innenministerium, man werde sich der Bremer Praxis nicht anschließen, da es sich dabei faktisch um eine Bleiberechtsregelung handele, die jedoch nach § 23 AufenthG gesetzlich zu regeln sei und nicht auf der Grundlage einer Erlassregelung nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Eine solche gesetzliche Regelung, wie sie Niedersachsen bereits im vergangenen Jahr bezogen auf Kinder und Jugendliche vorgeschlagen habe (siehe hier), werde derzeit auf Bundesebene vorbereitet und im nächsten Jahr im Rahmen einer Novellierung des Aufenthaltsgesetzes wohl auch umgesetzt.

Im Vorgriff auf eine solche gesetzliche Regelung fordert der Flüchtlingsrat die Landesregierung auf, umgehend einen Abschiebungsstopp für alle Flüchtlinge zu verhängen, die potenziell von einer solchen Regelung profitieren könnten: Dazu gehören nach Auffassung des Flüchtlingsrats alle Flüchtlinge, die seit fünf Jahren in Deutschland leben. Familien mit Kindern sollten nach dreijährigem Aufenthalt ein Bleiberecht erhalten, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach zwei Jahren. Traumatisierte und Opfer rassistischer Anschläge sollten ein Bleiberecht ohne Fristsetzung erhalten.

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