von Thomas Hohlfeld, Referent für Migration/Integration/Flüchtlinge der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
2015 und 2016 wurden zur Verfahrensbeschleunigung zehntausende Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Eritrea mit sehr hohen Anerkennungschancen (99-100%) im so genannten „Fragebogenverfahren“, d.h. ohne mündliche Anhörung durch das BAMF, anerkannt – was in solchen Konstellationen rechtlich zulässig und ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 14 Abs. 2 der EU-Asylverfahrens-Richtlinie).
Im Nachhinein wurde vielfach der Eindruck erweckt, diese Anerkennungen seien häufig zu Unrecht erfolgt, weil Schutzsuchende nur hätten ankreuzen müssen, dass sie aus einem der genannten Länder kommen, um einen Schutzstatus zu erhalten. Sogar von einer „Risikogruppe“ war diesbezüglich die Rede. Dieses Zerrbild war schon immer falsch, denn auf eine Anhörung wurde nur verzichtet, wenn keine Zweifel an der Identität und Herkunft der Betroffenen im Einzelfall bestanden. Dennoch wurden zahlreiche Gesetzesverschärfungen und der Ausbau des BAMF zu einer „Widerrufsbehörde“ (BAMF-Chef Sommer) mit der angeblichen Notwendigkeit einer besonderen Überprüfung dieser Anerkennungen im Fragebogenverfahren begründet.
Aktuelle Zahlen der Bundesregierung belegen nun, dass die unkompliziert vorgenommenen Anerkennungen im Fragebogenverfahren einer Überprüfung zu fast 100 Prozent standhalten: Nachträgliche Befragungen der Betroffenen durch das BAMF im Jahr 2019 ergaben, dass der vor Jahren gewährte Schutzstatus zu 99,6 Prozent Bestand hatte! Nur 0,7 Prozent aller nachträglich überprüften Dokumente wurden als ge- oder verfälscht beanstandet, was nicht bedeutet, dass die Betroffenen über ihre Herkunft, Identität oder Schutzbedürftigkeit getäuscht hätten – hierzu kann die Bundesregierung keine Angaben machen.
Bewertung Ulla Jelpke:
„Die hunderttausendfachen pauschalen Widerrufsprüfungen sind nichts als sinnlose Schikane, wie es sie in fast keinem anderen europäischen Land gibt. Eine Beendigung dieses flüchtlingsfeindlichen Unfugs würde eine Verunsicherung schutzbedürftiger Flüchtlinge und die immense Ressourcenverschwendung im BAMF gleichermaßen vermeiden. Die 800 ausschließlich mit Widerrufsprüfungen Beschäftigten wären weitaus besser zur Qualitätsverbesserung und Verfahrensbeschleunigung im BAMF eingesetzt.“
siehe hierzu ausführlich:
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