Hinweise des niedersächsischen Innenministeriums zur Erteilung von Duldungen: Verschärfungen bei der Erteilung von Ausbildungsduldungen

Das niedersächsischen Innenministerium (MI) hat in einem Erlass mit Datum vom 27.09.2017 den Ausländerbehörden die Hinweise des Bundesinnenministeriums (BMI) zur Erteilung von Duldungen nach § 60a AufenthG mit Ergänzungen durch das MI übermittelt.
Zugleich hat das MI darauf hingewiesen, dass der Erlass vom 16.02.2017 zur Umsetzung der Ausbildungsduldung aufgehoben wird. Es gelten für die Ausbildungsduldung also ab sofort die Hinweise des BMI mit den entsprechenden Ergänzungen des MI, die in blauer Kursivschrift hervorgehoben sind.
Anwendungshinweise zur Erteilung von Duldungen siehe hier
Anschreiben des MI vom 27.09.2017 an die Ausländerbehörden siehe hier

Vor dem Hintergrund seiner Tätigkeiten in Arbeitsmarktprojekten und im Kinder- und Jugendprojekt „Durchblick“ hat sich der Flüchtlingsrat zunächst v.a. die Anwendungshinweise für die Ausländerbehörde in Bezug auf die Umsetzung der Ausbildungsduldung angesehen und kommt dort zu folgender vorläufigen Bewertung:
Der Flüchtlingsrat ist darüber enttäuscht, dass seine Anregungen zur liberaleren Umsetzung der Ausbildungsduldung vom MI nicht aufgenommen wurden. Konkret betrifft dies insbesondere Menschen aus den sog. „sicheren Herkunftsstaaten“. Nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erhalten sie keine Beschäftigungserlaubnis, wenn sie den Asylantrag nach dem 31.08.2015 gestellt hatten und dieser abgelehnt wurde. Bisher vertrat das MI die Auffassung, dass nicht das Datum der förmlichen Asylantragstellung beim BAMF ausschlaggebend sei, sondern der Zeitpunkt der Registrierung in der Erstaufnahmeeinrichtung, der zumeist deutlich vor der förmlichen Antragstellung lag.

Zudem können die Ausländerbehörden bei Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ ab sofort (mit Inkrafttreten des Erlasses des MI) entscheiden, dass diese auch dann keine Ausbildungsduldung mehr erhalten, wenn sie den Asylantrag vor der Entscheidung durch das BAMF zurücknehmen sollten (der Erlass lässt den Ausländerbehörden aber weiterhin das Ermessen offen, in diesen Fällen eine Ausbildungsduldung zu erteilen). Weiterhin können die Ausländerbehörden Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“  eine Ausbildungsduldung verweigern, wenn überhaupt kein Asylantrag gestellt wurde (auch in diesen Fällen können die Ausländerbehörden im Rahmen des Ermessen auch zu Gunsten der Betroffenen entscheiden). Dies könnte v.a. unbegleitete Minderjährige betreffen, die bis zur Volljährigkeit nicht abgeschoben werden dürfen. Wir kritisieren, dass explizit unbegleitete Minderjährige in dieser Regelung benannt werden und auch das niedersächsische Innenministerium die Vorgaben des BMI uneingeschränkt übernimmt. Der Vorrang jugendhilferechtlicher Bestimmungen darf nicht in Form solcher Vorgaben ausgehebelt und missachtet werden. Auch bei der Abwägung über die Stellung eines Antrags im Asylverfahren muss das Wohl des Kindes/Jugendlichen als tragender Grundsatz berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes kann demnach u.a. die persönliche Situation, individuelle Perspektivklärung sowie mitunter körperliche und/oder psychische Verfassung des Kindes/Jugendlichen eine spätere Antragstellung oder Antragsrücknahme begründen. Mit dem vorliegenden Erlass werden weitere Hürden geschaffen, die Perspektiven und Integration massiv einschränken und dazu führen, dass Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben und die jungen Menschen vor einer ungewissen Zukunft stehen. Wir erwarten, dass die Ausländerbehörden auf Grundlage der obersten Maxime des Kindeswohls den Zugang zur Ausbildung auch weiterhin ermöglichen.

Verschärfungen gibt es auch bzgl. der Frage, wann „konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung“ vorliegen, die Grund sind, eine Ausbildungsduldung nicht mehr zu erteilen. Nun eröffnet das MI den Ausländerbehörden das Ermessen insoweit, dass die Beschaffung von Passersatzpapieren als „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ gewertet werden können, „wenn eine Beantragung von Passersatzpapieren eingeleitet wurde und der jeweilige Herkunftsstaat erfahrungsgemäß diese in einer angemessenen Zeit ausstellen wird“. Das MI hatte in der Vergangenheit den Ermessensspielraum für die Ausländerbehörden viel stärker eingeschränkt. So war in einem Erlass vom 06.09.2016 noch zu lesen, dass keine „konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ vorlägen, wenn dem Landeskriminalamt noch kein entsprechendes Abschiebungsersuchen übermittelt wurde. Auch hier also eine restriktivere Auslegung des niedersächsischen Innenministeriums gegenüber seiner früheren Haltung.

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