Vorstellung des aktuellen Berichts der Härtefallkommission

Das Niedersächsische Innenministeriums hat einen neuen Tätigkeitsbericht zur Arbeit der Härtefallkommission im Jahr 2016 veröffentlicht.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen beurteilt die Praxis der Härtefallkommission überwiegend positiv: Etliche Einzelfälle konnten über die Härtefallkommission gelöst werden. Die Zahl der positiven Entscheidungen entspricht mittlerweile der Praxis auch anderer Bundesländer – bis 2014 lag Niedersachsen weit hinter dem Durchschnitt aller Bundesländer – , und die Kriterien der Entscheidungsfindung orientieren sich stärker als vor 2014 an humanitären Aspekten.

Der Flüchtlingsrat begrüßt auch grundsätzlich die Zielsetzung des Landes, den gesetzlichen Möglichkeiten für eine Aufenthaltserlaubniserteilung Vorrang einzuräumen vor einer individuellen Entscheidung über die Härtefallkommission. Tatsächlich ist es sehr problematisch, dass die gesetzlichen Möglichkeiten zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts durch die Ausländerbehörden überaus zurückhaltend angewandt werden. Die bestehenden Bleiberechtsregelungen nach §25a (Altfallregelung für Jugendliche), §25b (Altfallregelung für Erwachsene und Familien) und §25 Abs. 5 AufenthG (Bleiberecht wegen Verwurzelung in Deutschland) bieten weit reichende Möglichkeiten für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts. Wir brauchen auch in Niedersachsen eine liberale Auslegung und Anwendung der Gesetze. Erst wenn ein Aufenthaltsrecht aus gesetzlichem Weg nicht erreichbar ist, sollte die Prüfung im Härtefallverfahren erfolgen.  Bevor ein Härtefallverfahren eingestellt wird, sollte jedoch sichergestellt werden, dass eine Anwendung der beschriebenen Rechtsgrundlagen durch die zuständige Ausländerbehörde tatsächlich erfolgen und ein Aufenthaltsrecht erteilt werden wird.

Eher kritisch sieht der Flüchtlingsrat die nachträglich von der Landesregierung ergänzten formalen Ausschlussgründe, insbesondere die 18-Monats-Frist: Aus Sicht des Flüchtlingsrats ist die Feststellung eines Härtefalls nicht unbedingt an eine bestimmte Aufenthaltsdauer gebunden. Auch die – überwiegend aus formalen Gründen erfolgte – Nichtzulassung von mehr als 50% aller Härtefallanträge zur Beratung erfüllt uns mit Sorge. Schließlich bedauern wir, dass der Innenminister in acht Fällen der Empfehlung der Härtefallkommission nicht gefolgt ist und den Härtefallantrag entgegen dem Votum der Härtefallkommission abgelehnt hat.

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Nachfolgend die Presseerklärung des nds. Innenministeriums zum Thema:

10 Jahre Härtefallkommission in Niedersachsen: 221 Personen erhalten 2016 über Härtefallkommission die Chance auf ein Bleiberecht

Die Härtefallkommission sorgt in Niedersachsen seit über zehn Jahren dafür, dass ausreisepflichtige Menschen aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen eine Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland erhalten können. 2016 sind 828 Eingaben bei der niedersächsischen Härtefallkommission eingegangen. Die unabhängige Kommission hat nach eingehender Prüfung 196 dieser Eingaben als begründet angesehen, darüber beraten und sich schließlich in 121 Einzelfällen aufgrund dringender humanitärer oder persönlicher Gründe für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland ausgesprochen. Dadurch erhielten 221 Personen (zum Beispiel auch Kinder oder Ehepartner der in der Kommission beratenen Personen) eine Chance auf ein Bleiberecht in Deutschland. Dabei handelte es sich um 75 Einzelpersonen, 13 Ehepaare und 32 Familien mit insgesamt 67 Kindern. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht 2016 hervor, den die niedersächsische Härtefallkommission heute (30.03.2017) veröffentlicht hat. Die niedersächsische Landesregierung hatte den Zugang zur Härtefallkommission 2013 durch Änderung der Verordnung (NHärteKVO) deutlich erleichtert, die Zahl der Eingaben ist seitdem deutlich gestiegen.

„Ich freue mich darüber, dass die Mitglieder der Härtefallkommission engagiert und in der Sache konstruktiv zusammenarbeiten“, so der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius. „Wie ausgewogen die Entscheidungen der Kommission sind, zeigt sich daran, dass ich auch in diesem Jahr den Ersuchen bis auf sehr wenige Ausnahmen folgen konnte. Ich freue mich aber auch, dass bei 120 Eingaben eine Beratung in der Kommission gar nicht mehr erforderlich war, weil die Betroffenen von der stichtagsunabhängigen Bleiberechtsregelung und anderen gesetzlichen Möglichkeiten profitieren konnten.“

Die Vorsitzende der Härtefallkommission, Anke Breusing, betont: „Die Kommission wird durch die Einführung der stichtagsunabhängigen Bleiberechtsregelung entlastet, aber wir haben dennoch viel zu tun. Unsere Aufgabe ist es leider auch, sehr schwere Entscheidungen zu treffen. Die Härtefallkommission leistet einen entscheidenden humanitären Beitrag für Lösungen, in denen die reine Rechtsanwendung zu Ergebnissen führt, die der Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt hat.“

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