AsylbLG ab 1. Januar 2017

von Claudius Vogt

Der Bundesrat hat im Dezember 2016 einer geplanten Änderung (im wesentlichen: Verschlechterung) des AsylbLG nicht zugestimmt. Daher bleiben die bisherigen Regelungen des AsylbLG bis auf weiteres auch in diesem Jahr gültig, bis nach Anrufen des Vermittlungsausschusses eine Gesetzesänderung in Kraft treten wird. Dies hat das Bundessozialministerium mitgeteilt.
Das bedeutet jedoch auch, dass wir nun bis auf weiteres wieder eine nicht sach- und realitätsgerecht festgesetzte Regelsatzhöhe haben, da die Bedarfe weder nach der aktuellen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe berechnet worden sind, noch eine turnusmäßige Erhöhung stattfindet.

Ein paar Hinweise dazu:

1. Die Höhe der AsylbLG-Regelsätze bleibt bis auf weiteres unverändert wie 2016. Erst mit (dem bislang nicht absehbaren) Inkrafttreten der Gesetzesänderungen werden die Regelbedarfe geändert, wobei die dann geltenden Regelungen im Detail noch unklar sind. Es bleibt also zunächst hierbei:

2. Personen, die keine Partner*innen sind, aber gemeinsam in einem Zimmer (z. B. einer Gemeinschaftsunterkunft) leben, müssen jeweils in Regelbedarfsstufe 1 eingeordnet werden. Hier ist jede einzelne Person als „alleinstehend“ zu bewerten. Falls dennoch Zimmergenoss*innen in einer Landeseinrichtung oder anderen Gemeinschaftsunterkunft in Regelbedarfsstufe 2 oder 3 eingeordnet werden sollten, sollten dagegen Rechtsmittel eingelegt werden. Die vom Bundestag geplante „sozialrechtliche Zwangsverpartnerung“ allein stehender, aber gemeinsam wohnender Erwachsener in Gemeinschaftsunterkünften (also Zuordnung zur RS 2) ist vom Bundesrat abgelehnt worden und somit nicht in Kraft getreten.

3. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen auch weitere haushaltsangehörige Erwachsene normalerweise der Regelbedarfsstufe 1 zugeordnet werden (z. B. BSG, Urteil vom 23. Juli 2014, B 8 SO 14/13 R.
Diese Entscheidung ist auf die Systematik des AsylbLG übertragbar. Es ist daher wohl auch im AsylbLG nicht mehr zulässig, haushaltsangehörige Erwachsene (z. B. volljährige Kinder) der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen, sondern sie müssen grundsätzlich in RS 1 einsortiert werden. Die vom Bundestag geplante ausdrückliche  Zuordnung von unter 25jährigen erwachsenen Kindern im Haushalt der Eltern zur Regelbedarfsstufe 3 ist bislang  nicht in Kraft getreten, somit fehlt es einer Rechtsgrundlage hierfür.

4. Zum 1. Januar 2017 ist neu die Möglichkeit zur Verpflichtung zum Integrationskurs für einige Leistungsberechtigte nach AsylbLG in Kraft getreten. Dies betrifft

  • Asylsuchende aus den „TOP-5-Staaten“ (Syrien, Iran, Eritrea, Irak, Somalia),
  • Personen mit einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG (dies sind nach Auskunft der Bundesregierung lediglich knapp zwei Prozent aller Geduldeten) sowie
  • Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, die noch dem AsylbLG unterliegen.

Die Möglichkeit zur Verpflichtung gilt auch für Leistungsbeziehende nach § 2 AsylbLG. Die Verpflichtung darf jedoch nur ausgesprochen werden an volljährige, erwerbsfähige aber nicht erwerbstätige Personen, die nicht mehr der Vollzeitschulpflicht unterliegen. Es wird eine Leistungskürzung nach § 1a Abs. 2 AsylbLG verhängt, wenn sie sich weigern, einen „für sie zumutbaren Integrationskurs aus von ihnen zu vertretenen Gründen aufzunehmen oder ordnungsgemäß am Integrationskurs teilzunehmen“. Es darf jedoch keine Leistungskürzung verhängt werden, wenn:

  • keine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen erfolgt ist, oder
  • sie wegen Erwerbsminderung, Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit nicht zum I-Kurs in der Lage sind, oder
  • sie ein der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 35 des Sechsten Buches) entsprechendes Lebensalter erreicht oder überschritten haben, oder
  • soweit dadurch die geordnete Erziehung eines Kindes gefährdet würde, oder dies wegen Pflichten durch die Führung eines Haushalts oder die Pflege eines Angehörigen nicht zumutbar ist, oder
  • die Person eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, eine Berufsausbildung oder ein Studium aufnimmt oder aufgenommen hat, oder
  • sie den Grund nicht zu vertreten hat (z.B.: es gibt gar keinen freien Platz), oder
  • ein anderer wichtiger Grund dargelegt und nachgewiesen wird.

Unabhängig davon widerspricht eine Leistungskürzung stets den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Für Asylsuchende ist eine Kürzung außerdem europarechtswidrig, da Art. 20 Abs. 1 Aufnahme-RL eine abschließende Aufzählung von Kürzungstatbeständen beinhaltet. Die Ablehnung einer „Sonstigen Maßnahme zur Integration“ zählt nicht dazu. Gegen eine Leistungskürzung sollten daher stets Rechtsmittel (Widerspruch und Eilantrag beim Sozialgericht) eingelegt werden.

Claudius Voigt
Projekt Q – Büro für Qualifizierung der Flüchtlings- und Migrationsberatung
Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA Flüchtlingshilfe)

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