Stadt Wolfsburg will schwerkranke Frau gegen ärztliche Weisung abschieben

Die Stadt Wolfsburg will am kommenden Montag eine schwerkranke, transportunfähige Frau nach Polen abschieben, obwohl das Klinikum der Stadt Wolfsburg und die behandelnde Fachärztin ausdrücklich bestätigen, dass die Betroffene auf Monate nicht transportfähig ist. Dies geht aus einer Presseerklärung des Rechtsanwalts Michael Anding von heute hervor. Eine Antwort des niedersächsischen Innenministeriums auf unsere Bitte um Aussetzung der Abschiebung steht noch aus. Grundsätzlich ist festzustellen:

  1. Nach Aussagen des niedersächsischen Innenministeriums haben die Ausländerbehörden qualifizierte fachärztliche Auskünfte zu berücksichtigen. Die Ausländerbehörde hat weder die Kompetenz noch das Recht, in eigener Machtvollkommenheit und gegen das Votum der behandelnden Ärzte das Vorliegen von „Reisefähigkeit“ zu konstatieren.
  2. In den letzten zehn Jahren hat das Land unter dem ehemaligen Innenminister Uwe Schünemann einiges unternommen, um mehr kranke und traumatisierte Flüchtlinge abzuschieben. Kranken Flüchtlingen wurden Medikamente mitgegeben, medizinisches Personal wurde kranken Flüchtlingen zur Ermöglichung von Abschiebungen auf Abschiebungsflügen zur Seite gestellt, und die Ausländerbehörden wurden angewiesen, dass die Reisefähigkeitsprüfung auf die Frage zu beschränken sei, ob ein Flüchtling die Abschiebung ohne schwerwiegenden Schaden physisch überlebt. Dagegen haben sich die Ärzteverbände immer wieder gewehrt und in manchen Bundesländern – etwa in NRW – durchsetzen können, dass eine Überprüfung ggfs. vorliegender Erkrankungen dem ärztlichen Ethos entsprechend umfassend erfolgt. Eine solche Regelung steht in Niedersachsen noch aus.
  3. Bereits in den letzten Wochen ist es in Einzelfällen zu Protesten wegen der Einleitung von Abschiebungen trotz schwerwiegender Erkrankungen gekommen (siehe hier). Die Stadt Wolfsburg kann sich nicht hinter der Zuständigkeit des BAMF verstecken, das lediglich für den Dublin-Bescheid zuständig ist, nicht jedoch für die Prüfung der Reisefähigkeit. Hier ist die Ausländerbehörde der Stadt Wolfsburg gefragt und ggfs. das Land Niedersachsen gefordert, im Rahmen der Fachaufsicht den Vollzug von Abschiebungen schwerkranker Flüchtlinge zu stoppen und die Ausländerbehörden zu einer rechtsstaatlichen und verhältnismäßigen Verwaltungspraxis anzuhalten.

Kai Weber


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