Am 07.06.2013 beschloss der Bundestag bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE ein Gesetz zur Umsetzung der sogenannten EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU.
Folgende Änderungen bringt dieses Gesetz mit sich: Der europäische subsidiäre Schutz wird ins Asylverfahren eingegliedert:
Aufwertung des Status’ von Personen, die bislang wegen völkerrechtlicher Konventionen (EMRK, Anti-Folter-Konvention) subsidiären Schutzes erhalten haben
- Aufnahme des europäischen subsidiären Schutzes in das Asylverfahrensgesetz [bisher nur in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG geregelt, fiel aber NICHT unter Dublin VO – jetzt schon]
- rechtliche Gleichstellung mit GFK-Flüchtlingen in einigen Bereichen: z.B. beim BAföG-Anspruch und beim Familienasyl nach § 26 AsylVfG.
- Das bedeutet, dass künftig auch nicht verheiratete Lebenspartner, Eltern minderjähriger Kinder, minderjährige ledige Geschwister und andere sorgeberechtigte Erwachsene Anspruch auf den Status des Begünstigten haben
Nachteilig: Anträge auf europäischen subsidiären Schutz sind auch Asylanträge und werden vom BAMF bearbeitet. Isolierte Schutz-Anträge fallen damit auch unter die Ausschlussregelungen des § 10 Abs. 3 AufenthG, und bei späterer Beantragung sind sie keine Wiederaufgreifensanträge mehr, sondern Asylfolgeanträge. Die Änderung hat weiterhin zur Folge, dass auch Flüchtlinge, die nur einen Antrag auf europäischen subsdiären Schutz stellen, grundsätzlich verpflichtet sind, eine Aufnahmeeinrichtung aufzusuchen.
[Es bleibt aber möglich, bei den Ausländerbehörde einen isolierten Antrag auf nationalen subsiären Schutz zu stellen – etwa aufgrund von Krankheiten.]
Keine Gleichstellung mit GFK-Flüchtlingen in folgenden Bereichen
- Kein Rechtsanspruch auf Familiennachzug (es bleibt bei einer Ermessensentscheidung). Das heißt insbesondere, dass kein Anspruch besteht, von der Lebensunterhaltssicherung abzusehen!
- Aufenthaltserlaubnis wird weiterhin nur für ein Jahr erteilt (Verlängerung: 2 Jahre)
- eine Niederlassungserlaubnis wird erst nach 7 Jahren erteilt und nicht wie bei GFK-Flüchtlingen bereits nach 3 Jahren. Nach 5 Jahren kann aber der Daueraufenthalt-EU beansprucht werden.
Familienasyl:
Anerkennung als GFK-Flüchtlinge auch für
- nicht verheiratete Lebenspartner
- Eltern minderjähriger Kinder
- minderjährige ledige Geschwister
- andere sorgeberechtigte Erwachsene
Arbeitsmarktzugang:
- das generelle Arbeitsverbot für Asylsuchende wird von 12 auf 9 Monate reduziert. Diese im letzten Moment aufgenommene Änderung ist aber nicht verzahnt mit der neuen BeschV – die den Arbeitsmarktzugang vom 1. Juli an bis zum 1. Dezember für Gestattete erst nach 12 Monaten zulässt – siehe § 32 Abs. 4 BeschV
Rechtsschutz bei Dublin-II-Rücküberstellungen:
- künftig muss vor Rücküberstellungen in EU-Mitgliedstaaten eine einwöchige Frist gewährleistet werden, vor der eine Abschiebung nicht zulässig ist ( §34a Abs.2 AsylVfG)
Es gilt zu beachten, dass eine Klage hier zunächst keine aufschiebende Wirkung hat, sondern gleichzeitig ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden muss.
Rudimentäre Verbesserungen gibt es im Hinblick auf die Voraussetzungen dafür, dass die Hürden für die Ablehnung eines Asylantrags aufgrund der Alternative einer inländischen Flucht erhöht wurden. Außerdem werden staatliche Akteure nicht grundsätzlich als schutzgebende Akteure betrachtet, sondern nur, wenn sie auch in der Lage und gewillt sind, Schutz zu bieten.
Das Gesetz wird zum 1.Dezember 2013 in Kraft treten.
gez. Henriette Lange
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