Skandalöse Zusammenarbeit des Verwaltungsgerichts Oldenburg mit Ausländerbehörden

Die 11. Kammer des VG Oldenburg hat gegenüber den Ausländerbehörden in seinem Bezirk die Bitte geäußert, unangekündigte Abschiebungen dem Gericht vorab mitzuteilen, die Verwaltungsvorgänge vorab zu übersenden und ihm gegebenenfalls auch einen Schutzbrief im Hinblick auf einen zu erwartenden Eilantrag des Ausländers zu hinterlegen. Die Ausländerbehörde Vechta bestätigt diese fragwürdige Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Richtern des VG Oldenburg: Aus einem Schreiben der Ausländerbehörde an das Innenministerium geht hervor, dass „die Entscheidung, die Abschiebung nicht vorab anzukündigen, … ausdrücklich mit dem Gericht abgesprochen“ sei.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg verteidigt die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde hinter dem Rücken der betroffenen Flüchtlinge und ihrer Anwälte mit der Begründung, unangekündigte Abschiebungen seien schließlich „nicht generell verboten“ und von seiner Kammer „auch schon mehrfach gebilligt“ worden. Die Ausländerbehörden seien von der Kammer „lediglich gesprächsweise gebeten worden“, dem Gericht unangekündigte Abschiebungen vorab mitzuteilen. Hieraus habe sich „inzwischen eine weitgehend … geübte Praxis ergeben.“

Der Flüchtlingsrat hält diese Vorgehensweise für fragwürdig: Die Richter machen sich zu Mitwissern geheim gehaltener Informationen, die einer Partei – den Flüchtlingen und ihren Anwälten – bewusst vorenthalten werden, und verletzen auf diese Weise das Gebot richterlicher Unabhängigkeit. Unangekündigte Abschiebungen sind ohnehin indiskutabel, sie verletzen die Menschenwürde der betroffenen Flüchtlinge. Die neue niedersächsische Landesregierung lehnt daher unangekündigte Sofortabschiebungen grundsätzlich ab.

Im vorliegenden Fall, über den die skandalöse Zusammenarbeit von Richtern der 11. Kammer des VG Oldenburg mit den Ausländerbehörden bekannt wurde, geht es um eine Roma-Familie, die seit Mitte der 90er in Deutschland lebt und deren beide Töchter gut in deutsche Schulen integriert sind. Die Ausländerbehörde in Vechta besteht dennoch auf einer Abschiebung auf Grund angeblich unzureichender Integrationsbemühungen der Eltern und unter Bezugnahme auf das Rücknahmeabkommen mit der Republik Kosovo.

Rechtsanwalt Sürig wirft dem zuständigen Richter und der gesamten 11. Kammer daher Befangenheit vor. Das Gericht verstoße durch die heimliche Absprache mit der Ausländerbehörde gegen seine Neutralität.

Das Verwaltungsgericht verteidigt sich in seiner Stellungnahme gegenüber den Vorwürfen mit der Begründung, diese Vorgehensweise erscheine „gerade im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes für den betroffenen Ausländer empfehlenswert“. Die Eilanträge gegen unangekündigte Abschiebung, so weiter in der Stellungnahme, würden naturgemäß sehr kurzfristig gestellt werden, eine bereits vollzogene Einsichtnahme in die Unterlagen würde sicherstellen können, dass die Entscheidung auf den Eilantrag „ rechtzeitig und aufgrund einer umfassenden Kenntnis aller rechtlichen und tatsächlichen Aspekte des Falls ergehen kann“.

Unberücksichtigt bleibt in dieser Argumentation freilich, dass die Information des Gerichts einseitig über die Akten der Ausländerbehörde erfolgt, während der vom Abschiebungstermin nicht informierte Flüchtling allenfalls in den Stunden vor dem Abschluss der unangekündigten Abschiebung noch per Fax in aller Eile Informationen an das Gericht einreichen kann. Überdies legitimiert die gerichtliche Vereinbarung mit den Ausländerbehörden die Praxis unangekündigter Abschiebungen, statt sie in Frage zu stellen. Es liegt auf der Hand, dass eine Ankündigung des Abschiebungstermins gegenüber den betroffenen Ausländern und deren Prozessbevollmächtigen auch die rechtzeitige Einleitung von Eilanträgen ermöglichen würde und damit dem Interesse einer Gewährleistung von effektivem Rechtsschutz viel besser dienen würde.

Die Nord- West Zeitung Oldenburg veröffentlichte am 23.04.2013 den Artikel „Richter sehen Kollegen als befangen an“:
http://www.nwzonline.de/wirtschaft/weser-ems/richter-sehen-kollegen-als-befangen-an_a_5,1,744336666.html

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