Bleiberecht und Chancenaufenthaltsrecht in Niedersachsen

„Bleiberecht“

Der Begriff des „Bleiberechts“ beschreibt die Möglichkeit für Langzeitgeduldete, eine sicherere Aufenthaltsperspektive zu erlangen. Wie unten deutlich wird, mangelt es v. a. an der praktischen Umsetzung der bestehenden Regelungen. Nur wenige Langzeitgeduldete erhalten tatsächlich eine Aufenthaltserlaubnis, die meisten bleiben stecken in einer „Kettenduldung“. Mit dem neuen Chancenaufenthaltsrecht und den Verkürzungen der Voraussetzungen beim Voraufenthalt für §§ 25a und b ist ein Schritt in die richtige Richtung getan. Wie im Folgenden noch aufgezeigt, wird aber bereits jetzt das Potential der vorhanden Bleiberechtsregelungen nicht voll ausgenutzt, die praktische Umsetzung der neuen Regelungen muss also forciert werden.

Entwicklung und Anteil Bleibeberechtigter an Geflüchteten

Der deutliche Anstieg der Kategorie Bleiberecht in den vergangenen Jahren ist in folgender Grafik nach den verschiedenen Aufenthaltstiteln differenziert (ausgenommen ist § 104a/b).


Trotz des stetigen und bei § 25b im Jahr 2022 auch sprunghaften Anstiegs, ist die Personengruppe der Bleibeberechtigten insgesamt gesehen äußerst klein:



*Ausgenommen sind Geflüchtete aus der Ukraine.


Eine besondere Problematik: Die Langzeitgeduldeten

Ein Problem in der Praxis stellt die Tatsache dar, dass etliche Langzeitgeduldete ein Bleiberecht nach § 25b bislang nicht in Anspruch nehmen konnten, obwohl sie die zeitlichen Voraussetzungen für ein Bleiberecht längst erfüllen. Bereits am 31.12.2021 lebten 3.249 Geduldete (und damit etwa 15% aller Geduldeten) mit einem Aufenthalt von 8 Jahren oder mehr in Niedersachsen.



Chancenaufenthaltsrecht

Im Frühjahr 2022 ist in Niedersachsen per Vorgriffserlass sichergestellt worden, dass niemand abgeschoben wird, der/die unter die geplante neue gesetzliche Bleiberechtsregelung fallen könnte. Mit dem sog. Chancenaufenthaltsrecht wird eine weitere Möglichkeit geschaffen, Geduldete in ein Aufenthaltsrecht zu bringen. Vorausgesetzt wird dabei, dass eine geduldete Person sich am 01. Januar 2022 seit mind. 5 Jahren in Deutschland aufhält. In Niedersachsen könnten schätzungsweise 10-15.000 Personen mit Duldung, also ca. die Hälfte aller Geduldeten, von diesem Chancenaufenthaltsrecht profitieren.*



*Die Ungenauigkeit der Schätzung ist auf die Kategorisierung der Aufenthaltsdauer in der Statistik zurückzuführen: die erste Zahl basiert auf der Summe von Geduldeten mit einem Aufenthalt von 6-7 oder 8 und mehr Jahren, die zweite Zahl beinhaltet zusätzlich Geduldete, die sich seit 4-5 Jahren in Deutschland aufhalten.

 

 

Quellen: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken im Bundestag für 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022, jeweils zum Stichtag 31.12.; Kleine Anfrage der Grünen an die Landesregierung Niedersachsen vom 26.01.2022;  Stellungnahme des nds. Innnenministeriums an die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe – 31. Sitzung am 5. Juli 2022.

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