Mehr Armut, schlechtere Gesundheit: 52 Organisationen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen – darunter Ärzte der Welt, AWO, Diakonie, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Paritätische Wohlfahrtsverband – warnen in einer gemeinsamen Stellungnahme vor den Folgen der geplanten Bürgergeldreform. Anlass ist die Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs zur „Neuen Grundsicherung“.
„Diese Maßnahmen werden niemandem helfen, Armut zu überwinden und in Arbeit zu kommen. Stattdessen werden sie den Druck auf zivilgesellschaftliche Strukturen und soziale Einrichtungen sowie auf das Gesundheitssystem erheblich erhöhen“, heißt es in dem Appell.
Der Gesetzesentwurf sieht eine faktische Kürzung der Grundsicherung vor, die künftig nicht mehr an die Inflation angepasst werden soll. Zudem sollen Menschen, die Termine versäumen, schärfer sanktioniert werden – bis hin zur vollständigen Streichung der Leistungen. Dabei deckt die Grundsicherung bereits heute nur das absolute Existenzminimum.
Besonders hart treffen die Reformen geflüchtete Menschen aus der Ukraine: Sie sollen rückwirkend ab dem 1. April nur noch die geringeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Das bedeutet, dass sie medizinisch nur noch bei akuten Erkrankungen, Schmerzen oder während Schwangerschaft und Geburt versorgt werden dürfen. Für alle anderen Behandlungen müssten sie gesondert Anträge beim Sozialamt stellen – was häufig zu Verzögerungen oder dem völligen Ausbleiben notwendiger medizinischer Hilfe führt.
Dabei hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach klargestellt: Jeder Mensch in Deutschland hat Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum – unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus. Schon heute wird die Versorgung vieler Menschen, maßgeblich durch ehrenamtliches Engagement, Hilfsorganisationen und private Spenden ermöglicht. Diese Ressourcen können den drohenden Sozialabbau nicht dauerhaft kompensieren.
Die Folge: Immer mehr Menschen leben in Armut und unter Bedingungen, die sie krank machen. Das belastet das Gesundheitssystem zusätzlich – personell, räumlich und finanziell. Ärzte der Welt verzeichnet bereits jetzt einen deutlichen Anstieg der Patientenzahlen in seinen ehrenamtlichen Praxen – ein Trend, der sich durch die geplanten Reformen weiter verschärfen dürfte.
Es wäre deutlich effizienter und menschlicher, von Anfang an eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen und sozialpolitisch für ein existenzsicherndes Einkommen zu sorgen. Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher eine Sozial-, Migrations- und Gesundheitspolitik, die alle Menschen in den Blick nimmt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt – statt ihn durch schädliche Symbolpolitik und verantwortungslosen Sozialabbau zu gefährden.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...