Ali K. droht nach 10 Jahren in Deutschland die Abschiebung in den Irak – Familie und Kolleg*innen fordern Bleiberecht

Haarsträubendes Vorgehen der Ausländerbehörde Verden – Flüchtlingsrat Niedersachsen empört über drohende Abschiebung von Herrn K. in den Irak

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. protestiert entschieden gegen die geplante Abschiebung von Ali K. in den Irak. Der 30-Jährige lebt der seit rund zehn Jahren in Deutschland und bestreitet seinen Lebensunterhalt seit acht Jahren eigenständig durch Erwerbstätigkeit. Herr K. erfüllt fast vollständig die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration. Einzig die Beantragung eines neuen Nationalpasses steht noch aus – diese scheiterte jedoch nicht an ihm, sondern an der Ausländerbehörde Verden.

Simon Wittekindt, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:

Wir sind entsetzt darüber, dass die Ausländerbehörde Verden mit fadenscheiniger Begründung einen fest in Niedersachsen verwurzelten Menschen mit aller Härte abschieben will. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum Herrn K. keine Aufenthaltserlaubnis für nachhaltige Integration erteilt wurde, obwohl nur noch die Erneuerung des abgelaufenen irakischen Passes fehlt. Deshalb protestieren wir entschieden gegen die Abschiebung und fordern die sofortige Entlassung aus dem Ausreisegewahrsam.“

Herr K. verfügt nachweislich über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse und hat den Test „Leben in Deutschland“ erfolgreich absolviert. Straftaten, die einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Seinen Lebensunterhalt sichert er seit mehreren Jahren eigenständig durch Erwerbstätigkeit. Seine Identität ist durch einen inzwischen abgelaufenen irakischen Nationalpass zweifelsfrei geklärt. Statt den Übergang in einen sicheren Aufenthaltstitel zu ermöglichen, hat die Ausländerbehörde Herrn K. jedoch über Monate Steine in den Weg gelegt.

So forderte sie von Herrn K. die Beantragung eines neuen Nationalpasses. Darum hat Herr K. sich mehrfach bemüht. Das irakische Konsulat hat ihm jedoch unmissverständlich mitgeteilt, dass eine Ausstellung oder Verlängerung nur erfolgen kann, wenn der alte Pass vorgelegt wird. Diesen hatte die Ausländerbehörde in Verwahrung. Herr K. hat deshalb wiederholt und in Anwesenheit seines Arbeitgebers – schließlich auch gegenüber dem Gericht – die Herausgabe seines Passes beantragt. Dies hat die Ausländerbehörde Verden jedoch ohne einen ersichtlichen Grund verweigert. Damit wurde Herrn K. die Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung objektiv unmöglich gemacht. Als Herr K. dann vergangene Woche erneut bei der Ausländerbehörde vorsprach, um nach seinem Pass zu fragen, wurde er überraschend in Ausreisegewahrsam genommen.

Der Rechtsanwalt Ayk Bielke, der Herrn K. in dem Verfahren vertritt, ist fassungslos:

Mir ist in meiner Laufbahn noch kein derartig aggressives Vorgehen einer Ausländerbehörde gegen jemanden, bei dem sich keinerlei Grund für ein solches Vorgehen aus der Akte ergibt, untergekommen. Ich habe das so noch nicht erlebt, und es erschließt sich mir schlichtweg nicht, warum das im Fall von Herrn K. so gehandhabt wird.“

Nach Auffassung des Flüchtlingsrats Niedersachsen macht der Fall des Herrn K. exemplarisch deutlich, dass die Ausländerbehörden ihrer Beratungspflicht nicht gerecht werden: Geflüchtete mit Perspektive auf ein Bleiberecht müssen proaktiv beraten und dabei unterstützt werden, etwaige Hindernisse beiseite zu räumen. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Ausländerbehörde Verden auf, den Haftantrag gegen Herrn K. unverzüglich zurückzunehmen und Herrn K. zu ermöglichen, das irakische Konsulat zu besuchen. Dort wäre mit dem inzwischen an den beteiligten Anwalt ausgehändigten abgelaufenen Pass die Verlängerung des Passes bzw. die Ausstellung eines neuen Passes möglich. Damit wäre auch die letzte formale Voraussetzung für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt. Diese Lösung ist rechtlich wie menschlich unbedingt geboten. Alles andere wäre nach Ansicht der Organisation ein Skandal. Auch die Anordnung von Ausreisegewahrsam ist völlig unverhältnismäßig und scharf zu kritisieren.

Das Umfeld des Betroffenen im Landkreis Verden ist entsetzt und empört über die Abschiebung. Herr K. ist seit vier Jahren im lokalen Bauunternehmen Khan Bauunternehmung GmbH als Maschinist beschäftigt. Sein Arbeitgeber und seine Kolleg*innen sind fassungslos über die drohende Abschiebung. Für sie ist nicht nachvollziehbar, warum Herr K. abgeschoben werden sollte. Während fast wöchentlich in den Medien vom Fachkräftemangel die Rede ist, betreibt die Ausländerbehörde Verden ohne ersichtlichen Grund die Abschiebung des geschätzten Mitarbeiters eines lokalen Unternehmens.

Wie sehr Herr K. als Mensch und Mitarbeiter geschätzt wird zeigt auch, dass ihn sein Arbeitgeber Shahvez Khan seit langer Zeit unterstützt und immer wieder zu Terminen bei der Ausländerbehörde begleitet hat. Herr Khan erklärt:

Ich habe selbst erlebt, wie mit Ali bei der Ausländerbehörde umgegangen wurde. Auch ich war Einschüchterungsversuchen durch Mitarbeitende der Ausländerbehörde ausgesetzt. Meinem Kollegen wurde schlicht und einfach unmöglich gemacht, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Ali ist nicht nur ein zuverlässiger Maschinist, sondern auch ein vielseitiger Handwerker und lernbegieriger Mensch. Für uns ist er ein unverzichtbarer Mitarbeiter und Teil unserer Teams. Die ganze Belegschaft steht hinter Ali und fordert ein Bleiberecht für ihn!“

Auch Matthias Mokosch, Gemeindeleitung der Hoop Kirche in Verden, zeigt sich schockiert. Seit der Anmietung der neuen Gemeinderäume habe die Gemeinde viel ehrenamtliche Unterstützung durch Ali K. erhalten. Seine hilfsbereite Art und seine vielfältigen Kompetenzen hätten ihn den Gemeindemitgliedern schnell ans Herz wachsen lassen:

„Ali ist ein außergewöhnlich engagierter, hilfsbereiter und respektvoller Mensch, der sich in vielerlei Hinsicht vorbildlich integriert hat. In all meinen Begegnungen erlebe ich ihn als freundlich, offen, zuverlässig und an echtem Austausch interessiert. Aus meiner Sicht wäre die Abschiebung von Ali für sein Umfeld, unsere Stadt und unser Land ein schwerer Verlust und ein großer Fehler.“

Allgemein ist die Empörung über die drohende Abschiebung und die Unterstützung für Ali K. im Landkreis Verden und darüber hinaus groß. Angehörige und Freund*innen organisieren unterstützt vom Netzwerk gegen Abschiebungen Hannover für Mittwoch, den 20. August von 16 bis 18 Uhr eine Mahnwache für Ali K. vor dem Abschiebegefängnis Langenhangen am Flughafen Hannover. Treffpunkt ist die Benkendorffstr. 8, 30855 Langenhagen.


Kontakt:

Simon Wittekindt
Mail: swi[at]nds-fluerat.org | nds@nds-fluerat.org
Mobil: +49 178 323 5232

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