Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert sofortigen Stopp illegaler Zurückweisungen an den deutschen Grenzen und den Rücktritt des Bundesinnenministers
Am Montag hat das Verwaltungsgericht Berlin in mehreren Eilverfahren die Zurückweisung somalischer Geflüchteter an der deutsch-polnischen Grenze als rechtswidrig eingestuft. In einem Fall betraf dies eine 16-jährige Jugendliche aus Somalia. Auch zwei weitere somalische Schutzsuchende, die einer verfolgten Minderheit angehören, erhielten vor dem Gericht Recht. Diese Entscheidungen unterstreichen die Rechtswidrigkeit staatlicher Zurückweisungen und betonen den Schutzanspruch besonders vulnerabler Gruppen. Bundesinnenminister Dobrindt will jedoch weiterhin an dieser Praxis festhalten.
Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen erklärt:
„Konstitutive Grundlage einer jeden Demokratie ist Rechtstreue: Von einem deutschen Innenminister muss erwartet werden, dass er sich an die geltende Rechtslage hält, auch wenn sie ihm nicht gefällt. Wer illegale Zurückweisungen an der Grenze verteidigt und gerichtliche Entscheidungen ignoriert, steht nicht auf dem Boden des Rechtsstaats – sondern tritt ihn mit Füßen. Ein Bundesinnenminister, der kalkuliert das Recht bricht, disqualifiziert sich selbst für sein Amt: Dobrindt muss gehen!“
Das Urteil des Verwaltungsgerichts konnte erwartet werden: Nach europäischem Recht sind Zurückweisungen an der Grenze von Menschen, die Asyl suchen, nicht zulässig. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mehrfach entschieden, zuletzt 2023 (Urt. v. 21.09.2023, Az. C-143/22 | ADDE). Vielmehr ist zunächst zu prüfen, welcher Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dass die von Bundesinnenminister Dobrindt kurz nach seinem Amtsantritt am 07.05.2025 angeordnete Zurückweisungspraxis für rechtswidrig erklärt wird, war insofern nur eine Frage der Zeit.
Umso alarmierender ist es, dass der Minister die Entscheidung des Gerichts offenbar ignoriert und stattdessen die Bundespolizei weiterhin zu illegalen Zurückweisungen auffordert. Ein solches Vorgehen missachtet nicht nur geltendes Recht, sondern stellt einen besorgniserregenden Angriff auf rechtsstaatliche Grundprinzipien dar. Die Behauptung Dobrindts, das Verwaltungsgericht habe nur eine „Einzelfallentscheidung“ getroffen, ist so grotesk wie lächerlich: Das Verwaltungsgericht Berlin wiederholt und bestätigt in drei konkreten Fällen die gefestigte Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs.
Will er gegen eine nicht anfechtbare Entscheidung Rechtsmittel einlegen ?