Landesregierung plant deutlich härtere Abschieberegelungen

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Die rot-grüne Landesregierung will ihre bisherige Abschiebepraxis ändern: Abgewiesene Asylbewerber mit weniger als 18 Monaten Aufenthaltsdauer sollen künftig schneller und ohne vorherige Benachrichtigung abgeschoben werden. Das kündigte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag im Landtag an. Auch der Zugang zur Härtefallkommission bleibt dieser Gruppe verwehrt. Bei Familien oder alleinerziehenden Eltern bleibt es bei der bisherigen Regelung. Der entsprechende Erlass soll kurzfristig angepasst werden.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen reagiert mit scharfer Kritik: In einem Gespräch mit dem Staatssekretär war noch in der vergangenen Woche verabredet worden, die vorliegenden Zahlen und die Folgen des Erlasses zu evaluieren. Der sog. Rückführungserlass, mit dem das Land einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik einleitete und den oft menschenverachtenden Umgang der Vorgängerregierung beendete, ist eine der zentralen Errungenschaften der Landesregierung. Der Erlass war, wie Innenminister Pistorius es vor einem Jahr (23.9.2015) zur Begründung des Erlasses ausdrückte, „ein wichtiger Schritt für mehr Menschlichkeit in der Niedersächsischen Ausländer- und Flüchtlingspolitik“. Allzu leichtfertig und schnell räumt der Innenminister jetzt das Feld und bereitet den Boden für eine Rückkehr zu überwunden geglaubten Methoden des Vollzugs.  In Anbetracht dessen ist es nahezu grotesk wenn Herr Pistorius nun davon spricht, dass „[…] wir [uns hüten sollten], jetzt, da die Zugangszahlen stark steigen, unsere für richtig erachteten Grundsätze über Bord zu werfen.“ (HAZ, 17.09.2015) Denn genau diese Grundsätze sind durch den geplanten Erlass in Gefahr.

Es gab und gibt gute Gründe dafür, auf überfallartige Abschiebungen im Morgengrauen zu verzichten und den Menschen die Möglichkeit einzuräumen, sich auf eine evtl. Rückkehr vorzubereiten – oder ggfs. auch eine Abschiebung gerichtlich prüfen zu lassen.
Kündigt sich hier ein Rollback in der niedersächsischen Flüchtlingspolitik an?

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1 Gedanke zu „Landesregierung plant deutlich härtere Abschieberegelungen“

  1. Vorab
    Ich betrachte es als Selbstverständnis, dass in einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung unterschiedliche Meinungen bestehen, für den Erhalt ist es so gar lebenswichtig. Eine kritische Meinung zu einer nachhaltigen Veränderung dieser Gesellschaft ohne Beteiligung derselben, gehört daher nicht sofort in die rechte Schublade und ausgegrenzt.

    Grundsätzlich
    Es ist m.E. zweifelhaft, ob aus dem individuellen Asylrecht des GG für alle Menschen aller Völker der absolute Anspruch hergeleitet werden kann, in Deutschland ein Asylverfahren zu erhalten und bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen eine Anerkennung und lebenslängliche Versorgung sowie für die Nichtabschiebbaren ein Bleiberecht mit ebenfalls lebenslanger Versorgung. In Kriegs- und Krisenzeiten könnte das bedeuten, dass die komplette Bevölkerung eines Staates in Deutschland aufzunehmen wäre. Die Gesamtsituation in Afghanistan, Irak und Syrien sind hierfür ein geeignetes Beispiel. Das haben die Väter des Grundgesetzes niemals so gemeint. Es würde den Staat in seinem Bestand berühren.

    Die Begrenzung des Zugangs von Flüchtlingen nach Deutschland ist gegenwärtig rechtlich nicht möglich und politisch nicht gewollt. Auch in den kommenden Jahren wird sich m.E. hieran etwas Grundsätzliches nicht ändern. Einerseits ist die deutsche Aufnahmebereitschaft in den Regionen gut verbreitet worden, andererseits ist ein sehr hoher Anteil der Flüchtlinge alleinreisend (70 – 80 % junge Männer), mit der Hoffnung auf Familiennachzug. Insider sprechen hier vom Faktor 4.

    Zur Sache
    Mit dieser Perspektive ist verantwortliche Politik nur möglich, wenn die Bevölkerung damit „beruhigt“ wird, dass wir zu einer Beschleunigung der Verfahren kommen und abgelehnte Bewerber abgeschoben werden (wohin soll denn abgeschoben werden ? nach Afghanistan? nach Irak? nach Syrien?). Mit dieser Strategie gelingt es zur Zeit, den inneren Frieden der Gesellschaft zu erhalten und nicht zu spalten. Auch in der von den Veränderungen und Verteilungskämpfen vorrangig betroffenen Unterschicht bleibt so die Willkommenskultur bestmöglich erhalten und der weitere Zuzug möglich.

    Ich halte es strategisch für unklug, massiven politischen Druck aufzubauen mit der Zielrichtung „Keine Abschiebungen von Mo – So“, das schafft bei der asylkritischen Bevölkerung nur neue (GRÜNE) -Feindbilder, denn abgeschoben wird eh nicht!

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