Der niedersächsische Innenminister hat heute – unter Bezugnahme auf die Konferenz der A-Innenminister am vergangenen Freitag – eine weitere Öffnung der Bundesrepublik Deutschland für Schutz suchende syrische Flüchtlinge gefordert. Es sei, so der Innenminister in seiner heutigen Presseerklärung, „weder nachvollziehbar noch vermittelbar, wenn Deutschland einerseits erfreulicherweise eine große Zahl von Flüchtlingen aufnimmt, andererseits aber Syrern mit verwandtschaftlichen Beziehungen nach Deutschland diesen Weg versperrt.“ Gerade weil es hierbei um Personen gehe, deren Lebensunterhalt in vollem Umfang von den hier lebenden Angehörigen sichergestellt werden würde, müsse es schleunigst eine Lösung geben. Mit seiner Erklärung entspricht der niedersächsische Innenministerium weitgehend den Forderungen des Flüchtlingsrats vom 8. Januar 2013.
Pistorius kritisiert auch den Plan des Bundesinnenministers, den 5.000 syrischen Flüchtlingen, die im Rahmen einer ad-hoc-Aufnahme in diesem Jahr aus Jordanien aufgenommen werden sollen, nur ein befristetes Aufenthaltsrecht einzuräumen. Die syrischen Flüchtlinge sollten, so Pistorius, im Rahmen einer echten und insbesondere auf Dauer angelegten Resettlement-Aktion aufgenommen werden. Ein befristeter Aufenthalt sei „realitätsfern“, so Pistorius.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen begrüßt den Vorstoß des niedersächsischen Innenministers uneingeschränkt. Unzählige Flüchtlinge aus Syrien haben sich vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien verzweifelt an den Flüchtlingsrat gewandt und darum gebeten, ihren Verwandten die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Selbst wenn diese in Deutschland lebenden Familien Verpflichtungserklärungen abgeben und sich bereit erklären, sämtliche mit der Aufnahme ihrer Angehörigen verbundenen Kosten zu tragen, wird ein Visum in der Regel mit der Begründung abgelehnt, es beständen Zweifel am „Rückkehrwillen“ der eingeladenen Personen. Diese bürokratische Verhinderung einer humanitären Aufnahmepraxis, wie sie etwa auch im Umgang mit bosnischen Flüchtlingen während des jugoslawischen Bürgerkriegs ermöglicht wurde, erscheint uns unverantwortlich. Statt weiterhin mit polizeilichen Mitteln die Flucht von Schutzsuchenden aus dem kriegsgebeutelten Syrien nach Deutschland zu verhindern, sollte die Bundesregierung pragmatische Schritte unternehmen, um Flüchtlingen eine Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen.
Angesichts der Tatsache, dass ein Ende des Grauens in Syrien unabsehbar ist, erscheint es auch uns falsch, Flüchtlinge aus Syrien nur mit einem befristeten Aufenthaltsrecht auszustatten – und damit auch die Integration dieses Personenkreises zu erschweren, da für Flüchtlinge mit befristetem Aufenthalt die Teilnahme an Integrationskursen sowie die Arbeitsaufnahme nur eingeschränkt möglich ist. Deshalb ist die Forderung von Innenminister Pistorius richtig, den Flüchtlingen sofort eine Bleiberechtsperspektive einzuräumen und ihnen Partizipationschancen einzuräumen. Sollten sich die Verhältnisse in Syrien eines Tages grundlegend bessern, werden viele Flüchtlinge ohnehin wieder zurückkehren wollen. Integrationspolitisch ist es unsinnig, die Flüchtlinge hier auf Dauer wie Menschen auf Abruf zu betrachten, statt ihnen eine Partizipation von Beginn an zu ermöglichen.
gez. Kai Weber
andere Baustelle, aber auch wichtig: lässt Herr Pistorius sich eigentlich noch alle Abschiebefälle zur Entscheidung vorlegen, wie er nach der Lüchow-Dannenberg Abschiebung versprochen, es aber mit einem „bis auf Weiteres“ eingeschränkt hat ? Weiß da jemand mehr? Ich frage mit Blick auf die andere Flüchtlingswelle aus dem Westbalkan (Serbien, Montenegro, Mazedonien, Kosovo usw.).