Einem internen Schreiben des Regierungspräsidiums Kassel vom 16. Februar 2012, das uns zugespielt wurde, ist schier Unglaubliches zu entnehmen. Die Kollegen der Abschiebungsbehörden anderer Bundesländer werden darüber unterrichtet, dass Rechtsanwälte im Jahr 2011 durch die Anfechtung von Vorladungsverfügungen erfolgreich eine Vorladung zur Anhörung durch chinesische „Experten“ haben verhindern können. In den Vorladungen zu einer Sammelanhörung am 04.04.2012 in Kassel dürfe daher „mit keiner Silbe etwas von einer Anhörung vor einer chinesischen Delegation stehen“.
Das Verfahren sei zwar, wie es heißt, „ausschließlich nach deutschem Recht gestützt, initiiert und durchgeführt“. Rechtsanwälte und Betreuer seien aber „nur als stille Beobachter“ zugelassen. Diese für die deutsche Rechtstradition doch etwas ungewöhnliche Verpflichtung der Anwälte zu Schweigsamkeit während des Verfahrens nötigt das Regierungspräsidium Kassel dann doch zu dem Hinweis, es handele sich bei den Anhörungsräumen „nicht um exterritoriales Gebiet von China“.
Besonders erschreckend ist der Hinweis des Regierungspräsidiums, man habe sich in den Vorbesprechungen zur Sammelanhörung darauf verständigt, alle Anhörungen dieses Mal „ohne die sogenannten „Vereinbarungen“ durchzuführen“. Deals mit VertreterInnen des chinesischen Staates werden aber nur für diese Sammelanhörung ausgeschlossen, nicht für die weitere Zukunft und nicht im Umgang mit anderen VertreterInnen des chinesischen Staates. Wörtlich führt das Regierungspräsidium aus: „Diese Art der Vereinbarungen (s. 2011) könnten die Ausländerbehörden auch ohne Experten durchführen…“
Es drängen sich Fragen auf:
- Welche „Deals“ und „Vereinbarungen“ wurden mit welchen chinesischen Behördenvertretern im Jahr 2011 von den Landesaufnahmebehörden und Regierungspräsidien welcher Bundesländer abgeschlossen?
- Welche Vereinbarungen und Deals sollen die Ausländerbehörden ohne die chinesischen Experten mit der chinesischen Botschaft abschließen dürfen?
- Das deutsche Recht sieht u.a. auch das Recht der Betroffenen nach § 14 VwVfG auf eine anwaltliche Vertretung vor. Wie verträgt sich die Aussage, das Verfahren würde ausschließlich nach deutschem Recht gestützt, initiiert und durchgeführt, mit der Verpflichtung der Anwälte zu schweigen?
Nachtrag: Siehe hierzu auch SZ 18.04.2012
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