Familienvater (Roma) aus Wedemark (Region Hannover) droht Abschiebung morgen
Meint Herr Schünemann es wirklich ernst mit seinem Vorstoß für eine humanere Asyl- und Flüchtlingspolitik, sollte er unverzüglich die für morgen früh geplante Abschiebung von Herrn M., der Volksgruppe der Roma angehörig, nach Pristina stoppen. Es wird nicht nur erneut eine Familie auseinander gerissen, sondern Herr M. wird im Kosovo höchstwahrscheinlich auch unter menschenunwürdigen Bedingungen leben bzw. überleben müssen.
Seine beiden Kinder, sieben und zweieinhalb Jahre alt, sind beide in Deutschland geboren. Die Tochter besucht eine Grundschule und der Sohn wartet derzeit auf einen Kindergartenplatz. Die im Dezember 1988 geborene Kindesmutter und Lebensgefährtin von Herrn M. besitzt eine Aufenthaltserlaubnis und lebt seit ihrem vierten Lebensjahr in Deutschland. Herr M. lebt schon seit 1999 in Deutschland.
Das Kindeswohl findet in diesem Fall viel zu wenig Beachtung. In Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention heißt es: „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen (…) ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist“.
Die Entscheidung der Ausländerbehörde, die Familie durch Abschiebung auseinander zu reißen, wurde von den Gerichten bestätigt: Laut Urteil des OVG Niedersachsen (Az.: 8 ME 18/12) sei es der Familie zumutbar, gemeinsam im Kosovo zu leben. Unserer Ansicht nach ist es jedoch kaum möglich, dies in Einklang mit dem Kindeswohl zu bringen. Die beiden Kinder sind nicht nur in Deutschland geboren, sondern hätten hier auch realistische Chancen auf eine gute Ausbildung, die ihnen im Kosovo verwehrt bliebe (siehe hier). Hinzu kommt, dass die Lebensbedingungen im Kosovo für Roma miserabel sind. Dies bezeugen etliche Berichte von abgeschobenen Roma, JournalistInnen und Erkundungsreisen – wie z.B. im Rahmen des Flüchtlingsrat-Projektes Dosta oder der Recherchen von „alle bleiben“.
Ist es einem Elternteil also wirklich zu zuzumuten, dass er seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin rät, ihm „freiwillig“ nachzureisen? Es ist doch eindeutig, dass die Lebensbedingungen menschenunwürdig und die Zukunftschancen für die Kinder erbärmlich sind. Es stellt sich für die Familie die Frage, was eher vertretbar ist, ihre Kinder ohne Vater aufwachsen zu lassen, damit sie eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben und gute Ausbildung in Deutschland haben, oder gemeinsam mit dem Vater aufzuwachsen, aber dafür unter miserablen Bedingungen und ohne realistische Zukunftschancen?
Für Herrn M. ist die Lage noch verschärft dadurch, dass er an Diabetes Typ II und Bluthochdruck leidet. Fraglich wird sein, ob er im Kosovo regelmäßig Zugang zu den lebensnotwendigen Medikamenten haben wird. Es klingt daher zynisch, wenn Gericht und Ausländerbehörde es für zumutbar halten, dass Herr M. in den Kosovo abgeschoben wird, und wenn verlangt wird, dass seine Lebensgefährtin und die Kinder trotz der vorhandenen Aufenthaltserlaubnis nachreisen.
gez. Carina Bischoff
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