Behörden verweigern im Fall Gazale die überfällige humanitäre Lösung

Pressekonferenz vom 01. September 2011

Gemeinsame Presseerklärung von Helmut Aßmann (Superintendent des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt), Wolfgang Voges (Stadtdechant Hildesheim), Jutta Rübke (MdL SPD), Regina Stolte (DGB), Silke Schäfer (Rechtsanwältin), Dr. Lore Auerbach (Vertreterin der Unterstützerinitiative), Kai Weber (Flüchtlingsrat Niedersachsen)

Flüchtlingsfamilie ist Opfer eines tragischen Justizirrtums
Unterstützerkreis fordert Aufenthaltserlaubnis für Ahmet Siala und sofortiges Rückkehrrecht für Gazale Salame
Kritik an Untätigkeit und Schweigen der Behörden

Am 10. Februar 2005 wurde Gazale nach 17-jährigem Aufenthalt in Deutschland gewaltsam durch Abschiebung von ihrem Mann Ahmet Siala und den beiden Töchtern Amina (7) und Nura (6) Kindern getrennt und trotz Schwangerschaft mit ihrer einjährigen Tochter Schams in die Türkei abgeschoben. Gazale lebt bis heute unter unwürdigen Bedingungen in einem Vorort der türkischen Stadt Izmir und hofft auf die Möglichkeit einer legalen Rückkehr zu ihrer Familie. Die lange Wartezeit hat sie inzwischen psychisch zermürbt, Gazale ist ernsthaft erkrankt. Schams ist mittlerweile sieben Jahre alt, der in der Türkei geborene, jetzt sechsjährige Sohn Gazi hat seinen Vater noch nie gesehen. Das ist das Ergebnis der mehr als 6jährigen Trennung.

Ahmet Siala (31) lebt seit 26 Jahren in Deutschland. Er besitzt – ebenso wie seine beiden mittlerweile 14- und 12-jährigen Töchter Amina und Nura – seit 10 Jahren nur eine „Duldung“, also keine Aufenthaltserlaubnis. Diese aber wäre erforderlich, damit Gazale im Rahmen des Familiennachzugs zu ihrer Familie zurückkehren könnte.

Wie sich nunmehr nachweisen lässt, ist die Familie Salame/Siala zum Opfer eines tragischen Justizirrtums geworden: Es ist erwiesen, dass die Begründung für den Entzug der Aufenthaltserlaubnis für Ahmet Siala und die damit im Zusammenhang stehende Familientrennung durch Abschiebung sich juristisch nicht mehr halten lässt (s. Anlage). Die Härtefallkommission, die den Härtefallantrag für Ahmet Siala im Juni 2011 beraten, aber nicht mit dem erforderlichen Quorum von 2/3 der anwesenden Mitglieder befürwortet hat (vier positive Stimmen, zwei Ablehnungen, eine Enthaltung), wäre bei Kenntnis dieses Sachverhalts sicherlich zu einem eindeutigen positiven Votum gekommen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat vor mehr als eineinhalb Jahren in seiner mündlichen Begründung für seine Entscheidung vom 27.01.2009 an die Behörden appelliert, in diesem Fall eine politische Lösung zu suchen. “Der Fall schreit geradezu nach einer Lösung im Wege des Vergleichs”, erklärte die Vorsitzende, Gerichtspräsidentin Frau Eckertz-Höfer, damals unter Verweis auf die eindeutigen Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutz des Privatlebens (Art. 8 EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Im Vertrauen auf eine solche politische Lösung haben wir alle Rechtsmittel zurückgenommen. Geschehen ist bislang zu unserem großen Bedauern – nichts.

Unsere Kritik richtet sich insbesondere an den Landkreis Hildesheim, der es in der Hand hätte, eine Lösung des Falls endlich einzuleiten und umzusetzen, sich dieser Forderung aber bis heute verschließt. Daher bleibt uns nur die erneute Einschaltung der Öffentlichkeit. Wir werden nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern die Familie Salame/Siala weiter begleiten, der in den letzten sechseinhalb Jahren großes Unrecht zugefügt worden ist. Insbesondere die Kinder leiden unter der Familientrennung. Die Tragödie muss endlich auf politischem Weg beendet werden.

Im Rahmen einer Rechtsfolgenbeseitigung fordern wir

  • die sofortige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Ahmet Siala sowie
  • eine sofortige Rückholung von Gazale Salame zu ihrer Familie nach Deutschland

Anlage zur Pressekonferenz vom 01. September 2011:
Hat Ahmet Siala über seine türkische Herkunft getäuscht?

EinePresseerklärung von Rechtsanwältin Silke Schäfer (Göttingen) findet sich hier

Pressespiegel:

NDR-Bericht auf Hallo Niedersachsen

HAZ vom 02. 09. 2011

taz vom 02. 09. 2011

dapd 01 09 2011

Kehrwieder am Sonntag 04.09.2011

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