Abschiebung aus dem Frauenhaus – Artikel in der HNA

Nachfolgend ein Artikel aus der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen von heute zum Fall der am letzten Montag aus dem Frauenhaus abgeschobenen Kurdin, die unter dem Pseudonym „Fatima“ geführt wird. Zu dem Fall stellen sich Fragen ein:

Warum dringt die Polizei ohne Vorwarnung in ein Frauenhaus ein und schiebt die Betroffene und ihre Kinder auf diese Weise überfallartig ab, ohne die Möglichkeit einzuräumen, noch effektiven Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen?

Warum stellt die Ausländerbehörde keine Fragen zur möglichen Bedrohung und Verfolgung einer Kurdin, die  im Frauenhaus aufgenommen wurde?

Warum nimmt der Bundesgrenzschutz den vorgelegten Asylfolgeantrag nicht zum Anlass, die Abschiebung vorerst zu stoppen?

Der Flüchtlingsrat hat das Bundesamt um Aufklärung über den weiteren Verlauf des Folgeverfahrens gebeten, in dem ggfs. auch eine persönliche Vorladung und Anhörung der Betroffenen erforderlich sein könnte, und UNHCR gebeten, sich für ein faires Asylfolgeverfahren von Fatima in Deutschland einzusetzen.

Hier der heutige Zeitungsartikel:

HNA 17.12.2010

Frauenhaus-Team bangt um 27-Jährige, die hier als Zwangsverheiratete lebte

Kurdin wurde abgeschoben

Kassel. Einen spektakulären Polizeieinsatz gab es zu Beginn der Woche im Kasseler Frauenhaus. Am Ende stand die Abschiebung einer 27-jährigen Kurdin mit ihren beiden Kindern in die Türkei.

Fatima (Name geändert) und ihre sieben- und achtjährigen Kinder sind „zu Unrecht“ abgeschoben worden, sagen die Mitarbeiterinnen des Kasseler Frauenhauses. Sie kritisieren, dass die Frau unvorbereitet abgeholt wurde, noch während eine Anwältin den Asylfolgeantrag formulierte. „Fatima sollte eine faire Chance bekommen, die ihr zustehenden Rechtsmittel auszuschöpfen“, sagt Frauenhaus-Sprecherin Irmis Schwager.

Im Frauenhaus macht man sich vor allem deshalb große Sorgen, weil gegenüber Fatima Morddrohungen ihrer elf in der Türkei lebenden Brüder ausgesprochen wurden.

Auch der Grund, warum die aus Niedersachsen stammende Frau vor einigen Monaten im Kasseler Frauenhaus Zuflucht gesucht hatte, waren Gewalttätigkeiten ihres Mannes. Fatimas Vorgeschichte ist erschütternd: Ihre in der Türkei lebende Familie hatte sie vor zehn Jahren nach Deutschland verschickt, wo sie mit einem Landsmann zwangsverheiratet wurde. Die Eltern fädelten es ein, dass die Minderjährige, die damals kein Deutsch sprach, unter falschem Namen einreiste. Auch eine standesamtliche Trauung soll es nie gegeben haben.

Dass Fatima hier mit falschen Papieren lebte, hat heute bedrohliche Nachwirkungen. Als sie vor einiger Zeit ihren Mann und dessen Familie verließ, hatte sie zunächst die Idee, in die Türkei zu flüchten und gab gegenüber deutschen Behörden ihren richtigen Namen an. Weil sie aber zuletzt Sozialhilfe bezogen hatte, war das Resultat folgenschwer: Sie erhielt eine Klage wegen Betrugs und Urkundenfälschung. Der Vorwurf an die Frau, die inzwischen Schutz im Kasseler Frauenhaus gefunden hatte, lautet: Einreise unter falschem Namen. Die Kasseler Polizei handelte aufgrund eines entsprechenden Haftbefehls und brachte Fatima nach ihrer Festnahme am Sonntag in die JVA Kaufungen.

Die niedersächsische Kommune, wo Fatima zuletzt wohnte, hatte inzwischen die Ausländerbehörde in Kassel um Amtshilfe bei der Abschiebung gebeten. Am nächsten Tag wurden von der Polizei die Kinder aus dem Frauenhaus geholt und noch am gleichen Tag mit ihrer Mutter in die Türkei geflogen.

Für Montag, 20. Dezember, ab 19.30 Uhr, lädt das Frauenhaus zu einer Infoveranstaltung zu Fatima in das Kulturzentrum Schlachthof, Mombachstraße, ein.

Von Christina Hein

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