Urteil im Prozess nach Mordversuch aus rassistischen Motiven in Esens

Gemeinsamer Bericht von Betroffenenberatung Niedersachsen, Mobiler Beratung gegen Rechts für Demokratie Niedersachsen und Flüchtlingsrat Niedersachsen

Am Mittwoch (10. März 2021) wurde ein 29-jähriger vom Landgericht Aurich wegen versuchten Mordes aus rassistischen Motiven zu 9 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt.

Der Mann schoss in Esens (Landkreis Wittmund) mit einem Luftgewehr mit gesteigerter Energie aus 20 Metern auf den Betroffenen Mustafa Ahmad und verletzte diesen so schwer, dass er ohne ärztliches Eingreifen verstorben wäre. „Wir sind überzeugt, dass Ihre ausländerfeindliche Gesinnung die Triebfeder war“, so der Vorsitzende Richter.

Der Angeklagte hatte sich in Chat- und Sprachnachrichten massiv rassistisch und rechtsradikal geäußert, er sprach von einem Kampf zwischen Rassen, äußerte rechtsradikale Verschwörungstheorien, auf seinem Mobiltelefon fanden sich neben zahlreichen Bildern von Hakenkreuzen und Adolf Hitler menschenverachtende und rassistische Bilder, welche die Ermordung von Migrant*innen forderten. Der vorsitzende Richter bezeichnete diese Inhalte als „Blaupause“ für die Tat.

Auch wenn der Prozess beendet ist, für den Betroffenen ist die Aufarbeitung lange nicht abgeschlossen.

Mustafa Ahmad (Name geändert):

„Das Urteil ist gerecht, aber die Tat kann nicht wieder gut gemacht werden. Viele denken, nun ist es vorbei, aber ich habe weiter Angst. Ich kann nicht vergessen, was passiert ist. Niemals hatte ich ein Problem mit anderen Menschen, ich war immer nett. Jetzt fühle ich mich jeden Tag bedroht.“

Brisant ist weiterhin der Verlauf des Verfahrens: Aus dem Umfeld des Angeklagten wurden Falschaussagen gemacht, um die Tat zu vertuschen und den Angeklagten zu entlasten. Die Aussagebereitschaft zur Tat war sehr gering, die Tatwaffe wurde nach der Tat versteckt und in einem Kanal versenkt.

Marc Weber von der Betroffenenberatung Niedersachsen:

„Wo rassistische Gesinnungen toleriert werden, besteht immer die Gefahr von Gewalt. Wenn bewusst Falschaussagen gemacht werden, um damit eine Täter-Opfer Umkehr zu erreichen, wenn Zeugen nach der Tat keine Aussagebereitschaft vorweisen, wenn Personen aus dem Umfeld nach einem fast tödlichen Schuss auf einen Menschen die Tatwaffe verstecken, dann unterstützt dies rassistische Gewalt.“

Die Betroffenenberatung Niedersachsen hat den Prozess gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und der Mobilen Beratung gegen Rechts für Demokratie Niedersachsen begleitet.

Medienberichte

Versuchter Mord: Gericht sieht ausländerfeindliche Gesinnung, in: Ostfriesen-Zeitung vom 10. März 2021

Gericht lässt Sprachnachrichten des Angeklagten vorspielen, in: Anzeiger für Harlingerland  vom 23. Februar 2021

29-Jähriger soll aus rassistischen Motiven geschossen haben, in: Nordwest Zeitung vom 14. Januar 2021

29-Jähriger aus Esens wegen versuchten Mordes angeklagt, in: Nordwest Zeitung vom 5. Januar 2021

Links

Betroffenenberatung Niedersachsen

Mobile Beratung gegen Rechts für Demokratie Niedersachsen

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