Abdeloehab Hussein – von Abschiebung bedrohter Kurde aus Syrien

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Abdeloehab Hussein, ein am 1. Januar 1962 geborener Kurde aus Syrien, lebt seit 10 Jahre in Deutschland. Als Mitglied der Yekiti Partei hat er Angst vor Repressionen in Syrien. Schon zweimal hat die Ausländerbehörde versucht, ihn dorthin abzuschieben. Dabei nahmen die Behörden weder Rücksicht auf die besorgniserregende Menschenrechtslage in Syrien noch auf die persönlichen Umstände des Flüchtlings, dessen Frau von ihm ein Kind erwartet. Sein Fall verdeutlicht exemplarisch den rabiaten Umgang mancher niedersächsischer Ausländerbehörden mit (syrischen) Flüchtlingen.

Abdeloehab Hussein ist seit 2006 nach islamischem Ritus mit Silvia A. verheiratet, die schwanger ist. Da eine standesamtliche Heirat wegen fehlender Papiere bisher nicht möglich war, bestreiten die Behörden den beiden Flüchtlingen das Recht auf ein gemeinsames Zusammenleben: Frau A. darf nur im Landkreis Rotenburg wohnen, Herr Hussein hat im Landkreis Wesermarsch eine Unterkunft zugewiesen bekommen. Der Landkreis Wesermarsch lehnte nicht nur den Umverteilungsantrag ab, sondern verbot auch Frau A., sich zu Besuchszwecken bei Herrn Hussein zu aufhalten. Zur Begründung führte die Behörde u.a. an, dass Herr Hussein zwar die Vaterschaft anerkannt, aber nicht schon vor dem Geburtstermin mit seiner Frau ein gemeinsames Sorgerecht für das Kind beantragt habe – zumindest dies hat Herr Hussein nun nachgeholt.

Nachfolgend die Artikel aus der NWZ vom 22. Juli und vom 8. Januar 2010 zu diesem Fall:

NWZ 22.07.2010

Angst vor der Rückkehr nach Syrien
Asyl Zweiter Versuch der Abschiebung Abdeloehab Husseins scheitert „aus organisatorischen Gründen“

Zwei Asylanträge des 48-jährigen Kurden wurden abgelehnt. Jetzt gilt er als „vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer“.

von Detlef Glückselig

Brake – Morgens um halb sieben standen am Dienstag Polizisten und Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landkreises vor der Tür. Die Beamten sollen Abdeloehab Hussein aufgefordert haben, seine Sachen zu packen. In Frankfurt, hieß es, solle er ein Flugzeug nach Syrien besteigen. Dann plötzlich: Kommando zurück. Die Beamten zogen unverrichteter Dinge wieder ab.

Dass die „zwangsweise Rückführung“ des 48-Jährigen in sein Heimatland auf den letzten Drücker abgebrochen wurde, habe „organisatorische Gründe“, sagte am Mittwoch Sabrina Fleuch, Pressesprecherin des Landkreises Wesermarsch, auf Anfrage der NWZ . Näher ausführen wollte sie diese Gründe nicht.

Abdeloehab Hussein lebt mit seiner Frau Silva, die er 2006 heiratete, in einem kleinen Zimmer im Asylantenheim in Frieschenmoor. Anfang Januar hatte es schon einmal einen Versuch gegeben, den Kurden abzuschieben. Hussein wurde in einem Auto nach Frankfurt gefahren. Seine Ehefrau schaltete damals das Refugium Wesermarsch ein, das wiederum den Flüchtlingsrat Niedersachsen informierte. Gemeinsam mit einem Oldenburger Rechtsanwalt, der kurzfristig einen Asylfolgeantrag stellte, wurde die Abschiebung in letzter Minute verhindert.

„Ich habe schreckliche Träume“, berichtete der Kurde der NWZ  nach dem ersten Abschiebungsversuch. Tagsüber zuckt der 48-Jährige noch heute zusammen, wenn plötzlich die Treppe, die zu seiner Unterkunft in Frieschenmoor führt, knarzt und jemand an die Tür klopft. Am Dienstag war dieses Zusammenzucken gerechtfertigt. Und der zweite Versuch, den Kurden in seine Heimat abzuschieben, dürfte nicht der letzte gewesen sein.

Für den Landkreis ist der Fall klar. Nach Auskunft von Sabrina Fleuch hat Abdeloehab Hussein zwei Asylanträge gestellt. Beide seien in Abstimmung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden, so die Sprecherin des Landkreises. Damit gelte Hussein als „vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer“.

Doch Hussein will nicht in sein Geburtsland zurückzukehren. Er hat Angst. Nach seinen Angaben gehört er als Kurde in Syrien zu einer Minderheit, die dort verfolgt wird. Zudem habe er sich politisch engagiert. Deshalb sei er vor zehn Jahren über die Türkei nach Deutschland geflohen.

NWZ 08. Januar 2010

„Ich habe schreckliche Träume“
Wie Abdeloehab Hussein seine geplante Abschiebung erlebt hat

DER 48-JÄHRIGE HAT ANGST VOR DER RÜCKKEHR NACH SYRIEN. ALS KURDE GEHÖRE ER DORT ZU EINER VERFOLGTEN MINDERHEIT.

VON TORSTEN WEWER

Brake/Ovelgönne – Seitdem Abdeloehab Hussein am Dienstag nach Syrien abgeschoben werden sollte, hat er Schlafstörungen. „Ich habe schreckliche Träume“, berichtet der Kurde. Darin würden Menschen auftauchen, die ihn gefangen nehmen, ihn ins Gefängnis stecken und die ihn schlagen würden. Aber auch tagsüber zucke er jetzt jedesmal zusammen, wenn jemand an die Tür seiner Unterkunft in Frieschenmoor klopft, berichtet der 48-Jährige.

Hussein hat Angst, in sein Geburtsland zurückzukehren. Nach seinen Angaben gehört er als Kurde in Syrien zu einer Minderheit, die dort verfolgt wird. Zudem habe er sich politisch engagiert. Deshalb sei er vor rund zehn Jahren über die Türkei nach Deutschland geflohen.

Doch sein Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt. Nur weil er keine gültigen Papiere hatte, wurde er bisher nicht abgeschoben. Als er im November endlich seinen Pass vorlegen konnte, leitete die Ausländerbehörde des Landkreises die Abschiebung in die Wege (die NWZ berichtete).

Am frühen Morgen hätten plötzlich mehrere Männer in seiner Unterkunft gestanden und ihn aufgefordert, innerhalb von 30 Minuten ein paar Habseligkeiten einzupacken, berichtet Hussein. Seine Frau Silva, die er 2006 geheiratet hat, sei in Tränen ausgebrochen, er selbst sei bleich im Gesicht geworden. Doch den Wunsch nach einem Glas Wasser habe man ihm abgeschlagen. Stattdessen sei er in ein Auto verfrachtet und nach Frankfurt gebracht worden.

Die Ehefrau schaltete das Refugium Wesermarsch ein, das wiederum den Flüchtlingsrat Niedersachsen informierte. Gemeinsam mit dem Oldenburger Rechtsanwalt Ekkehard Hausin, der kurzfristig einen Asylfolgeantrag gestellt hat, konnte die Abschiebung schließlich in letzter Minute verhindert werden.

Kai Weber vom Flüchtlingsrat kritisiert das niedersächsische Innenministerium. Es habe eine Empfehlung des Bundesinnenministers, Abschiebungen nach Syrien derzeit nicht zu vollziehen, nicht an die Ausländerbehörden weitergegeben. Auch Rechtsanwalt Hausin kritisiert die mangelnde Absprache zwischen den Behörden: „Der ganze Aufwand war unnötig und hat immense Kosten verursacht.“

Bis über den Folgeantrag entschieden ist, kann Abdeloehab Hussein hier bleiben. Eine Beruhigung dürfte dieser Schwebezustand aber wohl kaum für ihn sein.

siehe auch https://www.nds-fluerat.org/3736/aktuelles/abschiebungsversuch-nach-syrien/

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