Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Flüchtlingsrats wurde der bisherige Vorstand in seinem Amt bestätigt. Für weitere zwei Jahre sind damit gewählt: Claire Deery (als Vorsitzende), Dündar Kelloglu (als Kassenwart), Anke Egblomassé (als Schriftführerin), Thomas Heek (als Beisitzer) und Sigrid Ebritsch (als Beisitzerin).
Zum Thema der Mitgliederversammlung: „Kriminalisierung der Flüchtlingsräte und die Zukunft der Zivilgesellschaft“ hielt Claire Deery ein kurzes Eingangsreferat. Sie bezog sich auf die aktuellen Feiern zum 70 jähriges Jubiläum des Grundgesetzes und verwies im Rahmen ihrer Bestandsaufnahme für den Bereich des Flüchtlingsrechts darauf, dass nicht nur das grundgesetzlich geschützte Asylrecht im Rahmen der öffentlich geführten, zeitweilig hysterischen Debatte in Frage gestellt wird. Zentrale Grundrechte werden gegenwärtig durch alltägliche Verwaltungspraxis verletzt, etwa Art. 1 GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, Art. 3 GG: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“, Art. 6 GG: „Schutz der Familie“.
Auf Bundesebene werden derzeit über 10 Gesetzesvorhaben diskutiert, das sogenannte „Geordnete Rückkehr Gesetz“ (oder auch das „Hau ab Gesetz“) wurde diese Woche von der Menschenrechtskommissarin des Europarates massiv kritisiert. Claire Deery zitierte in diesem Zusammenhang aus einem Brief des Flüchtlingsrats an Bundestagsabgeordnete der SPD in Niedersachsen, in dem es heißt:
„Es ist uns ernst, wenn wir sagen, dass der Bundesrepublik beängstigende Veränderungen bevorstehen, sollte der Gesetzesentwurf aus dem Bundesinnenministerium Realität werden. Wir fragen uns, inwieweit die Bundesregierung noch für Menschenwürde und den Schutz von Menschenrechten einsteht, wenn sie ein solches Gesetz verabschiedet.“
In ihrer Rede verwies Claire Deery auf einige Beispielfälle und problematische Verwaltungsabläufe: In Göttingen erklärte das Verwaltungsgericht im Mai 2019 den Einsatz der Abschiebungsbehörden wegen eines „unmittelbaren und unangekündigten Einsatzes von Reizgas im Treppenhaus“ sowie von „unverhältnismäßiger Gewalt in Form von Schmerzgriffen und Faustschlägen gegen den Kopf“ für rechtswidrig. Das Antifolter Komitee hat Deutschland für seine Abschiebung nach Afghanistan gerügt. Das Verwaltungsgericht Hamburg bestätigte im Februar 2019 die Rechtswidrigkeit der verbreiteten Praxis, im Zuge von Abschiebungen Wohnräumen in Flüchtlingsunterkünften ohne Durchsuchungsbeschluss zu betreten. Trotz der ungeklärten Situation nach dem Sturz von Al Bashir bereitet Niedersachsen derzeit Abschiebungen in den Sudan vor. Das BAMF erscheint neuerdings vor Gericht, ohne jedoch ein Verhandlungsmandat zu haben, um bei positiven Entscheidungen regelmäßig die Berufung zu beantragen. Wegen drohender Abschiebung nach Ungarn sind inzwischen 14 Fälle im Eilverfahren vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte getragen worden, da inhaftierten Flüchtlingen das Essen verweigert wurde.
Ziel und Zweck unserer Arbeit sei es und werde es weiterhin sein, schloss Deery, in Zeiten großer Unsicherheit die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten bzw. wieder herzustellen und den betroffenen Flüchtlingen Zuversicht zu geben. „Dafür gilt mein Dank heute allen Anwesenden, dass sie täglich dies tun.“
Im zweiten Teil der Veranstaltung hielt die Berliner Anwältin und Aktivistin Behrenice Böhlo einen spannenden und mitreißenden Vortrag, den wir veröffentlichen werden, sobald er uns schriftlich vorliegt.
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