Nachdem die Schließung der Balkan-Route und der völkerrechtswidrige Deal mit der Türkei die Flucht von Menschen aus Verfolgung und Krieg nach Deutschland weitgehend zum Erliegen gebracht haben, feiert die Bundesregierung die Aufnahme von Flüchtlingen in homöopathischen Dosen im Rahmen des Resettlementverfahrens als großen Erfolg und sinnt befriedigt nach weiteren guten Taten. So freut sich das BAMF am 19.05.2016, dass 103 syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in Friedland aufgenommen worden seien. In der Presseerklärung des BAMF heißt es wörtlich:
„…Zunächst stellt Deutschland 1.600 Aufnahmeplätze bereit. Wenn diese ausgeschöpft sind und weiterhin Bedarf im Rahmen des oben genannten 1:1-Mechanismus besteht, stehen weitere rund 13.500 Aufnahmeplätze innerhalb bestehender Verpflichtungen zur Verfügung. Dabei handelt es sich um einen Teil der Aufnahmeplätze, die ursprünglich zur Umsiedlung von Personen aus besonders belasteten EU-Staaten vorgesehen waren und nun umgewidmet werden sollen….“
Offenbar will also Deutschland seine Verpflichtung aus dem Beschluss der EU vom 22.09.2015 nicht mehr umsetzen. Das ist gerade vor dem Hintergrund der erfolgten Räumung von Idomeni ein Skandal. Das sogenannte re-location-Programm vom 22.09.2015 sah eigentlich vor, dass 160.000 eindeutig schutzbedürftige Personen aus Griechenland und Italien auf andere Mitgliedstaaten umverteilt werden sollten. Der Rat stimmte am 22.09.2015 diesem Vorschlag zu. Die Zwischenevaluierung vom 15.03.2016 ergab jedoch, dass nur 937 Personen aus den genannten Staaten auf andere Mitgliedstaaten verteilt wurden. Deutschland hatte sich verpflichtet, 10.327 Asylsuchende aus Italien, 17.209 aus Griechenland aufzunehmen. Tatsächlich überstellt wurden jedoch nur 57. Angesichts des Elends und des Leids, das vor allem besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder in Griechenland erdulden müssen, ist das eine absolut beschämende Bilanz.
Auch das re-settlement-Programm der EU wird bis dato nicht befriedigend umgesetzt: Auf Vorschlag der Kommission wurden die Mitgliedstaaten am 20.07.2015 vom Rat aufgefordert, 22.504 Personen neu anzusiedeln (re-settlement), davon 1.200 in Deutschland. Die Zwischenevaluierung vom 15.03.2016 ergab: 4.555 Personen wurden in 11 EU-Mitgliedstaaten und assoziierten Dublin-Staaten neuangesiedelt. Zumeist erfolgte die Übernahme aus der Türkei, aus Jordanien und dem Libanon.
Leider bewegt sich auch in Niedersachsen nichts mehr: Im Januar 2016 erklärte Niedersachsen, dessen Innenminister doch zu Beginn seiner Amtszeit noch so stolz war auf die maßgeblich von ihm initiierte Ermöglichung einer Aufnahme von Familienangehörigen, seinen endgültigen Ausstieg aus dem Landesaufnahmeprogramm. Das 2013 beschlossene Landesaufnahmeprogramm, das Angehörigen hier lebender Flüchtlinge eine Einreise auf eigene Kosten gefahrlos ermöglichte, lief zum 30.06.2015 aus und wurde trotz eines gegenteiligen Beschlusses der Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe beim niedersächsischen Landtag nicht wieder verlängert. Dagegen haben Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen ihre Aufnahmeprogramme verlängert. Während Idomeni, das Symbol der gescheiterten EU-Flüchtlingspolitik, geräumt ist, ohne dass sich für die betroffenen Flüchtlinge eine menschenwürdige Perspektive auf ein Leben ohne Flucht und Not aufgetan hätte, duckt sich die niedersächsische Landesregierung und will mit alledem nichts zu tun haben, schon gar keine Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen.
Wie war das nochmal gemeint mit der Willkommenskultur?
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