Innenministerium formuliert Anforderungen zum Umgang mit suizidgefährdeten Flüchtlingen – Kritiklose Positionierung zu Menschenrechtsverletzungen in Bulgarien

Der Antwort des nds. MI auf eine mündliche Anfrage der Grünen vom 13.05.2015 zum Fall eines marokkanischen Flüchtlings, der sich am 18. April 2015 in Lingen durch Selbstverbrennung das Leben zu nehmen versuchte, um einer Abschiebung nach Bulgarien zu entgehen, lässt sich einiges zum Umgang der Landesregierung mit der o.g. Fragestellung, aber auch zur Einschätzung der Lage der Flüchtlinge in Bulgarien entnehmen:

  1. Fragwürdig erscheint zunächst die kritiklose Übernahme der Position der Bundesregierung, was die Einschätzung der Lage in Bulgarien angeht: Ohne auf die scharfe Kritik und die umfangreiche Dokumentation von Menschenrechtsverstößen in Bulgarien durch PRO Asyl, amnesty international, Bulgaria Watch und die Flüchtlingsräte auch nur im Ansatz einzugehen, wiederholt das niedersächsische MI das Credo der Bundesregierung, Bulgarien unternehme „große Anstrengungen, um trotz der gestiegenen Flüchtlingszahlen die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu gewährleisten.“ Zur Begründung der waghalsigen These, wonach die ergriffenen Maßnahmen „bereits deutliche Verbesserungen im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen in Bulgarien bewirkt“ hätten, stützt sich das Innenministerium auf einen mehr als ein Jahr alten Bericht des UNHCR vom 15. April 2014 – „Bulgaria as a country of asylum“ – der überdies die scharfe Kritik des UNHCR von Januar 2014 – getragen von der Hoffnung auf zukünftige Verbesserungen – nur teilweise zurücknimmt. Man hätte sich gewünscht, dass das Innenministerium die von Menschenrechtsorganisationen vorgelegten Dossiers über Folter- und Misshandlungsfälle in Bulgarien zum Anlass genommen hätte, gegenüber den offiziellen Verlautbarungen der Bundesregierung auf Distanz zu gehen und eine erneute Überprüfung zu fordern, ob die Aufnahmebedingungen in Bulgarien tatsächlich „keine grundlegenden Mängel aufweisen“.
  2.  Zu Recht verweist die Landesregierung auf die Zuständigkeit des Bundes für die Prüfung der Zulässigkeit einer Abschiebung von Flüchtlingen im Rahmen der Dublin III – Verordnung. Die Landesregierung ist auch nicht verantwortlich für die perfide Strategie des BAMF, das zwar inzwischen auf eine Abschiebung nach Bulgarien verzichtet hat, den Asylantrag des Flüchtlings aber als Zweit- oder Folgeantrag wertet – mit der Folge, dass die gesamte Fluchtgeschichte des Mannes in Marokko nicht in einem Asylverfahren gewürdigt wird. Diese Entscheidung wird juristisch anzufechten sein.
  3. Erfreulich ist die ausdrückliche Hervorhebung des MI, dass die Ausländerbehörden sich nicht unter Hinweis auf die formale Zuständigkeit des BAMF von jeglicher Verantwortung frei sprechen können: „Die zuständigen Behörden haben von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten“, so das MI. Wenn ein Gericht die Zulässigkeit einer Abschiebung bejaht hat, haben die Ausländerbehörden nur  „bei unverändertem Sachverhalt“ keine Entscheidungskompetenzen. Anders ist dies jedoch dann, wenn sich nach einer Entscheidung des BAMF oder des Verwaltungsgerichts die Sachlage ändert:  „Verschlechterungen des gesundheitlichen Zustands während dieses Verfahren können ggf. auch eine erneute Überprüfung der Reisefähigkeit erforderlich machen.“Kai Weber
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1 Gedanke zu „Innenministerium formuliert Anforderungen zum Umgang mit suizidgefährdeten Flüchtlingen – Kritiklose Positionierung zu Menschenrechtsverletzungen in Bulgarien“

  1. Ich habe in Goslar Hahnenklee ein kleines Hotel mit ca. 50 Betten.
    Auf Grund einer Erkrankung muss ich das Hotel mitte September schließen.
    ich kann mir aber auch vorstellen es gegen eine Pacht zur Verfügung zustellen. (Ich habe noch kosten auf dem Haus)
    Bei Interesse können Sie unter angegebener Mail Adresse sich melden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Engelhardt

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