Das VG Braunschweig hat mit Beschluss vom vom 11.Juni 2014 – Az 5 A 2/14 seine bisherige Linie bekräftigt, dass ein Flüchtling „bei einer Rücküberstellung nach Italien ernsthaft befürchten müsste, wegen der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien und der dort herrschenden schwerwiegenden systemischen Mängel eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren“. Zur Begründung beruft sich das Gericht auf frühere Entscheidungsbegründungen und führt anschließend aus:
„Von einer grundlegenden Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Italien ist derzeit nicht auszugehen. Aktuelle Presseberichte sprechen eher dafür, dass das Asylverfahren in Italien nach wie vor an systemischen Mängeln leidet. Nach einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 30. April 2014 hat der italienische Innenminister angesichts des massiven Flüchtlingszustroms aus Afrika vor einem Zusammenbruch seiner Aufnahmesysteme gewarnt. Der Direktor der Abteilung für Migration und Grenzpolizei, Giovanni Pinto, wird in diesem Zusammenhang von der Zeitung mit den Worten zitiert: „Wir haben keinen Platz mehr.“ Nach einem Bericht auf der Internetseite des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ vom 10. Juni 2014 erhebt das UNHCR schwere Vorwürfe gegen italienische Behörden, weil diese zwei Gruppen von jeweils 160 bis 170 Menschen auf zwei Parkplätzen am Stadtrand von Rom und Mailand ausgesetzt haben sollen – ohne Geld und Nahrung. Insgesamt seien in den vergangenen Tagen 1.300 Menschen auf Booten im Mittelmeer von der italienischen Küstenwache gerettet worden. Anschließend seien die beiden Gruppen in Busse gesetzt und durch Italien gefahren worden. Viele Einwanderer seien am Dienstag orientierungslos und barfuß aufgefunden worden. Das UNHCR verurteilte das Vorgehen der italienischen Behörden als unverantwortlich und inakzeptabel (…).
Kai Weber
Offenbar kommt es stark darauf an, welches VG einen solchen Bublin Fall beurteilt. In Bayern werden die gleichen Erkenntnissquellen vom UNHCR und Auswärtigem Amt anders ausgelegt:
„Nach den aktuell vorliegenden Erkenntnisquellen ist nicht davon auszugehen, dass in Italien systemische Mängel im dargestellten Umfang bestehen. Nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts führt zur Bejahung systemischer Mängel. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation, die medizinische Versorgung oder die Unterbringungssituation für Asylsuchende schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, führt nicht zu systemischen Mängeln des Asylverfahrens oder zu der Annahme einer allgemein bestehenden unmenschlichen Behandlung (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21.2.2014 – 10 A 10656/13 -, juris; OVG Niedersachsen, B. v. 30.1.2014 – 4 LA 167/13 -).
Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2013 ergibt sich, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin II-VO nach Italien zurückkehren, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet. Im Übrigen macht sich die Einzelrichterin die Einschätzung und Ausführungen des OVG NRW (U. v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 160 ff.) zu eigen, wonach sich Italien trotz festzustellender Mängel und Defizite und unbeschadet, auch durch den UNHCR, zu recht angebrachter Kritik im wesentlichen (noch) so verhalten habe, dass weder die Funktionsfähigkeit des Systems als solches in Frage gestellt ist, noch die aktuell vorhandenen Mängel ein Ausmaß und Gewicht erreichen, von dem ausgehend – insbesondere im Blick auf „Dublin-Rückkehrer“, die, wie die Klägerin, noch keinen Asylantrag in Italien gestellt haben – die Prognose einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 4 der Europäischen Grundrechte-Charta gerechtfertigt erscheint.
(VG Ansbach, Urteil vom 05. Juni 2014 – AN 1 K 14.30275 -).