Abgeschobener Syrer ist nach zwei Jahren wieder zurück in Deutschland

Nachfolgend veröffentlichen wir die Presseerklärung der Kanzlei Waldmann-Stocker, in der mittgeteilt wird, dass Herr Osman nach zwei Jahren endlich wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist.

Wir freuen uns mitteilen zu können, dass Herr B. Osman am 14.03.13 wohlbehalten am Flughafen Frankfurt/Main angekommen ist und deutschen Boden betreten hat. Der zur Volksgruppe der Kurden gehörende Syrer war im Januar 2011 durch den Landkreis Göttingen nach Syrien abgeschoben worden. Kurz nach seiner Ankunft verschärfte sich die Situation in Syrien derart, dass er schließlich in den benachbarten Libanon floh.
Der 37-jährige Syrer war zunächst im Jahr 2000 in das Bundesgebiet eingereist. Nachdem sein Asylantrag im Jahr 2001 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt wurde, war er seitdem geduldet worden, da er nach eigenen Angaben keinen Pass hatte. Dieser wurde allerdings Ende 2010 anlässlich einer Vorsprache zum Zwecke der Eheschließung vor dem Standesamt sichergestellt. Daraufhin wurde der Mann im Januar 2011 in Abschiebehaft genommen und die Abschiebung eingeleitet.

Bereits in Haft, stellte er einen Asylfolgeantrag im Hinblick auf die aktuelle politische Situation in Syrien und einen Abschiebeschutzantrag, den er mit seiner Hepatitis-B-Erkrankung begründete, derentwegen die er regelmäßig Medikamente einnehmen müsse, zu denen er in Syrien aus finanziellen Gründen keinen Zugang hätte. Nachdem die Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen zusicherte, in Syrien zwei Jahre lang die Kosten für seine Medikamente zu übernehmen, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und verneinte auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten.

Hiergegen wurde Klage erhoben und ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

Das Verwaltungsgericht Göttingen wies Ende Januar 2011 den Eilantrag im Hinblick auf die Kostenübernahmeerklärung des Landkreises Göttingen ab. Noch am gleichen Tag wurde der Mandant nach Syrien abgeschoben. Das Klageverfahren wurde für den Mandanten durch uns weiterbetrieben, wobei das VG Göttingen mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 4.9.2012 – 2 A 35/11 – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verpflichtete, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG festzustellen. Dieser Norm zufolge darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Eine solche Gefahr ist für den nach der Abschiebung nach Syrien in den Libanon geflohenen Mandanten, bejaht worden.

Zur Begründung verwies das Gericht auf die aktuelle Situation in Syrien. Bereits Ende Januar 2012 habe das Auswärtige Amt konstatiert, Teile des Landes würden sich an der Schwelle zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen befinden. Zwischenzeitlich sei ein Zustand erreicht, der eine dringende Lebens- oder jedenfalls Gesundheitsgefahr für nach Syrien Abgeschobene hervorrufe.

Bei einer Rückkehr nach Syrien würde er – wie sich aus verschiedenen Erkenntnismitteln ergäbe -mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als verdächtiger Rückkehrer durch den syrischen Geheimdienst gefoltert werden.

Ebenso sei offensichtlich, dass er in Syrien keinen regelmäßigen Zugang zu die für ihn lebensnotwendigen Medikament habe, woran auch die Kostenübernahme durch den Landkreis Göttingen nichts ändere. Ohne das Medikament bestehe die Gefahr einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bis hin zur Gefahr des Todes. Seine ursprüngliche Auffassung, eine Kostenübernahmeerklärung für die Dauer von zwei Jahren sei ausreichend, hat das Gericht in der Hauptsache nicht aufrechterhalten.

Obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits Ende September des letzten Jahres aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Urteils einen entsprechenden Abhilfebescheid erließ, musste der Mandant unter schwierigen Verhältnissen – auch was die Medikamentenversorgung anging – noch bis vor wenigen Tagen im Libanon ausharren, bis ihm seitens der deutschen Botschaft im Libanon das Einreisevisum erteilt wurde. Diese sah sich zunächst nicht in der Lage, allein zu entscheiden und beteiligte das Auswärtige Amt an diesem „besonderen Fall“. Eine erste Vorsprache bei der Botschaft konnte für Mitte November des letzten Jahres erreicht werden. Bei der Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen, der die Abschiebung durchführte, war sodann ein Antrag auf nachträgliche Befristung der Abschiebungswirkung („Wiedereinreisesperre“) zu stellen, dem am 11.12.2012 entsprochen wurde. Die für den Aufenthaltsort nach der Wiedereinreise zuständige Ausländerbehörde wurde sodann zur Verfahrensbeschleunigung um eine sogenannte „Vorabzustimmung“ gebeten, die sich dann wiederum bei dem örtlich zuständigen Regierungspräsidium in Karlsruhe rückversichern musste.

Seit seiner Rückkehr nach Deutschland lebt der Mandant nunmehr bei seiner Verlobten in Süddeutschland.

gez. Deery gez. Waldmann-Stocker

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