Wie läuft das Visumverfahren ab?

Terminbuchung

Um den Familiennachzug beantragen zu können, muss im Ausland ein Visumantrag bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung gestellt werden. Die Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach Nationalität und dauerhaftem Wohnsitz.

Dazu muss ein Termin zur persönlichen Vorsprache über die Internetseite der jeweiligen Auslandsvertretung gebucht werden.

Sonderfall Afghanistan: Siehe hier.

Terminvorziehung: Nach Aussage des Auswärtigen Amtes vergeben die Botschaften Sondertermine zur Vorsprache, wenn besondere Umstände vorliegen, die auf eine besondere Notlage bzw. eine besondere Gefährdungssituation hindeuten und eine unverzügliche sachliche Prüfung des Visumbegehrens erfordern. Unter Darlegung der spezifischen Gefährdungssituation könne daher auf die Vergabe eines zeitnahen Sondertermins bei der deutschen Auslandsvertretung hingewirkt werden. Ein Hinweis auf die generelle Gefährdungssituation genügt jedoch nicht.

Praxisprobleme:

  • Wartezeiten bis zur Terminvergabe von bis zu 2 Jahren
  • In einigen Ländern sind aufgrund der Sicherheitslage Auslandsvertretungen weitgehend geschlossen (u.a. Syrien, Afghanistan, Somalia, Eritrea)
  • Zuständigkeiten der Auslandsvertretungen unflexibel

 

Antragstellung

Beim Termin zur Antragstellung werden alle geforderten Unterlagen eingereicht. In der Regel sind dies Dokumente zum Nachweis von Identität und Familienzugehörigkeit (wie Geburts-, Ehe- und ggf. Sterbeurkunden, Eintragungen ins Zivilregister und Ausweise), Visumanträge, Reisepässe, Belege zum rechtmäßigen Aufenthalt der Referenzperson in Deutschland, teilweise außerdem Verschollenheitsbelege oder DNA-Tests.

Die Unterlagen, die zum Termin mitzubringen sind, finden sich im Einzelnen auf sogenannten Merkblättern auf den Internetseiten der jeweiligen Auslandsvertretungen.

Praxisprobleme:

  • Die Dokumente sind teilweise nicht oder nur sehr schwer beschaffbar
  • Die Dokumentbeschaffung und Übersetzungen sind mit hohen Kosten verbunden

 

Rolle des IOM

Teilweise sind Familienunterstützungszentren der International Organization for Migration (IOM) am Verfahren beteiligt. Sie beraten die Antragsteller:innen hinsichtlich der Vollständigkeit der Dokumente, verwalten die Termine und geben Anträge an die Botschaften weiter (insbesondere bei Anträgen von Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten).

Praxisproblem:

  • Der Aufgabenbereich und die Zuständigkeiten der IOM Unterstützungszentren sind in den unterschiedlichen Ländern sehr unterschiedlich

 

Prüfung des Visumantrags nach Anstragstellung bei der Auslandsvertretung

Nach der Antragstellung wird der Visumantrag durch die Auslandsvertretung geprüft. Das läuft in folgenden Schritten ab:

Schritt 1: Die Auslandsvertretung prüft die herkunftslandbezogenen Dokumente (Vollständigkeit & Echtheit) und stellt ggf. Nachforderungen

Schritt 2: Die Dokumente werden an die zuständige Ausländerbehörde weitergeleitet

Schritt 3: Die Ausländerbehörde verfasst eine Stellungnahme und leitet sie an die Auslandsvertretung. Die Zustimmung der Ausländerbehörde ist in der Regel nötig für die Visumserteilung.

Schritt 4: Die Auslandsvertretung trifft die abschließende Entscheidung „im Einklang mit der Ausländerbehörde“

Schritt 5: Die Auslandsvertretung teilt die Entscheidung mit. Bei Erteilung erhalten die Antragsteller:innen eine Mitteilung zur Abholung des Visums. Bei Ablehnung steht den Antragsteller:innen die Option der Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Die Möglichkeit einer Remonstration wurde leider abgeschafft.

Auf die Einbeziehung der Ausländerbehörde kann in Ausnahmefällen verzichtet werden, wenn eine sogenannte Globalzustimmung (§ 32 AufenthV) vorliegt. Dies gilt in Niedersachsen seit Juni 2015 für Angehörige von syrischen Schutzberechtigten, die innerhalb von drei Monaten einen fristwahrenden Antrag gestellt haben.

 

Nachholendes Visumverfahren

Reist ein:e Angehörige:r ohne Visum oder mit einem Visum für andere Zwecke ein, etwa als Geflüchtete:r oder mit einem Touristenvisum, muss er:sie in der Regel das Visumverfahren zum Zwecke des Familiennachzugs nachholen, wenn er:sie einen familiären Aufenthaltstitel beantragen möchte. Das bedeutet, dass die nachziehende Person ausreisen muss, um bei der zuständigen deutschen Botschaft das Visum für den Familiennachzug zu beantragen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn das nachholende Visumverfahren nicht zumutbar ist (§ 5 Abs 2 S. 2). Gründe für die Unzumutbarkeit können die Trennung von einem (kleinen) minderjährigen Kind, eine nachgewiesene psychische Erkrankung oder die Pflege von Angehörigen sein. Die Unzumutbarkeit sollte gegenüber der Ausländerbehörde begründet werden. Auch die politische Situation im Herkunftsland kann Grund für die Unzumutbarkeit sein.

Derzeit ist es für ukrainische Staatsangehörige grundsätzlich als unzumutbar eingestuft, ein nachholendes Visumverfahren zu durchlaufen.

Weitere Informationen zum nachholenden Visumverfahren: https://www.advogarant.de/rechtsanwalt/gebiete/rechtsanwalt-fuer-internationales-recht/nachholung-visumsverfahren

 

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