Familienasyl im Kontext von Familienzusammenführungen zu anerkannten Flüchtlingen

Im Rahmen von Familienzusammenführungen ist das Familienasyl nach § 26 AsylG eine gesetzliche Möglichkeit für die nachziehende(n) Person(en), den gleichen Status (Asylberechtigung bzw. Flüchtlingsanerkennung nach Genfer Flüchtlingskonvention bzw. subsidiärer Schutzstatus) zu erlangen, den die bereits in Deutschland lebende Person hat.

Gegenüber einem Aufenthaltsrecht nach § 30 AufenthG (Ehepartner) oder § 32 AufenthG (Kinder) oder – beim Nachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen – nach § 36 Abs. 1 AufenthG hat das Familienasyl für die Nachziehenden klare Vorteile. Denn ein Aufenthaltstitel im Rahmen des allgemeinen Familiennachzugs ist zweckgebunden, d.h. für den:die Ehegatt:in besteht das Aufenthaltsrecht für die Dauer der Ehe und für Kinder bis zum Ende der Minderjährigkeit. Das Familienasyl bietet dagegen allen Angehörigen, die im Rahmen von Familienzusammenführungen (oder auch auf anderem Weg) zu anerkannten Flüchtlingen oder Personen mit subsidiärem Schutz nachreisen, einen von diesen unabhängigen Status. Bei Gewährung von Familienasyl erhalten nachziehende Familienangehörige den gleichen Status wie die Referenzperson (das ist die Person, zu der der Nachzug erfolgt), also aktuell eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG. Noch wichtiger ist, dass sie ebenfalls einen Flüchtlingspass bekommen.

Nachzug von Ehepartner:innen und Kindern

Auf Grundlage von § 26 Abs. 3 Nr. 1-5 in Verbindung mit § 26 Abs. 5 AsylG haben der:die Ehegatt:in sowie die minderjährigen Kinder einen Anspruch auf Zuerkennung der Familienflüchtlingseigenschaft im Rahmen von Familienasyl, wenn die Referenzperson diesen Status hat.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist, dass der Antrag unverzüglich – in diesem Fall bedeutet das ausnahmsweise innerhalb von 3 Monaten (statt wie normalerweise innerhalb von 2 Wochen) – nach der Einreise nach Deutschland bei der zuständigen Stelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt wird (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Eine weitere Voraussetzung für die Beantragung der Familienflüchtlingseigenschaft ist, dass der Aufenthaltstitel der Referenzperson weiterhin besteht.

Zunächst ist allerdings zu empfehlen, dass der:die nachziehende Ehegatt:in sowie die nachziehenden Kinder nach der Einreise als Mitglieder der Kernfamilie einen Aufenthaltstitel nach §§ 30, 32 AufenthG bei der Ausländerbehörde (ABH) beantragen. Die Beantragung wird dann entsprechend auch seitens der (ABH) bescheinigt. Die nachziehenden Personen sollten sich nicht
lediglich mit einer Bescheinigung der zuständigen ABH auf Beantragung des Aufenthaltstitels begnügen; besser wäre es, dass die nachziehenden Personen nach § 78a AufenthG einen Vordruck für Aufenthaltstitel in Ausnahmefällen tatsächlich ausgehändigt bekommen. Nur dann kann man sicher sein, dass der Aufenthaltstitel nicht für die Dauer des Asylverfahrens erlischt. Damit können die nachziehenden Personen Leistungen nach SGB II beantragen. Da eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32 AufenthG bei Asylbeantragung nicht erlischt (s. § 51 Abs. 1 AufenthG), hat der bisherige Aufenthaltstitel nach AufenthG für die Dauer des Familienasylverfahrens Bestand.

Die nachziehenden Personen, die Familienasyl nach § 26 AsylG beantragen, werden anders als bei regulären Asylverfahren in der Regel nicht umverteilt. Auch wird ihnen der Aufenthalt in Erstaufnahmeeinrichtungen erspart. Die übrigen Abläufe entsprechen dem regulären Verfahren: Erforderlich ist eine erkennungsdienstliche Behandlung sowie eine kurze Anhörung beim BAMF.

Familiennachzug zu anerkannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF)

Für die Eltern von in Deutschland anerkannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen besteht ein Anspruch auf Familiennachzug, nicht jedoch für die minderjährigen Geschwister der UMFe. Derzeit wird die Ablehnung von Visaanträgen für minderjährige Geschwister von in Deutschland anerkannten UMFen mehr und mehr zur Regel aller deutschen Auslandsvertretungen. Visaerteilungen werden dagegen zur Ausnahme. Selbstverständlich steht den Betroffenen dagegen ein Remonstrationsrecht bei der Auslandsvertretung und Klagen beim Verwaltungsgericht Berlin offen. Die Erfolgsaussichten dafür sind allerdings gering, solange sich die gesetzliche Auslegung des Begriffs der außergewöhnlichen Härte bei dieser Personengruppe nicht ändert.

Das Auswärtige Amt hat im April 2017 einen Erlass herausgegeben, mit dem der Nachzug von Geschwistern der anerkannten UMF weiter erschwert wird. Dies führt in der Praxis dazu, dass Eltern die Entscheidung treffen müssen, sich vorübergehend zu trennen: ein Elternteil reist nach Deutschland, das andere Elternteil verbleibt mit den weiteren Kindern am bisherigen Aufenthaltsort. Vor diesem Hintergrund ist der Familienasylantrag eine der wenigen Möglichkeiten, um den minderjährigen Geschwistern, denen die Ausstellung von Visa verweigert wurden, eine gesicherte Einreisemöglichkeit zu verschaffen. Die Nachzugsansprüche der Kinder werden in diesem Fall über die Eltern geschaffen. Denn diese haben (bei Asylberechtigung bzw. Flüchtlingsanerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention) einen Rechtsanspruch auf den Nachzug ihrer minderjährigen Kinder.

Dafür ist das folgende Vorgehen möglich:

  • Zunächst ist allerdings zu empfehlen, dass die nachziehenden Eltern nach der Einreise einen Aufenthaltstitel nach § 36 Abs. 1 AufenthG bei der Ausländerbehörde (ABH) beantragen. Die Beantragung wird dann entsprechend auch seitens der (ABH) bescheinigt. Die nachziehenden Personen sollten sich nicht lediglich mit einer Bescheinigung der zuständigen ABH auf Beantragung des Aufenthaltstitels begnügen; besser wäre es, dass die nachziehenden Personen nach § 78a AufenthG einen Vordruck für Aufenthaltstitel in Ausnahmefällen tatsächlich ausgehändigt bekommen. Nur dann kann man sicher sein, dass der Aufenthaltstitel nicht für die Dauer des Asylverfahrens erlischt. Damit können die nachziehenden Personen Leistungen nach SGB II beantragen.
  • Eine der wichtigsten Voraussetzungen danach ist, dass ein Antrag auf Familienasyl unverzüglich (innerhalb von 2 Wochen) nach der Einreise nach Deutschland bei der zuständigen Stelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gestellt wird (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 AsylG).
  • Da die Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 1 AufenthG bei Asylbeantragung nicht erlischt (s. § 51 Abs. 1 AufenthG), hat der Aufenthaltstitel nach § 36 Abs. 1 AufenthG für die Dauer des Familienasylverfahrens Bestand, mit der weiterhin dann entsprechende SGB II-Leistungen während des Verfahrens zustehen.

Beim Familienasyl wird ein Aufenthalt in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen und eine Umverteilung erspart. Das Elternteil wird dann zwecks erkennungsdienstlicher Behandlung zum BAMF geladen und erhält danach einen Termin zwecks kurzer Anhörung. So haben die nachgezogenen Personen grundsätzlich einen Anspruch auf Zuerkennung der Familienflüchtlingseigenschaft.

  • Entscheidend ist beim Nachzug zu einem UMF – neben der Zwei-Wochen-Frist nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 AsylG –, dass der Familienasylantrag gestellt werden muss, solange die Referenzperson noch minderjährig ist. Es spielt anschließend bei der Entscheidung über den Antrag keine Rolle, ob er:sie zwischenzeitlich nach Antragstellung volljährig geworden ist.
Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!