Aufenthaltsrecht – Nicht-ukrainische Staatsangehörige

Nicht-Ukrainische Staatsangehörige, die sich vor dem 24.02.2022 in der Ukraine aufgehalten haben

Nicht-ukrainische Staatsangehörige, die vor dem Angriff der russischen Truppen in der Ukraine gelebt haben und in Ihrem Herkunftsland Repressalien, Verfolgung oder ein Leben in (wirtschaftlichem) Elend befürchten, sollten sich nicht vorschnell dazu drängen lassen, einen Asylantrag zu stellen. Stattdessen sollten sie darauf bestehen, dass die örtliche Ausländerbehörde eine Fiktionsbescheinigung ausstellt, in der vermerkt ist, dass ein Aufenthaltstitel nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wurde.

Nicht-ukrainische Staatsangehörige mit unbefristetem Aufenthaltstitel für die Ukraine
Bei nicht-ukrainischen Staatsangehörigen, die sich vor dem 24.02.2022 mit einem nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und dies nachweisen können, ist nach den Hinweisen des BMI vom 14. April 2022 (Nr. 2) – unabhängig vom Herkunftsstaat – prima facie von einer maßgeblichen Verbindung in der Ukraine und damit davon auszugehen, dass sie nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückzukehren, weil eine engere Bindung zur Ukraine besteht als zum Herkunftsstaat. Sie erhalten in aller Regel eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG.

Zu den Rechten und Pflichten von Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG siehe das Merkblatt für aus der Ukraine geflüchtete Personen die in der Bundesrepublik Deutschland vorübergehenden Schutz suchen auf Deutsch, Englisch und Ukrainisch.

Nicht-ukrainische Staatsangehörige mit befristetem Aufenthaltstitel für die Ukraine
Bei nicht-ukrainischen Staatsangehörigen, die sich vor dem 24.02.2022 mit einem nach ukrainischem Recht erteilten gültigen befristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und dies nachweisen können gilt folgendes:

Bei Personen aus Afghanistan, Eritrea und Syrien wird davon ausgegangen, dass keine sichere und dauerhafte Möglichkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat besteht, weshalb sie ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten.

Bei allen anderen Drittstaatsangehörigen mit einem gültigen, befristeten ukrainischen Aufenthaltstitel hingegen sollen die Ausländerbehörden unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat sowie des individuellen Vorbringens im Einzelfall prüfen, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG vorliegen, die eine „sichere und dauerhafte Rückkehr“ ausschließen und zu einer Aufenthaltsgewährung nach § 24 AufenthG zwingen.

Wichtiger Hinweis: Besteht begründete Aussicht auf die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels müssen die Ausländerbehörden die Prüfung einer sicheren und dauerhaften Rückkehrmöglichkeit zunächst zurückzustellen. Nicht-ukrainischen Staatsangehörigen, die über eine gültige, befristete ukrainische Aufenthaltserlaubnis verfügen, sollten daher mit einer Beratungsstelle in Kontakt treten, um sich darüber zu informieren, ob die Erteilung eines alternativen Aufenthaltstitels – etwa zum Studium, für eine Ausbildung oder als Fachkraft – in Betracht kommt. Denn bei nicht-ukrainischen Drittstaatsangehörigen, die keinen vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erhalten, aber bei denen alternative aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten – etwa zum Studium, für eine Ausbildung oder als Fachkraft – bestehen, ist von der Nachholung des Visumverfahrens abzusehen. D.h. sie können ein entsprechendes Visum in Deutschland beantragen, ohne in ihren Herkunftsstaat ausreisen zu müssen.

Tragen nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige mit befristetem Aufenthaltstitel in der Ukraine der Ausländerbehörde im Rahmen der Prüfung des § 24 AufenthG etwaige Belange vor, welche die Anforderungen des § 13 AsylG erfüllen, – bspw. eine (drohende) politische Verfolgung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts -, sollen sie auf eine Asylantragstellung beim BAMF verwiesen werden. Mit der Geltendmachung individueller Gründe im Sinne von § 13 AsylG werden die betreffenden Antragsteller den regulär im Asylverfahren befindlichen Personen gleichgestellt. Hierauf sind die Antragsstellenden im Vorfeld von der Ausländerbehörde hinzuweisen.

Erfüllen die Ausführungen der betreffenden Personen zu einer nicht sicheren und dauerhaften Rückkehrmöglichkeit in das Herkunftsland demgegenüber nicht die Anforderungen des § 13 AsylG und kann die Ausländerbehörde darüber hinaus auch nicht durch eigene Sachkunde feststellen, ob eine sichere und dauerhafte Rückkehrmöglichkeit besteht, kann/soll insbesondere bei Vortrag zur Zugehörigkeit zu vulnerablen Gruppen (alleinstehende Frauen mit kleinen Kindern, behinderte Menschen), zu medizinischen Gründen (Krankheiten) oder in Bezug auf ein fehlendes Existenzminimum eine Beteiligung des BAMF nach § 72 Abs. 2 AufenthG erfolgen (Siehe Hinweise des BMI vom 14. April 2022, Nr. 4.4).

Wichtiger Hinweis: Nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die weder einen vorübergehenden Schutz gem. § 24 AufenthG noch einen anderen Aufenthaltstitel erhalten können, sollten ebenfalls mit einer Beratungsstelle Kontakt aufnehmen, um sich über die Erfolgsaussichten eines Asylantrags oder anderer aufenthaltsrechtlicher Perspektiven zu informieren!

Die aufenthalts- und asylrechtlichen Situationen von Drittstaatenangehörigen, die aus der Ukraine fliehen mussten, sind höchst individuell. Um der individuellen Situation der Betroffenen gerecht zu werden, ist die Kontaktaufnahme zu einer spezialisierten Fachberatungsstelle ratsam. Beratungsstellen finden Sie zum Beispiel hier auf unserer Internetseite oder im Migrationsberatungsatlas Niedersachsen. Einige Beratungsstellen haben sich zusammengeschlossen und wenden sich hiermit direkt an betroffene Drittstaatenangehörige.

Personen, die in der Ukraine ein laufendes Asylverfahren haben

Personen, die den vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG ablehnen oder die Voraussetzungen nicht erfüllen und demgegenüber einen expliziten Asylantrag in Deutschland stellen, durchlaufen ein reguläres Asylverfahren. Ein noch laufendes Asylverfahren in der Ukraine hat hierauf keinen Einfluss. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Ukraine wäre (nur) als Abschiebungsverbot in den Herkunftsstaat bzw. die Herkunftsregion zu beachten, § 60 Absatz 1 Satz 2 Alt. 3 und Satz 3 AufenthG.

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