Anlässlich des internationalen Weltflüchtlingstages am 20. Juni hat das Bündnis „Nein“ zur Bezahlkarte Niedersachsen der niedersächsischen Innenministerin Daniela Behrens eine Erklärung gegen die diskriminierende Bezahlkarte für Geflüchtete überreicht. In der von über einhundert Organisationen und Initiativen unterzeichneten Erklärung bezeichnet das Bündnis die Karte als populistische Symbolpolitik der Ausgrenzung und fordert die Landesregierung auf, sich auf ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu besinnen und „Rassismus mit aller Kraft“ zu
bekämpfen. Dies bedeutet nach Ansicht der unterzeichnenden Organisationen eben auch die Rücknahme der mit Restriktionen versehenen Bezahlkarte für Geflüchtete, nicht zuletzt, da sie nach Ansicht des Bündnisses ihren vorgeblichen Zweck, Geflüchtete durch schäbige Behandlung von der Flucht nach Deutschland abzuhalten, nicht erfüllen wird.
Die Übergabe der Erklärung fand im Rahmen einer Kundgebung vor dem Niedersächsischen Landtag statt. Redner:innen aus dem Bündnis wiesen auf die ausgrenzende und diskriminierende Wirkung der Bezahlkarte hin und wie sie als eine Maßnahme Teil eines ganzen Gefüges aus Entrechtung Geflüchteter darstellt und letztlich auch als Angriff auf den Rechtsstaat zu verstehen ist.
Die Karte erhalten in Niedersachsen Asylbewerber:innen oder Geflüchtete mit Duldung, die die sog. Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Diese Leistungen liegen ohnehin schon gut 20% unter dem Bürgergeld, das das verfassungsrechtlich festgeschriebene Existenzminimum darstellt. Mit der Bezahlkarte können Geflüchtete nicht alle Dinge kaufen, wie z.B. auf dem Wochenmarkt oder gebrauchte Waren im Second-Hand-Laden. Weil sie nicht immer die billigsten Waren und Dienstleistungen kaufen können, verringert sich die Kaufkraft ihrer Leistungen also faktisch. Hinzu kommt, dass sie auch andere wichtige Zahlungen nicht tätigen können. Hier sind insbesondere Honorare für Anwält:innen zu nennen, die häufig nicht mit der Karte bezahlt werden können. Dem Flüchtlingsrat wurde bereits ein Fall bekannt, wo für einen Asylbewerber nicht fristgerecht eine Klage gegen seinen abgelehnten Asylbescheid eingelegt werden konnte, weil er den Anwalt nicht mit der Bezahlkarte bezahlen konnte.
Zahlungsempfänger:innen (wie z.B. Anwält:innen) müssen auf Antrag für eine Positivliste (sog. Whitelist) freigeschaltet werden. Das stellt für Geflüchtete eine große technische Hürde da, wie die ersten Erfahrungen zweigen. Nicht allein die sprachlichen Barrieren sind dabei zu nennen, sondern auch digitale Hürden. Denn für die Beantragung ist ein Laptop und eine ausreichende Internetverbindung notwendig, jede:r Zahlungsempfänger:in muss einzelnen beantragt und anschließend durch die Behörde genehmigt werden. Viele Geflüchtete können das nur mit Unterstützung. Nicht allein darum ist auch datenschutzrechtlich die Bezahlkarte äußerst fragwürdig.
Innenministerin Behrens hat bei der Entgegennahme der Erklärung zugesagt, im Herbst, wenn weitere Erfahrungen mit der diskriminierenden Bezahlkarte gesammelt wurden, dem Bündnis für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Ohnehin hatte das Innenministerium angekündigt, die Bezahlkarte zu evaluieren. Wir haben die Hoffnung, dass darauf die Rücknahme der diskriminierenden Bezahlkarte folgen wird.
Weitere Infos zur Übergabe:
Pressemitteilung vom 19.06.2025
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