„Die diskriminierende Bezahlkarte ist ein symbolpolitischer Akt der Ausgrenzung“
Das „Bündnis ‚Nein‘ zur Bezahlkarte Niedersachsen“, zu dem zahlreiche Initiativen und Organisationen aus Niedersachsen wie u.a. der Flüchtlingsrat Niedersachsen gehören, nimmt den Weltflüchtlingstag am 20. Juni zum Anlass, um der niedersächsischen Innenministerin Daniela Behrens ihre Erklärung gegen die diskriminierende Bezahlkarte für Geflüchtete zu überreichen. Die Erklärung wurde bisher von über hundert Initiativen und Organisationen aus Niedersachsen unterzeichnet. Sie fordern die Landesregierung auf, sich auf ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu besinnen und „Rassismus mit aller Kraft“ zu
bekämpfen. Sie erwarten daher die Rücknahme der mit Einschränkungen für die Geflüchteten versehenen Bezahlkarte und stattdessen den Menschen wieder die freie Verfügbarkeit über ihre Leistungen zu gewähren.
„Die Beschränkung des verfügbaren Bargelds auf 50,- Euro im Monat führt zu einer faktischen Minderung der Leistungen für Geflüchtete. Denn nicht alle Waren wie z.B. auf dem Wochenmarkt oder Second-Hand-Artikel können mit der diskriminierenden Bezahlkarte gekauft werden. Oftmals können Anwält:innen nicht mit der Karte bezahlt werden, was für Geflüchtete im Asylverfahren katastrophale Folgen haben kann“, betont Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
Zudem sind Überweisungen oder Lastschriftverkehr nur möglich, wenn die Zahlungsempfänger:innen auf einer Positivliste (einer sog. Whitelist) stehen und müssen ggf. auf Antrag extra in die Liste aufgenommen werden. Das ist aus Sicht des Flüchtlingsrates datenschutzrechtlich fragwürdig und stellt die Menschen zudem vor technische Schwierigkeiten, wie erste Erfahrungen mit der Karte zeigen. Nicht zuletzt wird der Verwaltungsaufwand nach Einschätzung des Flüchtlingsrates deutlich erhöht werden, was auch schon einige kommunale Verwaltungen bestätigt haben.
Die bundesweite Einführung der diskriminierenden Bezahlkarte wurde auf der Ministerpräsident:innen-Konferenz im Januar 2024 beschlossen. In Niedersachsen wird sie seit Dezember an neu angekommene Asylsuchende ausgegeben.
„Der Einführung der diskriminierenden Bezahlkarte ging eine massive Kampagne voraus, in der propagiert wurde, dass die Gesellschaft von der Aufnahme Schutz suchender Menschen überfordert sei. (Flucht-)Migration wurde zur Ursache nahezu sämtlicher gesellschaftlicher Probleme erklärt. Die diskriminierende Bezahlkarte ist aus unserer Sicht ein symbolpolitischer Akt der Ausgrenzung, der der Öffentlichkeit signalisieren soll, wir gehen jetzt hart gegen die unwillkommenen und kriminalisierten Asylsuchenden vor“, meint Sigmar Walbrecht.
Diese Einschätzung kommt auch in der Erklärung gegen die diskriminierende Bezahlkarte zum Ausdruck. Das niedersächsische Bündnis stellt darin fest, dass die intendierte Abschreckung nicht funktionieren wird:
„Wer vor Krieg und Gewalt flieht, wird sich nicht davon abhalten lassen, weil es in Deutschland eine Bezahlkarte gibt. Die Bezahlkarte wird ihren vorgeblichen Zweck nicht erreichen, Geflüchtete jedoch in essenziellen Lebensbereichen diskriminieren“.
Das „Bündnis ‚Nein‘ zur Bezahlkarte Niedersachsen“ hat für Freitag ab 14.00 Uhr eine Kundgebung auf dem Hannah-Ahrendt-Platz vor dem Landtag in Hannover angemeldet. Innenministerin Behrens hat angekündigt, dort die Erklärung gegen 15.00 Uhr entgegenzunehmen.
Niedersächsische Erklärung gegen die diskriminierende Bezahlkarte
Aufruf zur Kundgebung am Freitag, 20.06., 14.00 Uhr vor dem Niedersächsischen Landtag
Kontakt:
Sigmar Walbrecht
sw@nds-fluerat.org
Durchwahl: 0511 84 87 99 73
Tel.: 0511/98 24 60 30
Fax: 0511/98 24 60 31
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