Bündnis fordert: Bezahlkarte für Asylsuchende diskriminierungsfrei gestalten!

   

Ein Bündnis aus der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen, dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Niedersachsen fordert mit dem nachfolgenden Forderungspapier die niedersächsische Landesregierung auf, die jetzt beschlossene „Bezahlkarte“ in Niedersachsen diskriminierungsfrei umzusetzen, wie dies derzeit in der Landeshauptstadt Hannover geschieht. Dazu erklären die Unterzeichnenden:

Claire Deery, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Niedersachsen:

„Die niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen, Diskriminierungen abzubauen und Rassismus zu bekämpfen. Eine Einschränkung der Bargeldverfügung und der Überweisungsfunktion wäre mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar. Die Hannoversche „Social Card“ ist aus unserer Sicht Vorlage und Vorbild für eine Umsetzung der Bezahlkarte in Niedersachsen.“

Dr. Gerhard Tepe, Direktor Landes-Caritasverband für Oldenburg und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (LAG FW):

„Sozialleistungen zu erhalten, erklärt kein Flüchtling zu seinem Zukunftstraum. Aber eine Bezahlkarte für Geflüchtete ist sicher zeitgemäßer als das Schlangestehen für Bar-Auszahlungen. Die geplanten Einschränkungen dürfen allerdings nicht die persönliche Lebensführung der Betroffenen einschränken. Daher plädieren wir als Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen für eine praktische Handhabung, ohne Stigmatisierungsfolgen für die Betroffenen.“

Dr. Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB Niedersachsen:

„Wenn Menschen ihre Heimat verlassen und aus Not zu uns kommen, brauchen sie Schutz und soziale Teilhabe. Eine Bezahlkarte mit eingeschränkten Funktionen zum Beispiel bei der Bargeldabhebung würde dem entgegenstehen. Diskriminierungen sowie eine Einschränkung der Selbstbestimmung wären die Folge. Nach der vor kurzem beschlossenen Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes obliegt die konkrete Ausgestaltung der Bezahlkarte den Ländern. Daher fordern wir das Land Niedersachsen auf, die Bezahlkarte diskriminierungsfrei zu gestalten.“

Die gemeinsame Erklärung hat folgenden Wortlaut:

Bündnis fordert: Bezahlkarte für Asylsuchende diskriminierungsfrei gestalten!

Ein Bündnis aus der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen, dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Niedersachsen fordert die niedersächsische Landesregierung auf, die jetzt beschlossene „Bezahlkarte“ in Niedersachsen diskriminierungsfrei umzusetzen, wie dies derzeit in der Landeshauptstadt Hannover geschieht.

Eine Bezahlkarte kann sinnvoll sein, um Menschen, die kein oder noch kein Bankkonto besitzen, mit Leistungen zu versorgen. Der Einsatz einer Bezahlkarte mit eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten kann zu Diskriminierung führen. In ihrem Koalitionsvertrag hat die Landesregierung angekündigt, „dass alle ankommenden Geflüchteten in Niedersachsen gleichbehandelt werden und ihnen möglichst schnell ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird“. Dies muss von der Landesregierung umgesetzt werden.

Die Bezahlkarte darf Menschen nicht entmündigen. Dies würde Integration und Teilhabe nachhaltig behindern. Das vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bekräftigte Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum darf nicht verletzt werden. Das Bündnis appelliert an das Land Niedersachsen:

  • Bankkonto statt Bezahlkarte: Die bestehende Lösung per Banküberweisung hat sich bewährt. Die Bezahlkarte sollte, wenn überhaupt, nur in Aufnahmeeinrichtungen des Landes eingesetzt werden, bis ein Bankkonto eröffnet werden kann.
    Die Bezahlkarte muss so ausgestaltet sein, dass sie einsetzbar ist wie alle anderen Debit- bzw. EC-Karten auch, in allen Geschäften, für jede Dienstleistung und auch eine freie Verfügung über Bargeld ermöglicht.
  • Der gesamte Bargeldbetrag muss abhebbar sein: Bargeld ist unerlässlich für eine bedarfsdeckende und menschenwürdige Gewährung des Existenzminimums. Wenn kein ausreichender Zugang zu Bargeld mehr gegeben ist, können die kostengünstigen Angebote von Sozialkaufhäusern, Gebrauchtwarenmärkten, Flohmärkten und Tafeln, aber auch die Bezahlung anwaltlicher Vertretung im Asylverfahren nicht mehr genutzt werden. Kinder auf Schulausflügen brauchen Kleinstbeträge in bar.
  • Überweisung und Lastschriftverkehr müssen mit der Bezahlkarte möglich sein: Die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr muss möglich sein, um beispielsweise Telefonverträge, kostengünstige Online-Einkäufe oder das Deutschland-Ticket zahlen zu können. Geflüchtete und ihre Kinder könnten keinem Sportverein beitreten, da sie die Mitgliedsbeiträge nicht überweisen können. Die Stadt Hannover macht es vor: Mit dem dortigen System sind z.B. Überweisungen möglich, sie funktioniert wie eine EC-Karte.
  • Es dürfen keine bestimmten Händlergruppen ausgeschlossen werden: Asylsuchenden muss die Möglichkeit gegeben werden, eigenverantwortlich und selbstbestimmt entscheiden zu können, welche Waren und Dienstleistungen sie benötigen. Die Diskussion um die Einführung der Bezahlkarte sollte sachgerecht und im Sinne einer integrationsfördernden, verwaltungsentlastenden Maßnahme geführt werden.
  • Das Bündnis erklärt: „Als Verbände stehen wir dem Land Niedersachsen jederzeit beratend zur Verfügung, um im Sinne der schutzsuchenden Menschen und des gesellschaftlichen Miteinanders nachvollziehbare Lösungen zu erarbeiten.“

Erklärung als pdf

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