Härtefallkommission in der Kritik: Deufel wirbt für humanere Flüchtlingspolitik

„Es fehlt leider oft an Verständnis“

Hannover. Hildesheims früherer Oberstadtdirektor Konrad Deufel (CDU) ist zuversichtlich, dass die Härtefallkommission des Innenministeriums nicht an inneren Konflikten zerbricht – auch wenn er ihr selbst den Rücken gekehrt hat. „Innenminister Uwe Schünemann hat – da kann ich nur sagen: Respekt – richtig reagiert, in dem er jetzt den Vorsitz in der Kommission auswechselt und die Zuständigkeit im Ministerium verändert“, sagte Deufel gestern dieser Zeitung. Was aber zusätzlich Not tue, sei eine Grundsatzdiskussion darüber, wen man in Niedersachsen als Härtefall betrachte. „Da hätte ich mir auch vom Ministerium mehr Verständnis für die Nöte von Flüchtlingen gewünscht“, sagte der früherer Oberstadtdirektor.

Die Härtefallkommission existiert seit vier Jahren. Sie kann für abgelehnte Asylbewerber oder andere Flüchtlinge in Ausnahmefällen ein Bleiberecht in Deutschland empfehlen. Über die Vorschläge der ehrenamtlichen Kommission befindet aber immer der Innenminister.

Deufel sagte, dass bei der Bewertung der Härtefälle die Vermerke des Innenministeriums eine große Rolle spielten. „Da frage ich mich schon, welcher Geist steht dahinter.“ Müsse beispielsweise die Staatsanwaltschaft „in den Keller steigen und verstaubte Akten herausholen“, um längst verjährte Verstöße hervorzuholen, die gegen einen Flüchtling sprächen, fragte Deufel.

„Oder warum muss eine schwerbehinderte Frau dem Schutz ihrer Familie entrissen werden, für die die Familie aufkommt, die Krankenkasse zahlt, die aber dennoch nicht bleiben darf, weil sie nicht den ausländerrechtlichen Kriterien entspricht?“ Auch die Fälle von Jesiden berühren ihn. „Da werden Menschen abgeschoben, die, in Syrien angekommen, gleich auf dem Flughafen einem scharfen Verhör unterzogen werden – so scharf, dass sie eine riesige Angst bekommen, in dieses Land wieder abgeschoben zu werden.“

Offen sei auch der Umgang mit Roma oder die Frage, wie viel deutsche Sprachkenntnisse vonnöten seien. Deufel erinnert an die jüngste Rede des Bundespräsidenten Christian Wulff: „Weil diese Menschen mit ausländischen Wurzeln mir wichtig sind, will ich nicht, dass sie verletzt werden in durchaus notwendigen Debatten. Legendenbildung, Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen.“

07.10.2010 / HAZ Seite 6 Ressort: NIEDERSACHSEN

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