Angesichts der Covid-19-Pandemie sind Schulcomputer für einkommensschwache Haushalte unabdingbar – Hier finden Sie Informationen und Hilfen, um finanzielle Zuschüsse für digitale Endgeräte zu beantragen.
(s.a.: Presseinformation „Jetzt Bildungsteilhabe von Geflüchteten sichern!“)
Am 16. März 2020 wurden die Schulen zur Vermeidung weiterer Infektionen durch das Covid-19-Virus bundesweit geschlossen, und auch bis heute findet nur eingeschränkt wieder Präsenzuntericht statt – häufig immer wieder unterbrochen. Der Unterricht wird allerdings oft digital fortgesetzt. Viele einkommensschwache Haushalte sind indes nicht ausreichend mit Computern oder Laptops ausgestattet. Hierunter fallen auch viele Haushalte Geflüchteter. Die Kinder solcher Haushalte können dem digitalen Unterricht oft nicht und den Anforderungen der analogen Arbeitsaufträge nur bedingt folgen. Mit jedem weiteren Tag, den kein herkömmlicher Präsenzuntericht stattfindet, wachsen deshalb die Rückstände bei diesen Kindern und die Bildungsschere öffnet sich weiter. Familie Rahmani berichtet über die konkreten Probleme in unserem Video.
Zwar plant die Landesregierung in Niedersachsen über den sog. Digitalpakt flächendeckend Laptops oder Tablets anzuschaffen, die dann leihweise an Schüler:innen ausgegeben werden können. Mit der Umsetzung ist aber nach Auskunft der Landesregierung wie auch einer niedersächsischen Schulbehörde dieses Jahr nicht mehr zu rechnen. Und da auch sonst die niedersächsischen Schulen die notwendigen Geräte in der Regel nicht bereitstellen, kann ein Anspruch auf Übernahme der Anschaffungskosten gegenüber den jeweiligen Sozialleistungsträgern bestehen.
Auch der von der Bundesregierung beschlossene „Kinderbonus“ in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 300,- kommt vielen geflüchteten Familien nicht zuteil, da sie, wenn sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, nicht berechtigt sind, Kindergeld zu beziehen. Der sog. „Kinderbonus“ wird aber nach derzeitiger Beschlusslage der Bundesregierung nur an kindergeldberechtigte Familien gezahlt.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen ermutigt Haushalte, die SGB-II-/SGB-XII-/AsylbLG-Leistungen beziehen, bei den zuständigen Behörden entsprechende Anträge zu stellen und notfalls gerichtlich zu erstreiten. Musteranträge haben wir unten verlinkt.
Gesetzliche Grundlagen
Erstrittene Urteile seitens des Bundesverfassungsgericht und des Bundessozialgerichts stärken die Position einkommensschwacher Haushalte. Details hierzu haben die Kolleg:innen von Tacheles auf ihrer Homepage zusammen gestellt.
Die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit hat (bisher) die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Zuschuss auf Grund eines dauerhaften Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II nicht möglich sei und daher die Agenturen vor Ort angewiesen, Anträge auf einen solchen Zuschuss abzulehnen und bestenfalls ein Darlehen nach § 24 SGB II zu bewilligen. Nun gibt es aber eine obergerichtliche Entscheidung durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, dass diese Rechtsauffassung nicht mehr haltbar erscheinen lässt.
Im Beschluss des Landessozialgerichts NRW vom 22.05.2020 wird festgestellt, dass mit dem in Corona-Zeiten notwendigen Unterricht „im heimischen Umfeld“ die Anschaffung eines internetfähigen Endgerätes ein Mehrbedarf im Sinne des § 21 SGB II besteht, der durch den Regelsatz nicht gedeckt wird.
Und auch in Niedersachsen gibt es bereits eine Reihe von sozialgerichtlichen Entscheidungen, in denen Schulcomputer basierend auf § 21 Abs. 6 SGB II erfolgreich erstritten wurden. Gewährt wurden beispielsweise vom SG Hannover ein Tablet im Wert von 369 €, welches seitens der Schule benötigt wurde bzw. vom SG Stade ein Laptop im Wert von 399 €, welcher explizit für die Schule notwendig gewesen sei (s. Tacheles).
Kampagne für Schulcomputer unterstützen!
Es kann nicht hingenommen werden, dass geflüchtete Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene abgehängt und benachteiligt werden (s. hierzu auch unsere oben verlinkte bundesweite Presseinformation sowie unsere landesweite gemeinsame Pressemitteilung mit der GEW vom 30.04.2020). Vielmehr bedarf es gerade aufgrund der Pandemie bedingten Schulschließungen konkreter Unterstützung und Solidarität, um die von der Politik vielfach beschworene Bildungsgerechtigkeit tatsächlich zu erreichen. Aus der solidarischen Gesellschaft erwachen solche Initiativen bereits. So hat der Hannoveraner Unterstützerkreis Unterkunfte e.V. (UFU) in Zusammenarbeit mit IKJA und dem Nachbarschaftskreis Mitte 100 digitale Endgeräte angeschafft und die ersten davon geflüchteten Schüler:innen zur Verfügung gestellt. Ehrenamtliche Digital-Lernpaten richten die Geräte ein, schulen die Kinder und stehen ihnen auch weiter als Unterstützende zur Verfügung. (https://t1p.de/yz69w).
Ein Beschluss der Region Hannover sieht vor, dass Bezieher:innen von Leistungen nach dem SGB II sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Zuschüsse für internetfähige Endgeräte bewilligt werden sollen. Auch wenn einzelne Kommunen, Schulen und Behörden Schritte in die richtige Richtung in der Ausstattung und Unterstützung geflüchteter Schüler:innen gehen, ist es vielfach immer noch so, dass betroffene Personen die ihnen zustehenden Leistungen nur erhalten, wenn sie für ihre Rechte nachdrücklich eintreten und bei Bedarf gerichtlich erstreiten. Unserer Einschätzung nach stehen die Chancen gut, dass spätestens im gerichtlichen Verfahren eine PC-Grundausstattung gewährt wird.
Wir schließen uns deshalb der Kampagne „Schulcomputer“ aus NRW an, ermutigen alle Betroffenen, Anträge auf die Kostenübernahme digitaler Endgeräte zustellen. Unser Beratungsteam steht mit Rat und Tat zur Verfügung.
Infos zu den anspruchsberechtigten Personengruppen in SGB-II / IIX / AsylblG, aber auch anderen Haushalten mit geringem Einkommen, findet ihr auch auf der Seite der Kolleg:innen von Tacheles.
Dort finden sich auch Hinweise auf Fristsetzungen, Widerspruch bei Negativbescheiden oder wenig hilfreichen Darlehensangeboten und Rechtsschutzverfahren. In Niedersachsen sind die Anwaltskanzlei Sven Adam sowie RA Rasmus Kahlen aktiv in der Kampagne tätig.
Neben dem konkreten Nutzen für die Betroffenen unterstützen wir die Kampagne der Kolleg:innen von tacheles auch, weil wir hoffen, dass der Gesetzgeber im in Planung befindlichen „Sozialschutz-Paket II“ endlich eine entsprechende gesetzliche Regelung schafft.
Deshalb wünschen wir uns, dass Wohlfahrts- und Sozialverbände, Erwerbslosengruppen und -initiativen diese Kampagne unterstützen und mittragen. Meldet Euch bei info@tacheles-sozialhilfe.de, damit sie dies auf ihrer Webseite veröffentlichen können. Verbesserte Bildungschancen für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen ist ein Ziel, das viele unterstützen können und wollen.
Ansprechpartner*innen können über www.my-sozialberatung.de oder über örtliche Beratungsangebote gefunden werden.
Hier finden Sie Musterschreiben für
– Antrag auf Schulcomputer / SGB II doc / pdf – Version
– Antrag auf Schulcomputer / SGB XII doc / pdf – Version
– Antrag auf Schulcomputer / AsylbLG doc / pdf – Version
Hallo ich habe da eine Frage, und zwar bekommen Familien einen zuschuss für entgeräte für den Distanzunterricht auf Antrag. Wie sieht es den aus wenn Familien Kindergeldzuschlag bekommen da sie ja auch recht auf Bildung und teilhabe haben ???
Hallo, wenn man ein Bildungs- und Teilhabepaket erhält, sollte man trotzdem einen Antrag auf ein digitales Endgerät für Homeschooling stellen, wenn man kein solches besitzt. Ein digitales Endgerät ist ein zusätzlicher Bedarf, der beim Jobcenter oder Sozialamt beantragt werden kann, je nachdem welcher Leistungsträger zuständig ist.
Guten Tag bekomme man auch den Zuschuss, wenn man die digitalen Geräte auch schon 2020 gekauft hat?