Flüchtlingsrat kritisiert erneute zögerliche Visumserteilung beim Familiennachzug

13 Monate nach Inkrafttreten der Neuregelung der Familienzusammenführung zu subsidiär Schutzberechtigten zum 01. August 2018, die den Rechtsanspruch abgeschafft hat, ziehen wir auf Basis der Statistik des Auswärtigen Amtes zu Ende August 2019 Bilanz:

Es zeigt sich: Selbst der schwer gefundene Kompromiss der Großen Koalition wird von der Bundesregierung nicht eingehalten. Nach der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Familienleben für subsidiär Schutzberechtigte hintertreibt sie weiterhin auch das monatliche Gnadenkontingent: Zuletzt wurden im August 2019 statt der vereinbarten 1000 nur 769 Visa erteilt. Alles steht im Zeichen der in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen „Obergrenze“, auch wenn dabei Grundrechte wie das Recht auf Familienleben massiv verletzt werden.

Legende:
Anträge = Anzahl der Visaverfahren bei den Deutschen Auslandsvertretungen
ABH = Anzahl der von den kommunalen Ausländerbehörden an das Bundesverwaltungsamt weitergeleiteten Anträge
BVA = positive Auswahlentscheidungen des Bundesverwaltungsamtes

In den 13 Monaten seit Einführung des neuen Rechts hätten insgesamt 13.000 Visa (=1.000 pro Monat) erteilt werden sollen. 10.586 Visa waren es tatsächlich, also 2.414 Visa weniger als möglich. An fehlenden Anträgen lag es nicht: Seit August 2018 konnten 15.638 Visaanträge bei den Deutschen Auslandsvertretungen eingereicht werden. Dass es nicht noch mehr sind, liegt an der zögerlichen Vergabe von Terminen: Derzeit sind rund 36.000 Terminanfragen bei den Deutschen Auslandsvertretungen anhängig.

Ein genauer Blick auf die Zahlen macht einen neuen deutlichen Rückgang der positiven Prüfverfahren in den vergangenen Monaten deutlich. Nachdem das Bundesverwaltungsamt in den Monaten Februar bis Mai 2019 noch die jeweils vereinbarten 1.000 positiven Auswahlentscheidungen getroffen hatte, ging die Zahl ab Juni 2019 zurück. Im Juni 2019 traf es 983 positive Entscheidungen, im Juli 2019 922 positive Entscheidungen und im August 2019 nur 769 Entscheidungen. Insgesamt wurden seit August 2018 10.810 positive Auswahlentscheidungen des Bundesverwaltungsamts getroffen.10.586 Visa wurden am Ende erteilt.

Hinzu kommt, dass die deutschen Auslandsvertretungen im Juni 2019 nur 773 neue Visumanträge angenommen haben. Es steht also zu befürchten, dass in den kommenden Monaten das Kontingent erneut nicht ausgeschöpft wird. Auch die im Verfahren beteiligten Ausländerbehörden haben im Juni 2019 nur 858 Anträge an das Bundesverwaltungsamt weitergeleitet, deutlich weniger als in den Monaten zuvor. Im Juli 2019 waren es dann 898 Anträge, im August 2019 nur noch 779 Anträge.

Die Bundesregierung äußert sich zu den Missverhältnissen bei den Zahlen nicht und schweigt. Das Leid der betroffenen Familien, die seit Jahren auf eine Familienzusammenführung warten, kümmert sie nicht.  Der niedersächsische Innenminister Pistorius hatte noch im Dezember 2018 öffentlich gefordert, dass die 2018 nicht erteilten Visa auf 2019 übertragen werden sollten. Doch auch davon ist inzwischen keine Rede mehr.

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