Tod eines jungen Afghanen während Polizeieinsatz in Stade

[aktualisiert am 26. August 2019]

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen ist betroffen vom Tod des jungen Afghanen Aman A. in einer Flüchtlingsunterkunft in Stade am vergangenen Samstag (17. August 2019). Unser Mitgefühl gilt seinen hinterbliebenen Familienangehörigen und Freund:innen.

„Menschen, denen der Tod des jungen Mannes nahe geht, haben vor dem Haus Trauerkerzen aufgestellt. Neben ihnen liegt eine handbeschriebene Karte: »Wir denken an dich«.“
Polizei erschießt 19-jährigen Flüchtling, in: Neues Deutschland vom 20. August 2019

Noch am Morgen hatte Aman A. dem Schützenumzug zugesehen und dem Ortsbürgermeister die Hand geschüttelt. Am Samstagabend wurde der 19-Jährige von der Polizei während eines Einsatzes in seiner Unterkunft im Stadtteil Bützfleth erschossen.

Offenbar wurde die Polizei alarmiert, nachdem es zu einem Streit in der von sechs Personen bewohnten Unterkunft gekommen war. Laut Darstellung der Staatsanwaltschaft Stade war die Polizei mit zwei Streifenwagenbesatzungen vor Ort, weil ihr der junge Mann „bereits aus anderen Vorfällen“ bekannt gewesen sei.

„Der 20-jährige Afghane galt als traumatisiert. Wegen seiner psychischen Probleme soll der junge Mann, der die Berufsbildenden Schulen in Stade besucht hat, eine Ausbildung zum Tischler abgebrochen haben. „Er war eine ganze Zeit neben der Spur“, sagt Bützfleths Ortsbürgermeister Sönke Hartlef (CDU). Zuletzt verhielt er sich unauffällig.“
Tödliche Schüsse in Stade, in: Cuxhavener Nachrichten vom 19. August 2019

Aus noch unklaren Gründen eskalierte der Polizeieinsatz. Die taz berichtet über die Darstellung der Stader Staatsanwaltschaft:

„Vor Ort habe es zu diesem Zeitpunkt „keinen körperlichen Streit“ gegeben. Der 19-Jährige sei nicht ansprechbar gewesen. Die Beamten hätten zunächst Pfefferspray eingesetzt. Da dies keine Wirkung zeigte und der 19-Jährige die Polizisten mit einer Hantelstange aus Eisen attackiert habe, habe einer der Beamten auf ihn geschossen. Das Opfer starb trotz Notarzteinsatzes wenig später.“
Polizist erschießt Geflüchteten, in: taz vom 19. August 2019

Nach den tödlichen Schüssen der Polizei stellen sich Fragen. War die Polizei über die psychische Erkrankung des jungen Mannes informiert? Wenn ja, kann sie eigentlich nicht überrascht sein, dass der Mann auf den Polizeieinsatz nicht angemessen reagieren würde. Warum gab es bei dem Einsatz in einer Geflüchtetenunterkunft, in der ein Mensch mit psychischen Belastungen lebte, keine andere Lösung, als Aman A. zu erschießen? Auch der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes hinterfragt in der taz das Vorgehen der Polizei.

„Ein Angriff mit einer Hantelstange sei „ganz klar kein Grund, zur Waffe zu greifen“, da man ihr ausweichen könne. Bereits die Tatsache, dass der 19-Jährige nicht auf den Einsatz des Pfeffersprays reagiert habe, sei ein klarer Hinweis, dass man eine Problemperson vor sich habe.“
Polizist erschießt Geflüchteten, in: taz vom 19. August 2019

Der Kriminologe Christian Pfeiffer zeigt sich in der Süddeutschen Zeitung ebenfalls irritiert über den Polizeieinsatz.

„So würde Pfeiffer gerne wissen, aus welcher Entfernung die tödlichen Schüsse fielen. Wie viele Schüsse waren es? Und: „Wie groß war das Angriffsobjekt?“, also die Hantel, offenbar eine Kurzhantel. Und: „Hatte das Pfefferspray das Auge erreicht?“ Wie soll jemand mit einer Hantel in der Hand dem Pfefferspray mehrerer Beamter widerstehen und dann noch angreifen? Gewöhnlich macht Pfefferspray vorübergehend nahezu blind. Außerdem sind Polizisten angehalten, wenn schon, dann auf die Beine zu zielen, um einen Angreifer zu stoppen, sofern sie nicht mit einem Messer oder einer Schusswaffe attackiert werden.“
Tod eines Asylbewerbers wirft Fragen auf, in: Süddeutsche Zeitung vom 24. August 2019

Medienberichte

Stade: Zahl der Schüsse aus Dienstwaffe unklar, in: NDR vom 19. August 2019
Erschossener Flüchtling: Notwehr oder Totschlag?, in: Hallo Niedersachsen (NDR) vom 19. August 2019
Polizist erschießt Geflüchteten, in: taz vom 19. August 2019
Tödliche Schüsse in Stade, in: Cuxhavener Nachrichten vom 19. August 2019
Polizei erschießt 19-jährigen Flüchtling, in: Neues Deutschland vom 20. August 2019
Tod eines Asylbewerbers wirft Fragen auf, in: Süddeutsche Zeitung vom 24. August 2019

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10 Gedanken zu „Tod eines jungen Afghanen während Polizeieinsatz in Stade“

  1. Ja, Wer kann dann so Verbrechen begehen? Nur die Polizei, eine wort meher zu dennen sind Sie wegen Staatsgewalt angezeigt und wobei hier immer ignorirt werd dass die mensch würde unantastbar ist und viele Polizisten nehmen jede art des geschehens seher persönlich an und Sie denken noch nicht mal dass Sie auf die Verfassung eine Eid abgelegt haben und es ist eine Schande dass eine Mensch der hier in der BRD bei uns Schutz sucht von unserem gesetzes Hütern ermordet werd und dies ist nicht Einzelfall, Polizeigewalt soll aufhören und gewalttätigen sollen aus Polizeidienst raus genommen werden und diese Polizist der diese schutzlose junge flüchling aus Afghanistan um brach soll zum Rechenschaft gesogen werden und seiner Gerechten straffe bekommen,falls hier in der BRD eine hertz für die Menschheit gebt abgesehen von Menschenwürde. Meine herzlichen beileid an der Familie und freunde des ermordete Aman A aus afghanistan Allah möge seine sele genehdigt sein. Walid Adbahi aus Offenbach am Main

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  2. Die Polizei hat keinerlei Recht , einen geflüchteten Flüchtling derart das Leben zu nehmen.
    Ein jemand , der aus seinem Heimatland floh vor dem Krieg , um sein Leben zu schützen wird derart hier umgelegt. Vor allem ein jemand , der mit psychischen Belastungen zu kämpfen hatte.
    Als hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, um ihn aufzuhalten und als hätte es nicht gereicht , seien sogar mehrere Schüsse gefallen.
    Dieser Fall sollten unverzüglich vor Gericht gestellt werden.

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  3. Mitgefühl und Beileid an Angehörige und Freunde des Opfers und auch Mitleid mit Täter sowie mit Zuständigen und Verantwortlichen in diesem Fall!
    Mein Kommentar über FB :
    Mohsen Ataey: Sprachlos!! Beileid für Angehörige und Freunde und Mitgefühl für Zuständigen im Landkreis ! !! Es gibt zahlreiche Fach- Dolmetscher, Psychotherapist, Psychiatrist, Mediatoren gegen Gewaltprävention, und …. etc., in allen Sprachen, die als Begleiter vot Ort sein und den Fall verhindern können. !! Warum konnte sowas nicht verhindert werden ?

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  4. Wer wie wir mit geflüchteten, jungen, traumatisierten Afghanen in Familie lebt und eine große Anzahl von afgh. Freunden im Haus ein- und ausgehen lässt, weiß, dass die überwiegende Zahl der jungen Männer dem Selbstmord sehr deutlich näher steht, als einer aggressiven Handlung gegen andere Menschen!
    Unser Betreuungssystem ist (logischerweise) mit diesen Problemen überfordert! Aber statt dauerhafter Verunsicherung bzgl. des Aufenthaltstatuses und immer wiederkehrender Stressituationen wegen bürokratischer Termine, Anträge, usw., währe es schön, wenn Energie in Sicherung und Bindung gesteckt werden könnte!

    Wir tuen unser Bestes, aber es sind nur 2!

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  5. Er ist wie viele andere vor Angst, Gewalt und Völkermord (Hazaras) von einem Land, wo das Leben eines Menschen nicht Wert ist, floh und suchte in einem Land, wo sogar das Leben der Tieren mehr Wert sind als die Menschen in Afghanistan Schutz.
    Nun ist seine Hoffnung zu Ende gegangen, weil ein Polzist die Waffe in der Hand hatte und gnadenlos auf ihn schoss.
    Wozu werden Polizisten geschult, um in solchen Fällen mit am wenigsten Schaden einen Fall zu lösen?
    Wieso wenn ja mit Waffe, würde nicht in die Beine geschossen?
    Es gibt immer wieder gute und böse Polizisten, sollche bösen Polizisten machen sich bei solchen Fällen erkennbar.( Bitte vor Gericht ziehen)

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  6. Ich schreibe heute noch einmal meine Gefühle hier aus, wir Menschen in Deutschland, leben hier wo in diesen land Gewalt nicht geduldet werd, aber diese traurige Geschichte dieses junge ermordeten afghne ist eine Gewalt durch die polizei, und der Mörder von Aman A muss vor Gericht gebrcht werden muss falls hier(BRD) noch heisst die Menschen würde ist nicht Antasbar und sage wortwörtlich er war auch eine Menschen obwohl er war arm, schwach, schutzlos und Staatslos. Allah möge seine Seele genehmigt sein und beileid an seine Familie und Freund. Walid Adbahi

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  7. Flucht aus dem Krieg an einen sicheren Ort, aber immer noch nicht sicher. Der junge Mann, der in den Krieg geflohen ist, Zuflucht an einem sicheren Ort gesucht hat, wurde von der Polizei dieses Landes getötet und behauptet, Menschenrechte und Menschlichkeit zu haben. Ja, wir wissen, dass das nicht jeder ist, aber wir fordern die deutsche Regierung auf, ein solches Gesetz auch gegenüber der Polizei durchzusetzen. Auf die deutsche Frage: Was passiert, im Moment haben wir kein Land, niemanden, den wir fragen könnten. (…)

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