Auswertung der Abschiebungszahlen 2016

Auswertung der Abschiebungszahlen 2016
Nachdem sich die Zahl der Abschiebungen von 10.844 im Jahr 2014 auf 20.888 im Jahr 2015 nahezu verdoppelt hat, liegt nunmehr die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Linksfraktion zu Abschiebungen im Jahr 2016 vor (BT-Drucksache 18/11112). Nachfolgend werten wir diese Zahlen aus:

Entwicklung der Abschiebungszahlen
Im Jahr 2016 wurden insgesamt 25.375 Menschen aus der Bundesrepublik abgeschoben (Luftweg: 23.866; Landweg: 1376; Seeweg: 113 jeweils inkl. Dublin – Überstellungen), womit die Zahl der Abschiebungen um weitere 21,5 % gestiegen ist. Statistisch betrachtet fanden dementsprechend in 2016 pro Tag ca. 70 Abschiebungen statt.

Abschiebungen auf dem Luftweg
Während im Jahr 2015 insgesamt 19.712 Personen auf dem Luftweg abgeschoben wurden, waren es im vergangenen Jahr 23.886, was einen Anstieg von 21,1 % bedeutet.

Im Jahr 2016 waren – wie in den Jahren 2014 und 2015 – vor allem Personen aus den Staaten des Westbalkans von (Luft) Abschiebungen betroffen.

Zuzüglich der 270 Luftabschiebungen montenegrinischer Staatsangehöriger betrafen 17.882 von 23.886 und damit 74,9 % aller Abschiebungen auf dem Luftweg Staatsangehörige der Westbalkanstaaten.

Der Anteil der Abschiebungen in die drei Maghreb – Staaten – Algerien, Marokko und Tunesien – beträgt zwar nur 1,5 %, ist jedoch von 136 im Jahr 2015 (Marokko 62, Algerien 57, Tunesien 17) auf 398 im Jahr 2016 (Algerien 169, Tunesien 116, Marokko 113) und somit um 192,6 % gestiegen.

Die restlichen 23,6 % der Abschiebungen auf dem Luftweg verteilen sich auf Staatsangehörige aus 109 Ländern.

Der Umstand, dass hauptsächlich Menschen aus den Westbalkanstaaten von (Luft-) Abschiebungen betroffen waren, spiegelt sich – ebenso wie im Jahr 2014 und 2015 – in den Hauptzielstaaten der Luftabschiebungen wieder.

Zuzüglich der Abschiebungen auf dem Luftweg nach Bosnien – Herzegowina (788) und derjenigen nach Montenegro (270) erfolgten 17.818 von 23.886 und demgemäß 74,6 % aller Luftabschiebungen in die Staaten des Westbalkans.

Die übrigen 24,4 % der Abschiebungen gingen in 97 verschiedene Zielstaaten.

Abschiebungen auf dem Landweg
Auch bei den Abschiebungen auf dem Landweg ist ein Zuwachs von 19,7 % zu verzeichnen (2015: 1150; 2016: 1376).

Landabschiebungen wurden im Jahr 2016 mit 51,4 % am Häufigsten gegenüber Menschen aus der Russischen Föderation vollzogen – wie auch im Vorjahr. Die zweitgrößte Gruppe in dieser Kategorie stellen mit 11,6 % polnische Staatsagenhörige dar, bei denen der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde. Staatsangehörige der Ukraine, Syriens und des Iraks machen zusammen 14 % aller auf dem Landweg abgeschobenen Personen aus. Die verbliebenen 23,0 % der Landabschiebungen verteilen sich auf Staatsagenhörige aus 51 Staaten.

Zielstaat der Landabschiebungen war auch im Jahr 2016 weit überwiegend Polen (72, 4 %), gefolgt von Belgien (8,1 %), Österreich (6,6 %), den Niederlanden (6,3 %) und der Tschechischen Republik (2,7 %) bzw. Frankreich (2,7 %). Die restlichen 2,2 % der Abschiebungen auf dem Landweg gingen in die Schweiz, nach Luxemburg und Dänemark.

Abschiebungen auf dem Seeweg
Die Zahl der Seeabschiebungen hat sich von 26 im Jahr 2015 auf 113 im Jahr 2016 und damit um 334,6 % erhöht. Von diesen Abschiebungen waren mit 72,6 % hauptsächlich syrische Staatsangehörige betroffen. Die restlichen 27,4 % der Abschiebungen auf dem Seeweg verteilen sich auf Staatsangehörige sieben anderer Staaten. Von den 113 Seeabschiebungen fanden 112 nach Schweden und eine nach Dänemark statt.

Dublin – Überstellung
Die Zahl der Dublin – Überstellungen hat sich von 3.597 auf 3.968 und somit um 10,3 % erhöht. 872 der Dublin – Überstellungen (22,0 %) richteten sich gegen Minderjährige, die von ihren Angehörigen begleitet wurden bzw. um solche, die mit ihren Angehörigen in einem anderen Dublin – Staat zusammengeführt wurden.

Dublin – Überstellungen betrafen zu 19,3 % Staatsangehörige der Russischen Föderation, zu 12,6 % Syrer_Innen, zu 7,0 % Iraker_Innen sowie zu 6,3 % Afghan_Innen und zu 4,5 % Ukrainer_Innen. Die Verteilung der übrigen 50,3 % der Dublin – Überstellungen kann mangels Datengrundlage nicht präzise nachvollzogen werden.

Dublin – Überstellungen erfolgten – wie auch im Vorjahr – überwiegend nach Italien (24,2 % und Polen (22,3 %). Weitere 23,3 % resultieren aus Überstellungen nach Spanien (8,8 %), Ungarn (7,4 %) sowie Schweden (7,1 %). Die anderen 30,3 % der überstellten Personen wurden in insgesamt 21 weitere Mitgliedstaaten verbracht, wobei nach Irland und Zypern keine Überstellungen stattfanden.

Sammelabschiebungen
Im Jahr 2016 wurden im Rahmen von Sammelabschiebungen insgesamt 13.464 Menschen zwangsweise außer Landes verbracht, was einem Gesamtanteil von 53,1 % an allen Abschiebungen entspricht.

Die Anzahl der mittels Sammelabschiebung zurückgeführten Personen hat sich im Vergleich zum Jahr 2015, in dem es 10.176 waren, um 32,3 % erhöht.

Dabei wurden 10.065 Personen (74,8 %) mit nationalen, durch die Bundespolizei koordinierten, Sammelabschiebungen zurückgeführt, was im Vergleich zu 8.849 derartiger Rückführungen im Jahr 2015 eine Steigerung von 13,7 % bedeutet. 3.339 Personen (25,2 %) wurden per EU – Sammelabschiebungen aus der Bundesrepublik abgeschoben, wodurch sich gegenüber dem Vorjahr (2015: 1327) ein Zuwachs von 151,6 % ergibt.

Die Bundesrepublik übernahm bei etwas mehr als der Hälfte der 99 EU – Sammelabschiebungen, an denen sie sich im Jahr 2016 beteiligt hat, die Federführung.

Die 99 EU koordinierten Sammelabschiebungen mit deutscher Beteiligung hatten 16 verschiedene Staaten zum Ziel. Auch hier zeigt sich, dass in erster Linie Menschen aus den Westbalkanstaaten von Abschiebungen betroffen waren. So gingen 71 dieser 99 Flüge in die Staaten des Westbalkans.

Abschiebungen nach Bundesländern
In zwölf der 16 Bundesländer ist die Zahl der Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. So beträgt die Zunahme in Bremen 245,5 %, in Sachsen 150,6 % und in Berlin 125,7 %. Die Zahl der aus Niedersachsen abgeschobenen Personen hat sich etwas mehr als verdoppelt (+ 103,4 %), wobei sich die Entwicklung in Schleswig – Holstein ähnlich darstellt (+ 99,0 %). Jedoch auch In Rheinland – Pfalz (+ 88,6 %), Brandenburg (+ 77,6 %), Thüringen (76,7 %) und Baden – Württemberg (+ 50,0 %) ist ein starker Anstieg zu festzustellen. Die geringsten Zuwächse sind in Hamburg (+ 25,3 %), Nordrhein – Westfahlen (+ 16,5 %) und in Mecklenburg – Vorpommern (+10,4 %) zu verzeichnen.

Rückläufig ist die Zahl der Abschiebungen im Vergleich zu 2015 hingegen in den Ländern Hessen (- 35,0 %), Bayern (- 21,1 %), dem Saarland (- 21,0 %) und Sachsen – Anhalt (- 2,9).

„Spitzenreiter“ in Sachen Abschiebungen ist auch im Jahr 2016 Nordrhein – Westfalen. Gleich dahinter findet sich Baden – Württemberg (2015: Platz vier). Den dritten Rang belegt – trotz des Rückgangs der Abschiebungen von dort – Bayern (2015: Platz zwei). Auf dem vierten Platz rangiert nunmehr Berlin (2015: Platz 6), gefolgt von Niedersachsen auf Platz 5 – wie in 2015. Während Sachsen vom neunten auf den sechsten Rang vorgerückt ist, ist Hessen vom dritten auf den siebten Platz „zurückgefallen“. Die vermehrten Abschiebungen „befördern“ Rheinland – Pfalz von Platz elf auf Platz acht. Das Saarland belegt Platz 15 und Bremen, obgleich es stark vermehrt abschiebt, Rang 16 – beide wie im Vorjahr.

Relation Aufnahme – zu Abschiebungsquote
Die Relation der Aufnahmequote nach dem Königsteiner Schlüssen zur Abschiebungsquote der Bundesländer ergibt folgendes Bild.

In den Ländern Baden – Württemberg, Berlin, Hamburg, Mecklenburg – Vorpommern, Sachsen und Sachsen – Anhalt übersteigt die Abschiebungsquote die Aufnahmequote.
In Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein – Westfahlen, Rheinland – Pfalz, dem Saarland sowie Schleswig – Holstein und Thüringen liegt die Abschiebungsquote hingegen unter der Aufnahmequote.

 

(Un-) Begleitete Abschiebungen
Von den Abschiebungen im Jahr 2016 wurden 32,4 % unbegleitet vollzogen. 54,1 % der Abschiebungen fanden in Begleitung von Landes – bzw. Bundespolizisten, 12,3 % von privatem Sicherheitspersonal (der Fluggesellschaften) und 0,6 % von Sicherheitskräften der Zielstaaten (Algerien, Serbien, Montenegro) statt.

Zurückschiebungen
Die Anzahl der Zurückschiebungen belief sich im Jahr 2016 auf 1.279 (Landweg: 1.220; Luftweg: 47; Seeweg: 12) und war damit gegenüber dem Wert des Vorjahres von 1.481 (Landweg: 1.444; Luftweg: 30; Seeweg 7) leicht rückläufig (- 13,6 %).

Eine Zurückschiebung kommt etwa dann in Betracht, wenn ein Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird (und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist), vgl. § 57 AufenthG.

Die Hauptherkunftsstaaten der Zurückgeschobenen waren Marokko (6,7 %), die Ukraine (6,6 %), Eritrea (6,5 %), Albanien (5,6 %) und der Irak (4,8 %). Die übrigen 69,8 % der Zurückschiebungen betrafen Staatsangehörige 75 weiterer Staaten.

Zurückschiebungen erfolgten dabei zu 28,4 % nach Österreich, zu 14,9 % in die Tschechische Republik, zu 13,1 % nach Frankreich und zu 12,7 % nach Polen sowie zu 11,1 % in die Schweiz. Die restlichen 19,8 % der Zurückschiebungen gingen in die vier weiteren Nachbarländer der Bundesrepublik.

Zurückweisungen
Eine Zurückweisung, m.a.W. Einreiseverweigerung, erfolgt unmittelbar an der Grenze und kommt unter anderem dann in Betracht, wenn ein Ausländer versucht, unerlaubt einzureisen, vgl. § 15 AufenthG.

Die Zahl der Zurückweisungen im Jahr 2016 beläuft sich auf insgesamt 21.851 (Landweg: 16.562; Luftweg: 4233; Seeweg: 56) und übersteigt dadurch die 8.913 Zurückweisungen (Landweg: 4.689; Luftweg: 4.205; Seeweg: 19) aus dem Jahr 2015 um 145,2 %.

Hierbei fällt auf, dass sich die Zahl der Zurückweisungen auf dem Landweg von 4.689 in 2015 auf 16.562 in 2016 erhöht und sich damit nahezu verdreifacht hat (+ 253, 2 %), wobei 97,7 % der Zurückweisungen an der Grenze zur Republik Österreich erfolgten. Die restlichen 3,0 % der Zurückweisungen verteilen sich auf die übrigen acht Nachbarländer Deutschlands mit Ausnahme Luxemburgs.

Hauptgrund für die Einreiseverweigerung an den Land – und Seegrenzen war, dass die Betroffenen nicht über ein gültiges Reisedokument verfügten (Landgrenze: 65,2 %; Seegrenze: 82,1 %.) Am zweit Häufigsten wurden Betroffene an den Land – und Seegrenzen zurückgewiesen, weil sie nicht im Besitz eines gültigen Visums oder eines gültigen Aufenthaltstitels waren (Landgrenze: 34,0 % Seegrenze: 10,7 %), was an der Luftgrenze den primären Grund der Einreiseverweigerung darstellte (54,5 %).

47,6 % der Zurückweisungen fielen auf Staatsangehörige Afghanistans (17,5 %); Syriens (10,3 %); des Iraks (8,4 %); Nigerias (6 %) und des Irans (5,4 %). 52,4 % der Einreiseverweigerungen wurden gegen Menschen aus 99 verschiedenen Staaten ausgesprochen.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF)

Abschiebungen und Dublin – Überstellungen von umF
Im Jahr 2016 fanden keine Abschiebungen oder Dublin – Überstellungen von umF statt.

Zurückweisungen
Im Jahr 2016 wurden 8.486 umF an den Grenzen zur Bundesrepublik registriert, womit sich im Vergleich zum Vorjahr (2015: 6.153) ein Zuwachs von 38,0 % ergibt. Von diesen 8.486 umF wurden 7.761 (91,5 %) an Jugendämter übergeben.

Dennoch ist die Zahl der zurückgewiesenen umF exorbitant gestiegen. Betrug diese im Jahr 2015 lediglich 21 so lag sie im Jahr 2016 bei 620, was einer Steigerung von 2852,3 % entspricht.

Zurückweisungen erfolgten hauptsächlich an der deutsch – österreichischen Grenze (91,6 %). Die übrigen 8,4 % verteilen sich auf fünf weitere Nachbarländer der Bundesrepublik (Schweiz, Frankreich, Belgien, Dänemark, Niederlande).

Am stärksten von Zurückweisungen betroffen waren umF aus Afghanistan mit 44,4 %. Weitere 30,4 % verteilen sich auf Staatsangehörige Syriens (9,4 %), Somalias (8,9 %), Eritreas (6,3 %) und des Iraks (5,8 %). Die restlichen 25,2 % der Zurückweisungen betrafen umF aus 30 verschiedenen Staaten.

Zurückschiebungen
Auch die Anzahl der Zurückschiebungen von umF ist von 10 im Jahr 2015 auf 29 im Jahr 2016 und damit um 190 % gestiegen.

Gesamtübersicht
Im Jahr 2016 erfolgten insgesamt 25.375 Abschiebungen, 20.851 Zurückweisungen und 1.279 Zurückschiebungen.

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