Wer nicht flüchten darf, ist auch kein Flüchtling

Am 11. Juli sollte im Bundesrat ursprünglich eine Beratung zum Gesetz zur Einordnung Serbiens, Mazedoniens und Bosnien-Herzegowinas als sichere Herkunftsstaaten stattfinden. Weil die Bundesregierung das Gesetz etwas zu schnell durch den Bundestag gepeitscht und damit die erforderlichen Fristen nicht eingehalten hat, ist eine Abstimmung vor der Sommerpause aber noch nicht möglich, und es bleibt noch bis zum 19. September Zeit, darauf hinzuwirken, dass die Abstimmungsberechtigten dem Gesetzesvorschlag nicht zustimmen.

Die Situation der Roma in Serbien ist durch massive Ausschließungs- und Diskriminierungserfahrungen sowie die Verletzung insbesondere wirtschaftlicher und sozialer Menschenrechte geprägt. Diese Erfahrungen können sich zu asylrelevanter kumulativer Verfolgung im Sinne der EU-Qualifikationsrichtlinie verdichten. Nachdem nach der Aufhebung der Visapflicht für serbische Staatsangehörige betroffene Roma vermehrt ihr Recht, im Ausland Asyl zu beantragen, in Anspruch nahmen, setzten die EU und ihre Mitgliedsstaaten die serbische Regierung zunehmend mit der Drohung, die Visafreiheit wieder aufzuheben, unter Druck. Diese ergriff daraufhin Maßnahmen, die Roma in ihren Rechten, das eigene Land zu verlassen, im Ausland Asyl zu suchen und nicht diskriminiert zu werden, verletzen. In Deutschland wurde 2012 im Zuge einer Regierungskampagne gegen angeblichen ‚Asylmissbrauch’ von Roma aus dem Westbalkan ein restriktives Schnellverfahren eingeführt. Durch eine weder menschenrechts- noch EU-rechtskonforme enge Auslegung der Flüchtlingsdefinition ist die Schutzquote gegenüber serbischen Roma, die in Deutschland Asyl beantragen, extrem niedrig. Auch deutsche Gerichte agieren nicht als Korrektiv dieser restriktiven Verwaltungspraxis. Durch die Definierung Serbiens als ‚sicheren Herkunftsstaat’ will die Bundesregierung der Regelvermutung der ‚offensichtlichen Unbegründetheit’ von Asylanträgen serbischer Roma nun Gesetzescharakter verleihen.

Der nachfolgende Artikel von Sebastian Muy zeichnet aus einer menschenrechtlichen Perspektive das Sichere-Herkunftsstaaten-Gesetz, die restriktive Entscheidungspraxis des Bundesamtes und weitere politische Maßnahmen der EU und Serbiens zur Migrationskontrolle in Bezug auf deren Folgen für serbische Roma-Flüchtlinge nach.

Sebastian Muy – Menschenrechtsverletzungen gegen serbische Roma – PDF-Version(11-07-2014)

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!