Unterschieden wird zwischen:
Familiennachzug zu Drittstaatsangehörigen mit Aufenthaltserlaubnis in Deutschland.
Familiennachzug zu deutschen Staatsangehörigen.
Achtung: Der:die Antragsteller:in ist die Person, die nach Deutschland kommen möchte. Die Person, die schon in Deutschland lebt, wird Referenzperson genannt. Im Folgenden werden die Unterschiede der Referenzpersonen betrachtet, die von jeweiligen Aufenthaltsstatus abhängig sind.
Personen mit Aufenthaltserlaubnis
Laut Aufenthaltsgesetz (§ 29 Abs. 1) sind zum Familiennachzug berechtigt Personen mit:
- Niederlassungserlaubnis
- Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU
- Aufenthaltserlaubnis
- Blaue Karte EU
- ICT- Karte oder Mobile ICT-Karte
- Personen, die sich nach § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhalten.
Wir gehen im Folgenden auf die Personen mit Aufenthaltserlaubnis ein. Abhängig von der Aufenthaltserlaubnis der in Deutschland lebenden Person, gelten unterschiedliche Voraussetzungen für den Familiennachzug.
Grundsätzlich ist der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz nur möglich, wenn eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt. Während des Asylverfahrens ist die Familienzusammenführung über das Visumverfahren nicht möglich. Befinden sich Familienangehörige innerhalb der EU, kann eine Familienzusammenführung nach der Dublin III-Verordnung in Frage kommen. Dies kann auch während des Asylverfahrens erfolgen.
Wenn Familienmitglieder zum Nachzug berechtigt sind, können sie bei der zuständigen deutschen Botschaft ein Visum erhalten. Dafür müssen in der Regel allgemeine Voraussetzungen erfüllt werden und ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehen. Die Tabelle gibt einen Überblick über Sonderregelungen und Ausnahmen von den Voraussetzungen, abhängig von der Aufenthaltserlaubnis der Referenzperson.
Aufenthaltserlaubnis/ Niederlassungserlaubnis nach (AufenthG) | Besonderheit | Rechtliche Grundlage
(AufenthG) |
Resettlement- Flüchtlinge (§ 23 Abs. 4),
Asylberechtigte (§ 25 Abs. 1), Anerkannte Flüchtlinge (§ 25 Abs. 2, 1. Alternative), § 26 Abs. 3, § 26 Abs. 4 (wenn vorher AE nach § 25 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative) |
Für die Referenzpersonen besteht ein Anspruch auf Nachzug. Von der Sicherung des Lebensunterhalts und dem Nachweis von ausreichend Wohnraum kann abgesehen werden. Wenn eine Fristwahrende Anzeige gestellt wird, ist davon abzusehen. | § 29 Abs. 2 |
Subsidiärer Schutz (§ 25 Absatz 2, 2. Alternative) | Derzeit ist der Familiennachzug für Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten bis zum 23.07.2027 ausgesetzt. Eventuell kann diese Aussetzung um ein halbes Jahr verlängert werden. | § 36a |
Personen mit Aufenthaltstitel nach:
§ 22, § 23 Absatz 1 oder Absatz 2, § 25 Absatz 3 oder Absatz 4a Satz 1, § 25a Absatz 1, § 25b Absatz 1 |
Der Nachzug ist nur „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ erlaubt. | § 29 Abs. 3 |
Personen mit Aufenthaltstitel nach:
§ 25 Absatz 4, 4b und 5, § 25a Absatz 2, § 25b Absatz 4, § 104a Abs. 1 Satz 1, § 104 |
Der Nachzug ist ausgeschlossen. | § 29 Abs. 3 |
Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und Resettlement-Flüchtlinge
Bei Personen mit Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2, 1. Alternative, und Resettlement-Flüchtlingen (§ 23 Abs. 4) kann nach Ermessen auf den Nachweis von Wohnraum und die Lebensunterhaltssicherung verzichtet werden. Die Stellungnahme der Ausländerbehörde ist hier relevant, da sie im Visumverfahren die inlandsbezogenen Kriterien prüft.
Wenn innerhalb von drei Monaten nach der Anerkennung des Schutzstatus eine sog. Fristwahrende Anzeige gestellt oder der Antrag bei der Botschaft durch persönliche Vorsprache erfolgt, haben die Antragsteller:innen Anspruch auf einen privilegierten Nachzug nach § 29 Abs. 2 S. 1 AufenthG. Beim privilegierten Nachzug muss keine Lebensunterhaltssicherung und kein Nachweis über ausreichend Wohnraum erbracht werden, wenn
(1) eine Fristwahrende Anzeige innerhalb von drei Monaten nach der unanfechtbaren Anerkennung gestellt wird und (2) die Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft in einem Staat außerhalb der EU nicht möglich ist.
Die Fristwahrende Anzeige kann hier gestellt werden.
Achtung: Die Fristwahrende Anzeige wird nicht über das Portal gespeichert oder weitergeleitet. Sie muss ausgedruckt zum Vorsprachetermin bei der Auslandsvertretung mitgebracht werden.
Subsidiär Schutzberechtigte
Derzeit ist der Familiennachzug für Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten bis zum 23.07.2027 ausgesetzt. Eventuell kann diese Aussetzung um ein halbes Jahr verlängert werden.
Menschen, die bereits eine Einladung zur Abholung des Visums erhalten haben, sind nicht betroffen. Ebenso ausgenommen sind Fälle, in denen das VG Berlin zur Erteilung der Visa verpflichtet wurde.
Wenn Sie von der Aussetzung des Familiennachzugs betroffen sind, empfehlen wir Folgendes:
- Prüfung, ob ein Visum aufgrund humanitärer Gründe nach § 22 AufenthG für Ihre Familie infrage kommt:
§ 22 AufenthG regelt die Aufnahme von Einzelpersonen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen und ist auf besonders gelagerte Einzel- und Ausnahmefälle beschränkt. Es besteht kein Anspruch auf eine Aufnahme. Laut der Verwaltungsvorschrift zum AufenthG liegen dringende humanitäre Gründe nur dann vor, wenn sich der Antragsteller auf Grund besonderer Umstände in einer auf seine Person bezogenen Sondersituation befindet. Diese Sondersituation muss sich deutlich von der Lage anderer Menschen in einer vergleichbaren Situation unterscheiden. Die Umstände müssen so gestaltet sind, dass eine baldige Ausreise und Aufnahme unbedingt notwendig sind.
Bei § 22 AufenthG handelt es sich leider nicht um eine allgemeine Härtefallregelung, durch die Menschen, welche die Voraussetzungen für die Einreise nach anderen Vorschriften nicht erfüllen, die Einreise nach Deutschland ermöglicht werden soll.
Mögliche Gründe für eine Ausnahmeregelung aufgrund der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte könnten sein:
- medizinische Notfälle, die nachweislich Vorort behandelbar sind
- akute Bedrohungssituationen (mit detaillierten Beschreibungen und Nachweisen)
- alleinreisende Kinder, die noch sehr jung sind
Es muss ein schriftlicher Antrag gestellt werden. Zuständig für die Entgegennahme der Härtefallanträge wird IOM sein. Die Anträge sollen, zusammen mit der Begründung, ausschließlich per E-Mail ab dem 26.07.2025 an folgende E-Mail-Adresse gerichtet werden: info.fap.hardship@iom.int. Wir haben eine Antragsvorlage erstellt, die heruntergeladen werden kann: Beispielantrag_zu_22_AufenthG_Aug.2025.
Laut Gesetzesbegründung geht die Bundesregierung davon aus, dass ca. 120 bis 140 Visaerteilungen jährlich im Rahmen der vorgesehenen Härtefallregelung nach § 22 AufenthG (Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen) erfolgen werden.
- Prüfung, ob es möglich ist, dass Sie in einen anderen Aufenthaltstitel wechseln oder diesen zusätzlich beantragen:
- Prüfen Sie, ob die Beantragung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Einbürgerung infrage kommt.
- Wenn Sie als Fachkraft in Deutschland tätig sind, prüfen Sie, ob eine weitere Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, § 18b, 18g oder § 19c AufenthG möglich ist.
- Prüfung durch einen Rechtsanwalt, ob eine Untätigkeitsklage möglich ist:
- Hier kann das Argument des Rückwirkungsverbots wichtig sein.
Personen mit Abschiebeverboten und weiteren Aufenthaltstiteln
Der Familiennachzug zu Personen mit Abschiebeverboten, also einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, ist nur „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ (§ 29 Abs. 3 AufenthG) erlaubt. Das gilt auch für Personen mit Aufenthaltstiteln nach
- § 22 AufenthG,
- § 23 Absatz 1 oder Absatz 2 AufenthG,
- § 25 Absatz 3 oder Absatz 4a Satz 1 AufenthG,
- § 25a Absatz 1 AufenthG oder
- § 25b Absatz 1 AufenthG (vgl. § 29 Abs. 3 AufenthG).
Humanitäre Gründe könnten festgestellt werden, wenn sich die Lebensgemeinschaft auf absehbare Zeit in keinem anderen Staat herstellen lässt. Dies ist insbesondere bei Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 3 AufenthG anzunehmen. Hier soll der Nachzug nur abgelehnt werden, wenn eine Person einen dauerhaften Aufenthaltstitel in einem Drittstaat besitzt (vgl. Fachinformationen des DRK Suchdienstes vom 08.04.2022).
Achtung: Leider ist bei Minderjährigen, die einen der genannten Aufenthaltstitel besitzen, der Nachzug der Eltern nach § 36 Abs. 1 AufenthG nicht möglich. Hier kommt nur ein Nachzug im Rahmen der Härtefallregelung nach § 36 Abs. 2 AufenthG infrage.
In der Praxis sind die Hürden für viele Personen schwer erfüllbar, da unter anderem auf den Nachweis von ausreichend Wohnraum und Lebensunterhaltssicherung nicht verzichtet wird.
Deutsche Staatsangehörige
Der Familiennachzug zu deutschen Staatsangehörigen ist in § 28 AufenthG geregelt. Deutsche Staatsangehörige haben einen Rechtsanspruch ihre:n Ehepartner:in oder ihr minderjähriges lediges Kind nachzuziehen. Darüber hinaus besteht ein Rechtsanspruch auch auf den Nachzug von ausländischen Elternteilen von deutschen minderjährigen Kindern. Beantragt wird ein Visum „zur Ausübung der Personensorge“ nach § 28 Abs. 3 AufenthG. Hier unterscheidet sich die Situation deutlich von der Situation ausländischer Kinder.
Für den Nachzug von Ehepartner:innen und minderjährigen Kindern muss keine Lebensunterhaltssicherung nachgewiesen werden.